Ein Statement für Mut und Lebensfreude

Die hölzerne Turmspringerin blickt inzwischen von einem Hausdach direkt auf den Ostbahnhof. Ihr Schöpfer Jörg Herz möchte die Passanten zum Lächeln bringen. (Foto: privat)
Die hölzerne Turmspringerin blickt inzwischen von einem Hausdach direkt auf den Ostbahnhof. Ihr Schöpfer Jörg Herz möchte die Passanten zum Lächeln bringen. (Foto: privat)
Die hölzerne Turmspringerin blickt inzwischen von einem Hausdach direkt auf den Ostbahnhof. Ihr Schöpfer Jörg Herz möchte die Passanten zum Lächeln bringen. (Foto: privat)
Die hölzerne Turmspringerin blickt inzwischen von einem Hausdach direkt auf den Ostbahnhof. Ihr Schöpfer Jörg Herz möchte die Passanten zum Lächeln bringen. (Foto: privat)
Die hölzerne Turmspringerin blickt inzwischen von einem Hausdach direkt auf den Ostbahnhof. Ihr Schöpfer Jörg Herz möchte die Passanten zum Lächeln bringen. (Foto: privat)

Wer am Münchner Ostbahnhof auf S-Bahn oder Zug wartet und plötzlich auf einem nahe gelegenen Hausdach eine Frau erblickt, die über die Brüstung zu springen scheint, muss keinen Schrecken bekommen: Hierbei handelt es sich um eine Holzskulptur, die der Münchner Künstler Jörg Herz angefertigt hat. Die Turmspringerin wird am Donnerstag, 22. August, um 19.30 Uhr mit einer Vernissage in der Friedenstraße 25 eingeweiht.

Sie ist etwa 1,60 Meter groß, trägt einen braunen Pferdeschwanz und einen roten Badeanzug ‒ und ist mit einer Kettensäge zum Leben erweckt worden. Ihr Schöpfer, der Grafikdesigner, Maler und Bildhauer Jörg Herz, betreibt ein Atelier in der Friedenstraße. Wenn er mit der Kettensäge an seinen Holzfiguren arbeitet, macht er dies im Hof, der direkt an die Gleisanlagen des Ostbahnhofs angrenzt. Immer wieder fiel sein Blick dabei auf das karge Dach des Hauses. Dort, in zehn Metern Höhe, soll jetzt die Turmspringerin auf ihrem Sprungbrett Platz nehmen.
"Ich mache vor allem freundliche Kunstwerke, die zum Schmunzeln anregen", erklärt Jörg Herz. Die Turmspringerin soll ein Blickfang sein, zum Beispiel für die Fahrgäste, die am Ostbahnhof auf S-Bahn oder Zug warten. "Sie soll den Leuten, die morgens auf dem Weg zur Arbeit sind, ein wenig Freunde bringen", sagt Herz. Vor etwa einem Jahr hat er begonnen, seine Idee in die Tat umzusetzen. Zunächst galt es, einige Hürden zu nehmen: Der Vermieter musste zustimmen, eine Architektin beim Bauantrag beraten, ein Statiker die Lasten berechnen. Auch die Befestigung, die Haftpflichtversicherung und die Belechtung des Kunstwerks kosten Geld: Daher hat Jörg Herz unter der Adresse www.startnext.com/turmspringerin eine Crowdfunding-Aktion gestartet. Die Einnahmen fließen zu 100 Prozent in das Projekt. Wer mitmacht, unterstützt eine außergewöhnliche Kunstaktion - und erhält ein kleines Dankeschön wie eine Kaffeetasse oder eine kleine Skulptur der Turmspringerin aus Keramik.
Die Figur soll indes nicht nur für ein Lächeln sorgen, sondern ist auch als subtile Gesellschaftskritik zu verstehen. Zum einen hat die hölzerne Athletin nicht die idealisierten Maße eines Models, sondern die Proportionen einer normalen Frau. Zum anderen habe er bewusst eine weibliche Figur geschaffen, erläutert Herz: "Von Männern wird Mut erwartet. Doch auch eine Frau kann sich etwas trauen." Die Turmspringerin sei ein Statement für Mut und Lebensfreude, Freiheit und Selbstbestimmung.

Im Dezember 2018 begann Jörg Herz mit der Arbeit an seinem Werk. Monatelang feilte er an der Holzfigur, nicht durchgehend, aber immer wieder. "Man muss den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören erwischen", erklärt der Künstler, der als freiberuflicher Grafiker sein Geld verdient. An der Turmspringerin hat er ausschließlich mit der Kettensäge gearbeitet. "Die ist gefährlich und laut, sodass ich immer voll bei der Sache bin", erzählt er.
Nachdem alle offiziellen Hürden genommen sind, darf die Dame aus Holz nun ihren Platz auf dem Dach einnehmen - und für die nächsten zwei bis drei Jahre den Passanten ein Schmunzeln entlocken oder wahlweise einen Schrecken einjagen. Früher oder später werde das Haus am Rande des Werksviertels wohl abgerissen, glaubt Herz. Hoffentlich schafft die Turmspringerin vorher den Absprung. Benjamin Schuldt

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