Als Fußballstar, Weltmeistertrainer, Funktionär und Werbeträger war und ist Franz Beckenbauer in aller Welt bekannt. Die Wurzeln des „Kaisers”, der am 7. Januar 2024 im Alter von 78 Jahren verstorben ist, liegen in Obergiesing: Hier wuchs Beckenbauer auf, hier lernte er das Fußballspielen.
Geboren wurde Franz Beckenbauer am 11. September 1945 in München, als zweiter Sohn des Postbeamten Franz Beckenbauer und seiner Frau Antonie. Die Familie wohnte am St.-Bonifatius-Platz (heute Zugspitzstraße), östlich der Tegernseer Landstraße, einen Steinwurf vom Ostfriedhof entfernt. Als Kind spielte Franz zunächst mit seinen Freunden Fußball auf der Straße, meistens barfuß, mit einem Ball aus Papier, Gummi und Stoff. Schließlich trat Beckenbauer dem SC 1906 München bei, dessen Anlage direkt gegenüber seinem Elternhaus lag. Damals befand sich dort der „06-er Platz” mit roter Asche. Heute spielen hier der Bezirksligist SpVgg 1906 Haidhausen (der Nachfolger des SC 1906) sowie Frauen und Amateure des TSV 1860 München auf Kunstrasen. 2018 schaute Beckenbauer für einen TV-Dreh zuletzt bei seinem Jugendverein an der St.-Martin-Straße vorbei. Engeren Kontakt zu den „06ern” pflegte er nicht mehr.
Franz Beckenbauer stammte aus einer Fußballerfamilie. Sein Onkel Alfons Beckenbauer war in den 1920 und 1930er Jahren für die Sportfreunde Giesing und den FC Bayern München aufgelaufen. Franz' vier Jahre älterer Bruder Walter gehörte zeitweise der Schülermannschaft des FC Bayern an. Dass Franz später mit eben jenem FC Bayern große Erfolge auf nationaler wie internationaler Ebene feiern sollte, war zu Beginn seiner Fußballkarriere nicht absehbar. Aufgewachsen in einer „blauen” Gegend, wollte der talentierte Beckenbauer, der beim SC 1906 früh herausragte, im Alter von zwölf Jahren zum TSV 1860 wechseln - damals der größte und erfolgreichste Münchner Verein.
Eine Watschn sollte den Lauf der Geschichte jedoch verändern. Im April 1958 traf die Schülermannschaft des SC 1906 München bei einem Turnier in Neubiberg auf die Junioren des TSV 1860. Außenstürmer Beckenbauer, ein erklärter Löwen-Fan, wurde in einer Szene von seinem Gegenspieler Gerhard König gefoult, bedachte diesen daraufhin mit derben Schimpfwörtern - und kassierte im Gegenzug eine Ohrfeige von König. Als Folge dieses Disputs soll der wütende Beckenbauer seinen geplanten Wechsel zu Sechzig abgesagt haben. Er ging lieber zum kleineren Lokalrivalen, dem FC Bayern.
Der Rest ist Geschichte: Franz Beckenbauer schaffte es an der Säbener Straße vom Jugendspieler zum Profi und debütierte 1965 in der deutschen Nationalmannschaft, die er 1974 als Kapitän im Münchner OIympiastadion zum Weltmeistertitel führte. Mit dem FC Bayern gewann „Kaiser Franz” vier deutsche Meisterschaften, vier DFB-Pokale, vier Europapokale und einen Weltpokal. Als Profi spielte er zudem für New York Cosmos und den Hamburger SV, mit dem er ebenfalls deutscher Meister wurde. 2000 wurde der Münchner zu Deutschlands „Fußballer des Jahrhunderts” gewählt.
Als Trainer holte Beckenbauer mit der deutschen Auswahl 1990 einen weiteren Weltmeistertitel, mit dem FC Bayern 1994 eine weitere deutsche Meisterschaft. Längst als „Lichtgestalt” in die deutsche Fußballhistorie eingegangen, war er als Funktionär maßgeblich daran beteiligt, dass die WM 2006 in der Bundesrepublik stattfand. Dass das „Sommermärchen” später wegen Korruptionsverdacht in Misskredit geriet, warf allerdings einen Schatten auf Beckenbauers glanzvolle Karriere, die einst in Giesing begonnen hatte.