Veröffentlicht am 25.03.2020 00:00

Zamdorf · Petition gegen Straßennamen mit Bezug zur Kolonialgeschichte


Von red

Wer in Zamdorf oder der Nachbarschaft wohnt, dem mögen die Dominikstraße und die Wißmannstraße ein Begriff sein, zwei unscheinbare Straßen südlich des Zamilaparks. Dies sind nur zwei Beispiele für Münchner Straßennamen mit Bezug auf die Geschichte der deutschen Kolonien - in der heutigen Zeit nicht mehr tragbar, findet Hamado Dipama, Mitglied des Migrationsbeirats der Stadt München. Er hat daher eine Petition gestartet, um solche Straßen umzubennenen.

Die deutsche Vergangenheit als Kolonialmacht vor allem in Afrika ist zwar vergleichsweise kurz, aber - wie es Kolonialgeschichte eben so an sich hat - nicht eben rühmlich. Umso erstaunlicher, dass noch heute einige Münchner Straßen an diese blutige und menschenverachtende Episode erinnern. Nicht immer sind die Namen so offensichtlich wie bei der Kameruner Straße oder der Togostraße, zu finden in Trudering.

So macht etwa die Dominikstraße in Zamdorf zunächst einen harmlosen Eindruck - zumindest, wenn man nicht weiß, dass der Namensgeber, Premierleutnant Hans Dominik, verantwortlich für umfangreiche Überfälle und Massaker an der Bevölkerung in Kamerun gewesen ist. 1892 bis 1910 war er Leiter von „Säuberungs- und Strafaktionen“ mit der Hauptaufgabe, die Expeditionen durch Kamerun zu schützen und gegen die Einheimischen vorzugehen sowie Kriegszüge gegen Städte und Völker durchzuführen. Die parallel verlaufende Wißmannstraße gedenkt Hermann von Wißmann, Ende des 19. Jahrhunderts Befehlshaber der deutschen „Schutztruppe” sowie einer Söldnerarmee in Deutsch-Ostafrika, der einen antikolonialen Widerstand blutig niederschlagen ließ.

Im Juni 2015 hatte die SPD im Stadtrat beantragt, ein Gutachten in Auftrag zu geben, das sich mit problematischen Straßenbenennungen im Hinblick auf die Zeit des Nationalsozialismus befasst. 6177 Münchner Straßennamen seien daraufhin von Wissenschaftlern untersucht worden, führt Hamado Dipama, der aus dem westafrikanischen Burkina Faso stammt und seit fast 20 Jahren in München lebt, aus. Rund 330 Straßen waren demnach nach Personen, Orten oder Ereignissen benannt, die einer Klärung bedürfen, bei rund 40 Straßennamen sah das Stadtarchiv erhöhten Diskussionsbedarf.

Unter den 330 aufgeführten Straßen sei aber keine einzige mit Bezug auf die Kolonialgeschichte gewesen, sagt Dipama, nicht die Wißmannstraße, nicht die Dominikstraße, auch nicht die nahe Bennigsenstraße, deren Namenspate Rudolf von Bennigsen Finanzdirektor in Deutsch-Ostafrika war.

Immerhin weisen an manchen Straßenschildern inzwischen kleine Zusatzschilder unter dem Titel „Kolonialgeschichte offenlegen” auf die problematische Historie hin. Hamado Dipama reicht dies aber nicht. „Mit oder ohne Erläuterungstafeln verdient kein Massenmörder einen Straßennamen”, findet er: „Die Würde der Menschen ist unantastbar und Menschen afrikanischer Herkunft gehören auch dazu!” Konsequent fordert er in seiner Petition (zu finden unter chng.it/rRVLVzXRbV ) nicht nur nationalsozialistische, sondern auch koloniale Straßennamen umzubennenen.

In Zamdorf gibt es derweil bereits ein positives Beispiel für einen Namenswechsel wegen des Bezugs zur Kolonialgeschichte: So wurde im Juni 2000 auf Antrag des Bezirksausschusses Bogenhausen die Karl-Peters-Straße in Ida-Pfeiffer-Straße umbenannt. Statt den blutbehafteten Begründer der Kolonie Deutsch-Ostafrika zu würdigen, gilt die Ehre des Straßennamens seither einer Weltreisenden und Reiseschriftstellerin des 19. Jahrhunderts.

Benjamin Schuldt

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