Für ein deutsches Kinderzimmer gelten in der Regel zehn Quadratmeter als Mindestgröße. Eher 14 bis 18 aber sollten es sein, meinen Pädagogen und Kinderpsychologen, damit Kinder spielen, in Ruhe lernen und sich zurückziehen können. In der ehemaligen DDR gab es die Vorschrift, dass Kinderzimmer bei Neubauten 8 m² pro Kind nicht unterschreiten durften. Unseren Kindern so viel Platz zum Leben und für ihre Entwicklung einzuräumen, ist für die meisten Eltern, Architekten und Bauherren selbstverständlich.
In den Unterkünften für Geflüchtete in Dorfen erleben wir eine andere Realität. Hier leben mehrköpfige Familien häufig in nur einem Raum, Zimmer an Zimmer mit andern Familien oder Gruppen von meist jungen Männern. Verschärft finden sich diese Zustände in der Unterkunft Lindum der Regierung Oberbayern. Hier sind manche Zimmer mit Betten so zugestellt, dass ein Durchkommen kaum möglich ist. Persönliche Möbel sind nicht erlaubt und hätten wohl auch keinen Platz. Mahlzeiten werden oft im Bett eingenommen. Keine Spur von „in Ruhe lernen oder spielen“, keine Spur von Rückzugsmöglichkeiten und Privatheit.
Mit über 75 Personen, davon 26 Kinder und 4 Jugendliche, ist die Unterkunft längst überbelegt. Trotzdem wird offenbar aufgrund einer ministeriellen Weisung unter dem bürokratischen Begriff „Wohnraumverdichtung“ neu strukturiert, um die Unterkunft bis zum Rand auszulasten. Mit einer Auslastung mit über 90 Personen ist demnächst zu rechnen. Wie der Flüchtlingshilfe Dorfen mitgeteilt wurde, werden nur 5 Quadratmeter pro erwachsene Person geduldet. Für Kinder gibt es keine Vorgaben. So musste letzte Woche ein Ehepaar mit zwei Kindern ihr relativ großzügiges Zimmer verlassen und in einen Raum mit knapp 16 Quadratmeter umziehen.
Mit diesen Zuständen leben inzwischen manche Familien seit Jahren, da sie entweder nicht ausziehen dürfen oder, falls sie anerkannt sind, auf dem Dorfener Wohnungsmarkt nahezu chancenlos sind. Gespart wird übrigens nicht nur an Raum, sondern auch an der Hygiene. Drei von sechs Waschmaschinen wurden in Lindum aus nicht näher erläuterten Gründen abgeschafft. Die verbliebenen Waschmaschinen sind laut Hersteller für Singles und Kleinfamilien geeignet. Eine Waschmaschine mit 5 Liter Volumen für 30 Personen ist bei den vielen Kleinkindern ein Desaster! Private Waschmaschinen werden nicht geduldet.
Was in den Köpfen der Verantwortlichen in der Regierung und im Ministerium vorgeht, wissen wir nicht. Wir sehen aber die Zustände und weisen auf die Folgen hin, wenn Kinder so aufwachsen. Am Geld dürfte es hierzulande nicht liegen, um den Familien und ihren Kindern bessere Lebensbedingungen und Chancen zuzugestehen. Aber offensichtlich fehlt es am Willen und an der Menschlichkeit.
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