Veröffentlicht am 06.11.2020 06:11

"Die alte Normalität überprüfen"

Pfarrer Götz äußert sich zu Glauben in Zeiten der Pandemie: "Nichts hat die Botschaften seit 2000 Jahren verändert." (Foto: Florian Detzel)
Pfarrer Götz äußert sich zu Glauben in Zeiten der Pandemie: "Nichts hat die Botschaften seit 2000 Jahren verändert." (Foto: Florian Detzel)
Pfarrer Götz äußert sich zu Glauben in Zeiten der Pandemie: "Nichts hat die Botschaften seit 2000 Jahren verändert." (Foto: Florian Detzel)
Pfarrer Götz äußert sich zu Glauben in Zeiten der Pandemie: "Nichts hat die Botschaften seit 2000 Jahren verändert." (Foto: Florian Detzel)
Pfarrer Götz äußert sich zu Glauben in Zeiten der Pandemie: "Nichts hat die Botschaften seit 2000 Jahren verändert." (Foto: Florian Detzel)

Pfarrer Bernhard Götz von der Evang.-Luth. Kirchengemeinde München (Heilig-Geist Olympiakirche in der Straßbergerstraße 3 äußert sich zur Corona-Pandemie:

"Jetzt geht es noch mal mit diesen Ausgangsbeschränkungen weiter. Und viele spüren, dass es langsam richtig anstrengend wird. Den ganzen Tag die Kinder um sich oder den Mann, die Frau. Immerzu Alltag und doch kein Alltag. Am Sonntag wäre über diesen Satz gepredigt worden: Die auf den Herren harren, bekommen neue Kraft. Klingt schwer nach Durchhalteparole. Und wie es dann weitergeht, weiß niemand. Wir fahren auf Sicht, heißt es. Neues, das das Alte aus den Angeln hebt, verunsichert. Botschaften, die verunsichern, rufen Widerspruch hervor. Man nimmt sie nicht ernst, zieht ihre Glaubwürdigkeit in Zweifel. Man glaubt’s nicht und verteufelt erst mal den Überbringer der Nachricht. Erst viel später setzt dann die 'Es-könnte-was-dran-sein-Phase' ein. In einer dritten Phase beginnen wir Veränderungen in unserem Leben zuzulassen. Auch wenn ich mir im Augenblick nicht so ganz sicher bin, in welcher Phase wir uns befinden. Und manchmal habe ich das Gefühl, als ginge es bunt hin und her. Neues, das das Alte aus den Angeln hebt, verunsichert. Und auch dafür ist schon ein Wort geprägt: Die neue Normalität.
Nun ist Ostern vorbei. Da wurde gesagt, auf die Straßen geschrieben: 'Christus ist auferstanden.' Aber mal im Ernst, unsere Ostererfahrung ist doch eher, dass alles beim Alten bleibt. Nichts hat diese Botschaft seit 2000 Jahren verändert. Die Gewalt ist geblieben. Überall auf der Welt. Selbst jetzt, trotz oder mit Corona werden in Syrien täglich Menschen verletzt und getötet. All die Ungerechtigkeiten, die kleinen und großen Unmenschlichkeiten, mit denen wir Menschen uns gegenseitig das Leben schwer machen, sind geblieben. Haben wir nicht richtig hingehört: Er ist auferstanden. Waren es einfach zu wenige, die das der Welt dann auch nicht ausgerichtet haben?
Ich denke an diesen Thomas, der da in einem galiläischen Hinterzimmer steht und nichts von dem glauben kann, was ihm da berichtet wird. Wer nicht hören will, muss fühlen. Thomas darf die Finger in die Wunden legen, den Auferstandenen mit dem Gekreuzigten identifizieren. Erzählt die Bibel. Das zeigt mir diesen entgegenkommenden Gott. Gott sei Dank.

Kein einfaches Fest: Ostern, vor allem danach. Denn wie soll man sich das vorstellen, die Auferstehung? Von den Toten ist noch keiner zurückgekommen. Und doch, je nach Umfrage sind es in Deutschland viele Menschen, die an die Auferstehung glauben. Was da an Ostern passiert ist, lässt die Menschen nicht los. Auch wenn es unglaublich klingt. Wer in der Bibel nachblättert, macht eine interessante Feststellung: Da ist an keiner Stelle erzählt, wie die Auferstehung geschehen ist. Es wird nur erzählt, was die Menschen erleben, die dem Auferstandenen begegnen. Mir dämmert, bei der Auferstehung geht es nicht nur um ein Leben nach dem Tod. Vielmehr geht es darum, wie wir neu ins Leben finden. Das erzählen alle Ostergeschichten.
Vielleicht ist genau diese Erfahrung der Grund, warum Menschen an so etwas Unglaubliches wie die Auferstehung glauben. Weil sie erfahren haben, dass es die Auferstehung auch mitten im Leben gibt. Und wer genau hinschaut, der findet in seinem eigenen Leben viele solcher kleinen und großen Erfahrungen von Auferstehung. Klar, der Zweifel bleibt. Das ist auch ok. Denn es zeigt, dass Gott uns entgegenkommt. Vielleicht stehen wir damit die kommende Zeit durch. Damit wir die alte Normalität an einigen Stellen überprüfen, möglicherweise auch korrigieren. Aber die neue Normalität der Freiheitsbeschränkung nie zur Normalität werden lassen."

Weitere Informationen unter www.muenchen-heilig-geist.de

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