Vor 40 Jahren wurde die Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung (MGS) gegründet, inzwischen kann sie mit Stolz auf einige Projekte im Osten der Landeshauptstadt zurückblicken. Das wohl spannendste ist derzeit im Entstehen: Im Werksviertel am Ostbahnhof werden alte Industriegebäude in ein neues Konzept integriert.
Von der im April 2008 abgeschlossenen Sanierung Haidhausens bis zu den Städtebauförderungsprogrammen der "Sozialen Stadt" in Giesing, Ramersdorf und Berg am Laim ist die Liste der Projekte der MGS lang. 1979 hatte der Stadtrat die Gründung der MGS beschlossen. Sie ist ein Tochterunternehmen der GWG München, die sich zu 100 Prozent im Besitz der Landeshauptstadt befindet.
Zum runden Geburtstag hatte die MGS zu einer Führung durchs Werksviertel eingeladen ‒ das wohl innovativste Bauprojekt der Stadt, bei dem aus einem ehemaligen Industriegelände und späterem Party-Areal ein komplett neuer Stadtteil mit Wohnungen, Büros, Geschäften und Kulturangebot entsteht. Die MGS sitzt passenderweise in der Haager Straße, direkt am Rande des Werksviertels.
Das Gelände am Ostbahnhof, das zum Stadtbezirk Berg am Laim gehört und an Ramersdorf angrenzt, hat in den vergangenen Jahrzehnten eine abwechslungsreiche Geschichte vorzuweisen. Ab den 1950er Jahren war dort die Firma Pfanni angesiedelt, bekannt für Knödel und Kartoffelbrei. Als das Unternehmen 1996 die Industrieanlagen aufgab, entstand hier der Kunstpark Ost, später Kultfabrik, mit allerlei Ausgehmöglichkeiten für Münchner Nachtschwärmer. Aktuell soll im Werksviertel die Vision einer modernen, lebenswerten Stadt realisiert werden ‒ einer Stadt, die allen Bürgern offensteht und die jedem etwas zu bieten hat. Dabei versteht sich das Werksviertel als ein Begegnungsort unterschiedlichster Gesellschaftsschichten. Wohnungen, Loft-Büros, Kunst- und Konzerträume, Clubs, Werkstätten, Bars, Restaurants, Shops sowie Hotels und Freizeitstätten werden sich zu einem Gesamtbild fügen.
Da passt es gut, das im Werksviertel Mitte das neue Münchner Konzerthaus mit einem großen Saal für 1800 Personen, einem kleinen Saal und einer Werkstattbühne errichtet wird. Noch ist das Konzerthaus allerdings ein Entwurf, fertig dürfte es nicht vor 2025 werden. An der vorgesehenen Stelle in der Atelierstraße ist seit April 2019 das größte transportable Riesenrad der Welt aufgebaut.
Gleich nebenan entsteht auf einem alten Kartoffelsilo eines der spektakulärsten Gebäude der Stadt: das WERK4. Hier wird das bestehende Silo der Pfanni-Werke nicht nur in den Neubau integriert, sondern zusätzlich aufgestockt und auf eine Höhe von 86 Metern wachsen. Während in den oberen Etagen ein hochwertiges Hotel mit 234 Studios und Apartments gebaut wird, zieht in den unteren Geschossen ein preisgünstiges Hostel ein. Das Kartoffelsilo wird weiterhin als Kletterhalle genutzt, jedoch zusätzlich um einen großen Kletterbereich, eine große Boulderhalle und um einen sichtbaren Außenbereich erweitert.
Auch die benachbarten Häuser ‒ das WERK3, auf dessen Dach Hasen, Hühner und eine kleine Herde Schwarznasenschafe leben, und das kürzlich eröffnete WERK12 mit seinen Glasfassaden, Kaskadentreppen und umlaufenden Balkonen ‒ sind alles andere als gewöhnlich. Last, but not least, sind im Werksviertel ein 1,3 Hektar großer Park, Wohnungen für rund 3000 Menschen, eine vierzügige Grundschule mit integrierter Sporthalle sowie drei Kitas geplant. bs