Moosach entdecken


Von Benjamin Schuldt
In der Pelkovenstraße findet man viele denkmalgeschützte Häuser – vom Bauernhaus bis zur Villa. (Foto: bas)
In der Pelkovenstraße findet man viele denkmalgeschützte Häuser – vom Bauernhaus bis zur Villa. (Foto: bas)
In der Pelkovenstraße findet man viele denkmalgeschützte Häuser – vom Bauernhaus bis zur Villa. (Foto: bas)
In der Pelkovenstraße findet man viele denkmalgeschützte Häuser – vom Bauernhaus bis zur Villa. (Foto: bas)
In der Pelkovenstraße findet man viele denkmalgeschützte Häuser – vom Bauernhaus bis zur Villa. (Foto: bas)

Nicht jeden zieht es im Sommer in ferne Länder. Wenn dann noch das Wetter hierzulande nicht unbedingt zum Baden und Schwimmen verleitet – warum nicht einmal einen Spaziergang durch das eigene Stadtviertel unternehmen? Moosach ist vielfältig und bietet sowohl Kultur als auch ein Stück Natur.
Das Herzstück des bis 1913 politisch eigenständigen Ortes Moosach ist der alte Dorfkern um den Moosacher St.-Martins-Platz mit der alten Pfarrkirche St. Martin und dem sie umgebenden Friedhof, dem Pelkovenschlössl und dem Hacklhaus. Schon im Jahr 815 wurde ein hölzerner Kirchbau an dieser Stelle urkundlich erwähnt. Der heutige Bau ist im 12. und 13. Jahrhundert entstanden – damit gilt St. Martin als älteste bestehende Kirche Münchens. Nachdem die Kirche im Laufe der Jahrhunderte zu klein für das wachsende Dorf geworden war, bauten die Moosacher vor 100 Jahren etwa 200 Meter weiter südlich die neue Pfarrkirche St. Martin.
Das Pelkovenschlössl ist um 1690 von den ersten Moosacher Hofmarkherren Maximilian und Veit Adam von Pelkoven als Hofmarkschloss erbaut worden. Später diente es vorübergehend als Wirtshaus, Schule, Kindergarten sowie als Wohnhaus. Heute ist das Gebäude im Besitz der Stadt München und das Kulturzentrum für alle Moosacherinnen und Moosacher. Nach dem bayerischen Adelgeschlecht derer von Pelkoven ist auch die Pelkovenstraße benannt, in der sich zahlreiche denkmalgeschützte Häuser aneinander reihen. Bei Nummer 60 findet man das ehemalige Pfarrhaus, in dem im Sommer 1951 kurzzeitig ein gewisser Joseph Ratzinger wohnte. Der spätere Papst Benedikt XVI. wirkte damals als junger Kaplan aushilfsweise in der Pfarrei St. Martin. Viele weitere Bauten in der Pelkovenstraße, vom Bauernhaus bis zur Villa, versetzen den Spaziergänger ein Stück zurück ins alte Moosach.

Stadt in der Stadt: die Borstei

Aber Moosach ist weit mehr als das ehemalige Dorf: Zum Stadtbezirk 10 gehören neben jüngeren Wohnsiedlungen wie der Olympia-Pressestadt auch die Ortsteile Hartmannshofen und Nederling sowie die Borstei. Das denkmalgeschützte Wohnviertel zwischen Dachauer Straße und Landshuter Allee mit Innenhöfen, Ladenstraße, Grünflächen und Kunstwerken gilt in München als einzigartig – und stellt eine Art „Kleinstadt in der Stadt” dar. 77 Häuser mit 772 Wohnungen hat die in sich geschlossene Borstei, um die 2.000 Menschen leben hier nach Angaben der Stadt München. Die aneinandergereihten, meist ockergelben Mehrfamilienhäuser mit ihren weißen Fensterläden und teils begrünten Fassaden sind markant, ebenso die grünen Innenhöfe und schmalen Straßen. Auffallend ist zudem der künstlerische Anspruch – auf Schritt und Tritt begegnen dem Spaziergänger hier Statuen, Skulpturen und kunstvoll gestaltete Brunnen.

Von 1924 bis 1929 ließ der Bauunternehmer und Architekt Bernhard Borst in Zusammenarbeit mit dem Architekten Oswald Bieber die charakteristischen Wohnhäuser errichten, hinzu kamen Läden, ein Postamt, Kindergärten, eine Wäscherei und ein zentrales Heizkraftwerk. Die Ausstattung mit Zentralheizung, fließendem heißen Wasser, Gasherden, Telefon sowie Garagen entsprach einem zur damaligen Zeit hohen Komfort. Die Mieter der Borstei stammten dementsprechend von Beginn an aus der bürgerlichen Mittelschicht. Neben Beamten und Geschäftsleuten waren auch Künstler darunter. Dass die Borstei ihren Erbauer im Namen trägt, geht auf ein Ende 1928 durchgeführtes Preisausschreiben zurück. Die meisten Stimmen erhielt zwar „Idealheim” – eine Jury, der auch Bernhard Borst selbst angehörte, entschied sich dennoch für den prägnanten, an die Augsburger Fuggerei angelehnten Namen.
Von der Borstei aus bietet sich ein Abstecher auf die andere Seite der Dachauer Straße an, zum Westfriedhof, auf dem neben Bernhard Borst zum Beispiel die persische Kaiserin Soraya oder der Münchner Malerfürst Franz von Lenbach ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Knapp nicht mehr auf Moosacher Gebiet, aber gleich um die Ecke liegt das inzwischen unter Denkmalschutz stehende Dantestadion, das Sport- und Architekturliebhaber gleichermaßen begeistert. Früher war hier einmal der Fußball zuhause, mit dem FC Wacker, den Frauen des FC Bayern oder Türk Gücü München, heute spielen dort die American-Football-Teams Munich Cowboys und München Rangers. In der Regel steht das Dantestadion tagsüber auch außerhalb von Spielen offen. Es lohnt sich, einmal einen Blick hineinzuwerfen – schon allein wegen der einzigartigen trapezförmigen Tribüne.

Ein Stück Natur: der Reigersbach

Wer nach soviel Kultur ein Stück pure Natur braucht, kann diese auch in Moosach entdecken: Westlich der berühmt-berüchtigten Bahnunterführung zweigt die Moosburger Straße von der Dachauer Straße ab. Wer ihr bis zum Ende folgt und dann nach links in die Abensbergstraße abbiegt, erreicht nach rund 800 Metern ein Fleckerl relativ unberührter Natur – und das in unmittelbarer Nähe zu zwei stark befahrenen Verkehrswegen, der Dachauer Straße und der Max-Born-Straße. Letztere verläuft oberhalb des mit Gras bewachsenen Hangs. Tatsächlich finden sich hier – abgesehen vom Hartmannshofer Bach, der entlang der Grenze zu Untermenzing verläuft – Moosachs einzige nennenswerte natürliche Gewässer. Vorbei an einigen Tümpeln des künstlich angelegten Biotops fließt der Dorfbach – oder besser gesagt: dessen „bescheidener Rest”, wie es der Heimatforscher Volker D. Laturell in seinem Stadtteilbuch über Moosach auf den Punkt bringt. Hinter dem Parkplatz eines Supermarkts mündet der Dorfbach in den Reigersbach. Dieser entspringt ein Stück weiter südlich, unterhalb der Max-Born-Straße verschwindet er unter der Erde. Nördlich des Rangierbahnhofs taucht das Bächlein dann wieder auf, fließt unter dem Namen Feldmochinger Mühlbach an der Fasanerie und dem Feldmochinger See vorbei und mündet schließlich zwischen Regattaanlage und Autobahndreieck in den Würmkanal.
Während den Eiszeiten entstanden, bildete der Feldmochinger Mühlbach von Natur aus den Oberlauf der Moosach, einem heute 34 Kilometer langen Nebenfluss der Isar, der Unterschleißheim, Freising und Marzling durchquert. Die Moosach – eine „Ach” (kleiner Fluss), die durch ein Moos fließt – hat dem heutigen Münchner Stadtteil seinen Namen gegeben. Schließlich befand sich hier früher tatsächlich die Quelle des Flusses. Doch als die Kanäle angelegt wurden, um die Schlösser in Schleißheim mit Wasser zu versorgen, griff der Mensch entscheidend in das Gewässersystem im Münchner Norden ein. Die Moosach wird seither erst beim Schleißheimer Schlosspark unter dem Namen Berglbach aus dem Kanalsystem ausgeleitet, erst ab Unterschleißheim trägt sie ihren prominenten Namen.

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