Gerade hat das neue Kindergartenjahr begonnen. Zum ersten Mal seit vielen Jahren wird Karin Ossig keine Kinder mehr betreuen. Nach 20 Jahren als Leiterin hat sie heuer im Kinderpark der nachbarschaftshilfe (nbh) aufgehört. Ein Rückblick - auch auf das Kind- und Eltern-Sein.
nachbarschaftshilfe: Frau Ossig, ist Ihnen der Abschied schwergefallen?
Ossig: 20 Jahre Tätigkeit im Kinderpark ist eine gute Strecke um aufzuhören. Ich hatte viele schöne Erlebnisse, habe viele nette Familien kennengelernt. Jetzt ist Zeit für frischen Wind, für eine neue Leitung mit neuen Ideen.
Sie waren von Anfang an dabei?
Ossig: Ich habe den Kinderpark im Jahr 2000 quasi ins Leben gerufen. Seinerzeit war ich im Vorstand der nbh und als Lehrerin pädagogische Fachkraft. Weil es im Umkreis wenige Betreuungsplätze gab, wollten wir als nachbarschaftshilfe ein Angebot machen. Dann hieß es „Machen Sie mal!“ und ich habe gemacht – ein pädagogisches Konzept ausgearbeitet und Räumlichkeiten gesucht. Es hat geklappt mit viel Energie.
War der Kinderpark schon immer an der Fasanenstraße in Vaterstetten?
Ossig: Nein, da sind wir gerade erst eingezogen. Es begann in einer Kapelle in Neukeferloh. Sie existiert nicht mehr. Über das Grasbrunner Bürgerhaus kamen wir dann in das ehemalige Parsdorfer Rathaus direkt neben der Feuerwehr am Dorfplatz. Ein schöner Ort, wo wir uns lange sehr wohl gefühlt haben.
Die Orte haben gewechselt. Haben sich auch Kinder und Eltern in den 20 Jahren verändert?
Ossig: Nun ja. Der Kinderpark hat nicht von Anfang an nur ganz kleine Kinder, also 2- und 3-Jährige betreut. Wir haben unser Konzept früh umgestellt und uns auf diese Altersgruppe spezialisiert. Das hatte Konsequenzen. Die Kinder haben einen viel höheren Kuschelbedarf und brauchen intensivere Betreuung, vom Windelwechsel mal ganz abgesehen.
Was sind ihre Beobachtungen zu den Kindern? Heute alles wie vor 20 Jahren?
Ossig: Nicht ganz. Ich stelle fest, dass die Kinder, also die 2- und 3-Jährigen, die ich im Kinderpark kennenlernte, oft sehr stark auf die Eltern fixiert sind. Viele Kinder haben regelrecht Angst, sich von ihrer Mutter oder ihrem Vater zu trennen, als ob ihnen das Vertrauen in andere Erwachsene und in die Welt grundsätzlich fehlt. Das hat tatsächlich zugenommen. Da mussten wir ganz behutsam vorgehen. Es ist uns nahezu immer gelungen, das Vertrauen dieser Kinder zu gewinnen.
Tragen die Eltern zu diesen Trennungsängsten bei?
Ossig: Ich sage jetzt vielleicht etwas Provokantes: Ich denke, dass viele Kinder überbehütet sind. Von allen Seiten erhalten die Eltern Tipps, Ratgeber, Ratschläge – ein Überangebot an Information und es entsteht bei ihnen die Sorge, nicht alles richtig zu machen. Oft ist gerade die Mutter-Kind- Beziehung so eng, dass sich beide emotional kaum voneinander lösen können. Zuweilen waren die Eltern während der Eingewöhnung viele Wochen, manchmal monatelang im Kinderpark anwesend, bevor das Kind sich ganz auf die neue Situation einlassen konnte. Selbstverständlich haben wir das möglich gemacht, aber es war für die Familie ausgesprochen anstrengend.
Spielen die Väter eine andere Rolle als früher?
Ossig: Da sich die Eltern jetzt öfter die Erziehungszeit teilen, treffen wir auch Väter als Bezugspersonen im Kinderpark. Der Großteil scheint tatsächlich unbekümmerter im Umgang mit den Kindern als es die Mütter sind. Selbst wenn das Kind bei der Übergabe weint, vertrauen Väter darauf, dass die Erzieherinnen das mit ihrem Erfahrungsschatz schon hinbekommen. Und so ist es auch – alles etwas unkomplizierter.
Was ist ihr Tipp für Eltern?
Ossig: Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl! Trauen Sie Ihrem Kind mehr zu! Und vertrauen Sie dem Team im nbh-Kinderpark!