Veröffentlicht am 10.08.2006 00:00

Cowboys im Chaos


Von red
Cowboys in der Krise: Sportlich gibt’s für Münchens Footballer nicht mehr viel zu holen in der Saison. Jetzt geht’s nur noch um den Klassenerhalt.  (Fotos: Archiv)
Cowboys in der Krise: Sportlich gibt’s für Münchens Footballer nicht mehr viel zu holen in der Saison. Jetzt geht’s nur noch um den Klassenerhalt. (Fotos: Archiv)
Cowboys in der Krise: Sportlich gibt’s für Münchens Footballer nicht mehr viel zu holen in der Saison. Jetzt geht’s nur noch um den Klassenerhalt. (Fotos: Archiv)
Cowboys in der Krise: Sportlich gibt’s für Münchens Footballer nicht mehr viel zu holen in der Saison. Jetzt geht’s nur noch um den Klassenerhalt. (Fotos: Archiv)
Cowboys in der Krise: Sportlich gibt’s für Münchens Footballer nicht mehr viel zu holen in der Saison. Jetzt geht’s nur noch um den Klassenerhalt. (Fotos: Archiv)

Eigentlich hatten die Munich Cowboys vor der diesjährigen Football-Saison nur ein Ziel: Endlich wieder sportliche Schlagzeilen zu schreiben. Gelungen ist ihnen das bislang nicht. Wieder mussten die Cowboys ihren Trainer auswechseln. Wieder waren sie mitten in der Saison ihren Quarterback los. Und wieder nagt das Team sportlich gesehen am Hungertuch.

Bei den Cowboys ist die Krise zum Dauerzustand geworden. Dennoch haben sie nicht aufgegeben: Zumindest die Schlagzeile „Cowboys schaffen den Klassenerhalt“ will das Team in diesem Jahr noch bekommen.

Zum Saisonauftakt gelang den Cowboys ein 3:0-Sieg gegen die Saarland Hurricanes. Danach hagelte es sieben Niederlagen in Folge, in der Tabelle der German Football League befindet sich das „Grand Old Team of the South“ am südlichen Ende. Bei den nächsten und zugleich letzten beiden Heimspielen am morgigen Sonntag gegen die Marburg Mercenaries (der Kick-Off ist um 15 Uhr im Dantestadion) und am Sonntag, den 20. August, gegen die Darmstadt Diamonds sind die Cowboys also auf viel Fan-Unterstützung angewiesen, um das Ruder noch herumzureißen.

Bereits nach der vierten Pleite in Folge hatte der amerikanische Head-Coach Eldon Cunningham die Konsequenzen tragen müssen – er bekam die Papiere ausgehändigt. Seitdem stehen Volker Schenk und Markus Schuster als Verantwortliche an der Seitenlinie – der fünfte Trainerwechsel in den vergangenen zwei Jahren war vollzogen. Cowboys-Präsidentin Ulrike Hollmann sprach von einer „Notbremse“, die nochmals gezogen werden musste.

Die Doppelspitze ist dabei nur eine Notlösung. Eigentlich wollten die Cowboys Martin Hanselmann, Trainer der Nationalmannschaft, verpflichten – hiergegen sperrte sich jedoch der Verband. Stattdessen kamen Schenk und Schuster zum Trainerjob „wie die Jungfrau zum Kinde“, wie Schenk es ausdrückt. Der für die Defensivbetreuung zuständige Schenk – ehemals bei Frankfurt Galaxy in der NFL Europe aktiv – hat sich in den vergangenen Wochen als Sprachrohr des Trainer-Tandems hervorgetan. Optimismus versprüht er dabei nicht gerade. Er hat aber auch keinen Grund dazu: Schuster und er verwalten einen Trümmerhaufen.

An seinem geschassten Vorgänger lässt Schenk jedenfalls kein gutes Haar: „Cunningham war ein guter Geschichtenerzähler, aber von Football hatte er keine Ahnung“, sagt er beispielsweise. Die Methoden des Texaners waren nach Schenks Auffassung strukturlos und völlig antiquiert: „Der Mann hat sich wohl im Jahr 1970 das letzte Mal weitergebildet.“ Der Hauptvorwurf an Cunningham: Sein System sei zu unflexibel gewesen. Stur hielt er daran fest, ausschließlich aufs Laufspiel zu setzen und kaum Pässe zu wagen.

Das eigentliche Problem der Cowboys jedoch liegt tiefer: „Hier hat sich vor ein paar Monaten etwas eingeschlichen, worunter wir bis heute zu leiden haben.“ Schenk kritisiert, dass vielen seiner Spieler der nötige Ehrgeiz fehle: „Dafür, dass wir in der ersten Liga spielen, setzen zu viele Leute ihre Prioritäten falsch.“ Ins Training verirren sich oft nur um die 15 Spieler aus dem nominell mehr als dreimal so starken Kader. Eine Spielsituation lässt sich damit nicht simulieren: „Unsere Spiele werden dadurch zum eigentlichen Training“, muss Schenk feststellen. Die Konsequenzen sind fatal: „Diejenigen, die sich reinhängen, kommen unter diesen Bedingungen nicht weiter – es ist ein Teufelskreis.“

Schenk gibt Cunningham eine Teilschuld daran, dass das Team personell auf dem Zahnfleisch kriecht: „Er hat es nicht geschafft, die Spieler zu begeistern.“ Außerdem hatte Cunningham kein glückliches Händchen bei der Verpflichtung des Quarterbacks: Sein Landsmann Cordell Roane entpuppte sich als „labiler Mensch mit schlimmer Persönlichkeit“, wie Schenk es formuliert. Die beiden Coaches planten, eine andere Position für den als Führungsspieler ungeeigneten Amerikaner zu finden, doch jener kam ihnen zuvor: Ende Juli hatte sich Roane ohne ein Wort zu sagen in ein Flugzeug Richtung Heimat gesetzt und hatte nie wieder von sich hören lassen.

Nun müssen die beiden Eigengewächse Gary Lautenschlager und Alexander Scholz früher als gedacht Verantwortung auf der zentralen Position übernehmen – obwohl ihnen eigentlich die nötige Spielpraxis fehlt.

Dass Roane nach einem solchen Abflug keiner eine Träne nachweint, ist klar. Bei seinem Landsmann Patrick Norton liegt der Fall anders: Der Läufer war einer der Leistungsträger der Cowboys, doch auch er befindet sich inzwischen bis zum Rest der Saison auf der anderen Seite des Atlantiks, um an einem NFL-Trainingscamp teilzunehmen. Hinzu kommt eine Menge Verletzungspech, das den Cowboys den Rest gibt: „In der Abwehrreihe habe ich zurzeit keinen über hundert Kilo“, klagt Schenk: „Damit kann man in dieser Liga kaum bestehen.“

So wie es jetzt läuft, kann es für Schenk auf Dauer jedenfalls nicht weiter gehen: „Wir brauchen für die neue Saison einen richtigen Head-Coach, einen Sponsor, der hier mal 100- bis 150.000 Euro rein steckt, und vor allem ein klares Konzept, was wir in der GFL eigentlich wollen“, fordert er.

Punkt drei wird natürlich hinfällig, wenn die Cowboys in der kommenden Saison nicht mehr in besagter Liga spielen. Doch in dieser Hinsicht ist Schenk gar nicht mal so pessimistisch: Die Voraussetzung für den Ligaerhalt ist, dass die Cowboys das zweite Kellerduell gegen die Saarland Hurricanes am vorletzten Spieltag gewinnen. Die Hurricanes haben derzeit nur zwei Punkte mehr als die Münchner – und der Direktvergleich zählt: „Wenn Saarland jetzt kein Spiel mehr gewinnt, würde das reichen“, rechnet Schenk vor.

Verlassen können sich die Cowboys darauf natürlich nicht: Besser wäre es, wenn die Cowboys im Dantestadion noch einmal punkten könnten.

north