Für die Menschen in der Siedlung entlang der Karlingerstraße und Gubestraße stehen große Veränderungen bevor: Die Häuser im Bestand der GWG werden Schritt für Schritt abgerissen und neu gebaut. Auch die angrenzenden Siedlungen hin zum Wintrichring sind städtebauliches Sanierungsgebiet, in dem sich viel verändern wird. Wer hier wohnt und wohnen bleiben kann, muss die nächsten 20 Jahre mit wandernden Baustellen leben.
Mit dem Abriss der ersten Häuser in der Karlingerstraße wurde 2021 begonnen, seither prägt den Eingang zur Siedlung ein sehr langer Bauzaun. Im Nachbarschaftstreff in der Karlingerstraße gab es Beschwerden, dass der Bauzaun hässlich sei, den Gehweg verengen würde und überhaupt einen schlechten Eindruck vermittle. Das wollte man nicht hinnehmen – und gründete kurzer Hand mit Unterstützung des Teams zur Stadtteilsanierung und vom Kunstreff Moosach ein kreatives Projekt zum Mitmachen: die Galerie am Bauzaun.
„Das war toll, wie schnell wir das auf die Beine stellen konnten”, berichtet Johanna Donner, die Leiterin des Nachbarschaftstreffs: „Von der Idee zu dem Projekt bis zur ersten Ausstellung haben wir nicht mal einen Monat gebraucht.” Die erste Ausstellung war ein Adventskalender mit 24 großformatigen Bildern, die mit Acrylfarben auf Holz gemalt wurden. Gefertigt wurden die Bilder im Haus für Kinder in der Nanga-Parbat-Straße und in der Gubestraße unter Anleitung von zwei Moosacher Künstlerinnen, Manuela Clarin und Ingrid Müller. Bewohner wie Passanten bleiben nun gerne an der Galerie am Bauzaun stehen. Sie freuen sich über die Farben, hier und da kommt man miteinander ins Gespräch.
„Ich freue mich, dass es hier trotz Baulärm wieder etwas schöner wird und sich die Menschen trauen, ihre Umgebung mitzugestalten”, meint Johanna Donner. „Wenn wir den öden Bauzaun gestalten, sehen wir schließlich auch, dass jeder Abschied etwas Neues bringt.” Auf den Adventskalender folgte eine Neujahrsausstellung, an der sich acht kreative Köpfe, unterschiedlichen Alters und mit sehr unterschiedlichen Stilen, beteiligten. So etwa Anges W., die sonst einen Acrylkurs im ASZ besucht und eine Meereslandschaft gemalt hat: „Ich finde das sehr interessant hier einmal mit Acylfarben zu arbeiten und so ein großes Bild am Straßenrand wirkt ja auch ganz anders, wie ein kleines Aquarell im Studio, das ist wirklich mal was Neues.” Die neunjährige Milena hat eine Blume mit einem strahlend grünen Hintergrund auf ihre Holztafel gemalt. Sie wurde von einer benachbarten Künstlerin angeleitet und macht zum ersten Mal bei einer Ausstellung mit. Johann W. ist Mitglied im Moosacher Kunsttreff. Er hatte die Galerie zufällig auf dem Weg zum Einkaufen entdeckt: „Ich war so begeistert, ich habe direkt bei Frau Donner angerufen. Ein paar Stunden später hatte ich eine Holzplatte zu Hause und habe selber losgelegt. Ich hoffe, dass es weitergeht und ganz viele Leute mitmachen.”
Weitermachen will man auch im Nachbarschaftstreff: Die nächste Ausstellung wird dem Weltfrauentag am 8. März gewidmet – und es werden wieder kreative Menschen gesucht, die dafür ein Bild gestalten wollen. Wer interessiert ist, meldet sich bei Johanna Donner unter Tel. 0170/2164863 und bekommt dann im Nachbarschaftstreff eine Holzplatte gestellt. Die fertigen Bilder sollten bis Dienstag, 7. März, dort abgegeben werden.
Der Nachbarschaftstreff darf den Bauzaun entlang der Karlingerstraße und Baubergerstraße vorerst bis August nutzen. Wie es dann weitergeht, ist offen. Geplant ist noch eine Graffiti-Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Pelkovenschlössl und eine Ausstellung zum Thema Sommerferien, an der sich mehrere Kindereinrichtungen beteiligen wollen. Johanna Donner hofft, dass es mit der Galerie am Bauzaun auch nach den Sommerferien weitergeht und sucht nach Ehrenamtlichen, die das Projekt als Kuratoren begleiten wollen. „Langfristig will ich mich nur noch um die Orga und Öffentlichkeitsarbeit kümmern”, meint sie. „Wenn die Konzepte und die Gestaltung der Ausstellungen Ehrenamtliche machen, würde das Projekt sicherlich sehr gewinnen“.