Ab August geht es los: Das neue Ausbildungsjahr startet. Doch viele Betriebe im Kreis Ebersberg sind nach wie vor auf der Suche nach Azubis: Bei der Agentur für Arbeit sind noch 368 freie Ausbildungsplätze registriert. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit. „Allein in der Herstellung von Lebensmitteln und Getränken bieten Unternehmen im Landkreis Ebersberg noch 14 Ausbildungsplätze”, sagt Tim Lünnemann von der NGG München. Das seien allerdings nur die freien Ausbildungsplätze, die bei der Arbeitsagentur gemeldet wurden. „Die meisten Betriebe starten längst eigene Initiativen, um Azubis zu suchen. Und das vor allem digital - über Online-Portale und Social-Media-Kanäle”, so Lünnemann.
Der Geschäftsführer der NGG München rät jungen Menschen, beim Einstieg ins Berufsleben „die Vorteile, die eine Ausbildung bietet, zu erkennen”. Lünnemann wehrt sich dagegen, dass die duale Ausbildung mittlerweile „unter Wert gehandelt” werde. „Es ist wie ein Reflex: Wer sein Abi oder die Fachhochschulreife in der Tasche hat, meint studieren zu müssen”, so Tim Lünnemann. Dabei würden gerade Industrie, Handwerk und Dienstleistung im Kreis Ebersberg und der Region enorme Chancen bieten. Wer dort eine Ausbildung mache, dem winke in der Regel eine sichere berufliche Basis und oft auch eine prima Karriere. Wichtig sei es, schon beim Ausbildungsvertrag auf tarifliche Leistungen zu achten.
Die Zeiten, in denen nur ein Studium ein überdurchschnittliches Einkommen garantiere, seien lange vorbei. So werde in vielen Branchen - zum Beispiel in den bayerischen Brauereien - gut verdient. „Außerdem kann auf eine Ausbildung oft auch ein Studium draufgesattelt werden”, sagt NGG-Geschäftsführer Lünnemann. Eine duale Ausbildung sei „keine berufliche Sackgasse”. Wer in der Lebensmittelindustrie starte, könne beispielsweise den Meister oder Techniker anschließen. Aber auch ein Studium in Lebensmittelchemie, Anlagenbau oder Betriebswirtschaft. In der Gastro-Branche würde sich ein Studium im Tourismus-, Hotel-, Kultur- oder Eventmanagement anbieten.
Der Geschäftsführer der NGG München rät Jugendlichen, die noch auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz sind oder bei denen sich der Wunsch nach einem Studienplatz zerschlagen hat, sich bei der Agentur für Arbeit beraten zu lassen. „Aber auch die Chancen, durch eine Direkt-Akquise einen Ausbildungsplatz zu bekommen, sind enorm gut. Es bringt etwas, bei einem Betrieb anzuklopfen und zu sagen: ,Hier bin ich. Was kann ich bei euch machen?' Ich kenne viele Betriebe, die locker aus dem Stegreif einen zusätzlichen Ausbildungsplatz schaffen könnten”, so Lünnemann.
Die NGG München kritisiert eine „bedauerliche Trägheit bei der Nachwuchsförderung” im Kreis Ebersberg. Es werde grundsätzlich zu wenig ausgebildet - in der Gastronomie genauso wie in der Industrie. „Die Wirtschaft braucht einen neuen ,Azubi-Mut'. Der muss dann allerdings auch politisch unterstützt werden: Wird ein Azubi nach der Ausbildung übernommen, dann darf es dabei künftig keine Befristung mehr geben”, fordert Tim Lünnemann.
Die NGG München setzt sich außerdem für „höhere Azubi-Standards” ein: „In den Branchen, in denen es noch kein Azubi-Ticket vom Arbeitgeber gibt, machen wir uns dafür stark. Denn der Weg zur Berufsschule gehört zur Ausbildung. Und den muss keiner aus eigener Tasche bezahlen.