Am 13. März 1943 veranlasste die Münchner Polizei die Deportation von 141 Sinti und Roma aus München und Umgebung in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Unter ihnen waren auch Barbara, Joseph und Julius Winter, die in Obergiesing lebten. Zum Gedenken an die Familie steht jetzt ein neues Erinnerungszeichen in der Sintpertstraße 15.
Barbara Winter (* 1890 in Roßhaupten) und ihr Ehemann Joseph (* 1891 in Siebnach) hatten zwei Söhne: Julius wurde 1917 in Veitsbuch geboren, Joseph kam 1921 in Moosburg zur Welt. Er starb bereits 1935 im Alter von 14 Jahren. Die Familie wohnte lange in einer gut eingerichteten Wohnung in Augsburg und ging einem Wandergewerbe als Händler nach. Ab 1942 waren die Winters in München in der Perlacher Straße 123 gemeldet, wo sie ein Gartenhäuschen besaßen. Ab Ende 1938 wurden die Sinti und Roma entrechtet. Die Ausübung des Händlerberufs wurde so nach und nach unmöglich.
Am 8. März 1943 inhaftierte die Polizei Barbara, Joseph und Julius Winter und deportierte sie fünf Tage später nach Auschwitz-Birkenau. Barbara Winter wurde wenige Wochen nach der Ankunft ermordet, ihr Todesdatum ist unbekannt. Im Oktober 1943 wurde Joseph Winter von seinem 26-jährigen Sohn Julius getrennt. Dieser musste sich in der chirurgischen Abteilung des Lagers untersuchen und vermutlich operieren lassen. Er wurde wenig später ermordet, auch sein Todesdatum ist nicht bekannt. Möglicherweise wurde Julius Winter Opfer pseudomedizinischer Versuche.
Vater Joseph Winter wurde 1944 ins Konzentrationslager Buchenwald transportiert, wo er in den Außenlagern schwerste Zwangsarbeit leisten musste. Im Februar 1945 räumte die SS das Außenlager Harzungen, mit über 4.000 Häftlingen verschleppte sie Winter in das Konzentrationslager Bergen-Belsen. Britische Truppen befreiten das Lager am 15. April 1945. Nach wenigen Wochen in Freiheit starb Joseph Winter am 16. Juni 1945 im Lazarett von Bergen-Belsen an den Folgen der Haft.
Im Rahmen eines mehrtägigen Gedenkprogramms zum Jahrestag der Deportation der Münchner Sinti und Roma sind Mitte März Erinnerungszeichen am ehemaligen Wohnort der Familie Winter in der heutigen Sintpertstraße 15 gesetzt worden. Dabei nehmen auch Erich Schneeberger, der Vorsitzende des Verbands Deutscher Sinti und Roma – Landesverband Bayern und Initiator der Erinnerungszeichen, sowie Carmen Dullinger-Oßwald vom Bezirksausschuss Obergiesing-Fasangarten (BA 17) teil. Vor dem gleichen Haus steht bereits seit März 2021 eine Stele mit Erinnerungszeichen für die achtköpfige Familie Reinhardt.
Erinnerungszeichen werden seit 2018 an Orten angebracht, an denen Menschen lebten, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Die Erinnerungszeichen bestehen aus gebürstetem Edelstahl und sind vergoldet. Es gibt sie als Wandtafeln an der Fassade sowie als Stelen auf öffentlichem Grund. Sie enthalten die wichtigsten Lebensdaten, Angaben zum Schicksal und – falls vorhanden – ein Bild.