Veröffentlicht am 13.10.2008 00:00

Moosach · »Viele Leute kommen heute noch zu mir«


Von red
Lilo Welte mit einem Band voller Ausgaben alter Moosacher Anzeiger. Noch heute wohnt sie auf dem Anwesen, wo im Jahre 1948 alles  (begann.Foto: wei)
Lilo Welte mit einem Band voller Ausgaben alter Moosacher Anzeiger. Noch heute wohnt sie auf dem Anwesen, wo im Jahre 1948 alles (begann.Foto: wei)
Lilo Welte mit einem Band voller Ausgaben alter Moosacher Anzeiger. Noch heute wohnt sie auf dem Anwesen, wo im Jahre 1948 alles (begann.Foto: wei)
Lilo Welte mit einem Band voller Ausgaben alter Moosacher Anzeiger. Noch heute wohnt sie auf dem Anwesen, wo im Jahre 1948 alles (begann.Foto: wei)
Lilo Welte mit einem Band voller Ausgaben alter Moosacher Anzeiger. Noch heute wohnt sie auf dem Anwesen, wo im Jahre 1948 alles (begann.Foto: wei)

Ein Hasenstall in der Pirschstraße im beschaulichen Hartmannshofen ist der Geburtsort des Moosacher Anzeigers. Im Jahre 1948 hatte Franz M. Bremberger dort, neben seinem Wohnhaus, eine Maschine untergebracht, die wöchentlich das lokale Anzeigenblatt druckte.

Von Anfang an in das Familienunternehmen eingebunden wurde Lilo, eine der zwei Töchter Brembergers. 60 Jahre nach der Gründung blickt sie zurück auf ein Leben für den Moosacher Anzeiger. Eine Geschichte voller Erfolg, Schiksalschläge und Zusammenhalt einer Familie.

Die Idee war geboren

Der Einfall Brembergers, ein lokales Anzeigenblatt für Moosach herauszugeben, war aus der Not geboren: »Mein Vater kam damals aus der Kriegsgefangenschaft zurück und musste sich so eine eigene Existenz aufbauen. Irgendwann hat er der Familie dann seine Idee präsentiert.« Als Kind wuchs Welte somit in die Idee des Vaters hinein und entschied sich später für einen Posten in der Setzerei. Die Entscheidung, nicht im Büro oder in der Druckerei mitzuarbeiten kommentiert Welte mit einem Augenzwinkern: »Wir hatten damals einen sehr feschen Setzer.« Dieser Setzer hieß Walter Welte und wurde 1958 ihr Ehemann.

Der erste Schicksalsschlag

Kurz bevor Lilo Welte das zweite Kind zur Welt brachte, der Schock: Vater Franz starb im Alter von 58 Jahren an einem Herzinfarkt. Ganz Moosach kam damals zur Beerdigung. Lilo Welte, die sich zwischenzeitlich von den Geschäften des Anzeigers ausgeklinkt hatte, war nun auf einmal wieder voll in die Geschäfte der Firma involviert. Erschwerend kam hinzu, dass die Druckerei des Moosacher Anzeigers zu diesem Zeitpunkt gerade im Umzugsstress war. Die Räumlichkeiten in Hartmannshofen wurden schlichtweg zu eng und so bezog der Familienbetrieb ein freistehendes Tonstudio in Allach. Das Büro hingegen wanderte in die Pelkovenstraße.

Im Jahr 1981 ereilte Welte der nächste schwere Schiksalsschlag: Ehemann Walter starb im Alter von 52 Jahren, genauso wie ihr Vater, an einem Herzinfarkt. Die damals 45-Jährige hatte somit nicht nur erneut einen geliebten Menschen verloren, sondern musste sich umso mehr um die Geschäfte kümmern. Eine helfende Hand fand sie in ihrem Sohn Walter. Während er sich hauptsächlich um die Druckerei kümmerte, managte Lilo Welte den Anzeigenverkauf. Auch Tochter Ruth engagierte sich und übernahm das Reisebüro in der Pelkovenstraße, das mittlwerweile auch in das Familienunternehmen übergegangen war.

Zusammenhalt der Familie

Die Weltes rückten immer näher zusammen und so stieg auch Wolfgang Welte der Neffe von Lilo Welte in den Anzeigenverkauf ein. Er war damals ihr »absoluter Vertrauter« und ist noch heute beim Moosacher Anzeiger tätig. Die damalige Zusammenarbeit sei hervorragend gewesen, so Lilo Welte. »Es gab damals kein Gerangel wer in der Firma was darstellt oder sonst irgendwelche Allüren. Bekamen wir Hinweise, dass unsere Anzeiger stapelweise in irgendwelchen Mülltonnen rumliegen, bin ich auch oft hingefahren und hab da rumgestöbert.«

Gelohnt hat sich der Aufwand. Laut Lilo Welte war das Anzeigenblatt »eine Goldgrube« und in Moosach so gut wie konkurrenzlos: »Wir haben sogar öfters das Impressum gar nicht drucken können, weil wir so viele Anzeigen hatten. Der Stellenwert des Moosacher Anzeiger war schon damals bei den Stadtteilbewohnern unglaublich hoch.«

Verkauf des Anzeigers

Trotz des Erfolges sollten sich die Wege der Weltes und des Moosacher Anzeigers bald trennen. Die erste Anfrage eines Interessenten wurde von Welte allerdings abgeschmettert: »Er hätte unsere Mitarbeiter nicht übernommen. Das kam für uns auf gar keinen Fall in Frage.« Als der Landshuter Herbert Selzer mit einem lukrativen Angebot auf die Weltes zukam, ging der Verkauf über die Bühne. Einfach sei das damals allerdings nicht gewesen. Welte erinnert sich: »Mein Sohn hat mir die Entscheidung überlassen. Nach einer schlaflosen Nacht habe ich ihm dann gesagt: ›Walter mach es. So ein Angebot kommt nicht mehr.‹«

Nach so vielen Jahren Arbeit wollte Welte damals aufhören und sich den schönen Dingen des Lebens widmen. Außerdem war ihr bewusst, dass Sohn Walter kein klassischer Anzeigenverkäufer sonder ein Drucker mit Leib und Seele ist. Ihre Entscheidung bereut Welte bis heute nicht. Ihr Sohn hat mittlerweile drei Betriebe und sie ihren wohlverdienten Ruhestand auf ihrer »Insel der Glückseeligkeit« Hartmannshofen.

Ab und zu wird sie dennoch mit dem Lebenswerk ihrer Familie konfrontiert: »Viele Leute kommen immer noch zu mir, wenn sie Fragen zum Anzeiger haben. Ganz los werde ich das wohl nie, aber so werde ich wenigsten immer wieder an die anstrengende aber schöne Zeit erinnert.« Andreas Weiß

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