Am 30. April 2015, genau 70 Jahre nach der Beendigung des nationalsozialistischen Terrorregimes durch den Einmarsch der US-Armee, wurde das NS-Dokumentationszentrum München eröffnet. Der von Bund, Freistaat und Stadt München finanzierte Neubau entstand auf dem Gelände des ehemaligen „Braunen Hauses“, der Parteizentrale der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP). Das Haus hat sich seit seiner Eröffnung zu einem international renommierten Erinnerungsort entwickelt. Bereits zirka 750.000 Menschen haben die umfassende Präsentation zur NS-Vergangenheit der Stadt München sowie die Wechselausstellungen besichtigt und an zahlreichen Veranstaltungen und Bildungsangeboten teilgenommen. Schon im Vorfeld der Eröffnung des NS-Dokumentationszentrums hatte es immer wieder Stimmen gegeben, die wegen der gesellschaftspolitisch herausgehobenen Bedeutung des Hauses einen freien Eintritt forderten. Nach einer Erprobungsphase hat der Stadtrat dies nun zum fünfjährigen Bestehen beschlossen. Die Regelung gilt nach der coronabedingten Schließungsphase.
Oberbürgermeister Dieter Reiter: „Hate Speech, antisemitische Übergriffe, rechtsnationale Strömungen und diktatorische Entwicklungen sind in Europa und der Welt leider wieder auf dem Vormarsch. Dabei schien das ‚Nie wieder‘ eine gemeinsame Haltung nach dem Zweiten Weltkrieg geworden zu sein. In den letzten Jahrzehnten hat sich in München eine lebendige Erinnerungskultur entwickelt, an der weite Teile der Bevölkerung aktiv teilnehmen. Dem NS-Dokumentationszentrum kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Damit stärken wir unsere Demokratie gegen rechtspopulistische und nationalistische Angriffe. Gerade jetzt in Krisenzeiten müssen wir unsere humanistischen Grundwerte nach vorne stellen und solidarisch sein.“ Kulturreferent Anton Biebl: „Mit dem NS-Dokumentationszentrum München ist ein zentraler Ort des Erinnerns entstanden, der sich mit einem vielfältigen und innovativen Angebot der gegenwarts- und zukunftsbezogenen Geschichtsarbeit widmet. Der Bildungsort für Demokratie beschäftigt sich mit Ausgrenzung, Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit, die zur nationalsozialistischen Diktatur, Vernichtung, Krieg und Tod geführt haben. Was geht uns das heute an? Wir sind aufgerufen, uns in der eigenen Lebenswelt, im Internet, auf der Straße für unsere demokratischen Werte einzusetzen. Denn sie sind nicht selbstverständlich, sondern müssen immer wieder aufs Neue bestärkt werden.“
Dr. Mirjam Zadoff, Direktorin des NS-Dokumentationszentrums München: „Dass die Stadt München gemeinsam mit dem Freistaat Bayern und der Bundesregierung ein NS-Dokumentationszentrum errichtet hat, war auch auf eine starke bürgerschaftliche Initiative zurückzuführen. Das zeigt, dass bereits die Gründung des Hauses eine wichtige gesellschaftliche Bedeutung hatte.“ Die Historikerin hat im Mai 2018 die Leitung des Hauses drei Jahre nach dessen Eröffnung von Gründungsdirektor Professor Dr.-Ing. Winfried Nerdinger übernommen. Der Architekturhistoriker war gemeinsam mit einer Historikerkommission damit beauftragt worden, ein Ausstellungs- und Vermittlungskonzept zu entwickeln, nachdem die erste Gründungsdirektorin, die Historikerin PD Dr. Irmtrud Wojak, das Projekt 2011 verlassen hatte. Unter der Direktorin Mirjam Zadoff hat sich das Haus international und inhaltlich geöffnet und setzt auf gegenwartsbezogene Themen, digitale Angebote und innovative Formate für ein diverses Publikum.
Die kontinuierlich wachsenden Besucherzahlen sind eine erfreuliche Bestätigung des eingeschlagenen Weges. Die aktuelle Ausstellung „Tell me about yesterday tomorrow“ bietet eine Plattform für künstlerische Auseinandersetzung mit Erinnerung, Krieg und Gewalt auf globaler Ebene. Das von der Kulturstiftung des Bundes geförderte Projekt wurde für den ART-Kuratorenpreis 2019 nominiert.
Das NS-Dokumentationszentrum befindet sich am Königsplatz. Seit Februar 2018 lautet seine Adresse Max-Mannheimer-Platz 1. Mit dieser Platzbenennung wird das große Engagement des Holocaust-Überlebenden gewürdigt, der sich seit den 1980er Jahren unermüdlich für die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus und die Errichtung eines NS-Dokumentationszentrum eingesetzt hatte.