Die Kreisliga-Begegnung zwischen dem TSV 1860 München III und dem FC Fürstenried 1977 wurde beim Stand von 3:1 (1:0) in der Nachspielzeit abgebrochen, weil die Gäste sich weigerten, die für sie verlorene Begegnung zu Ende zu spielen. Sie reklamierten beim Unparteiischen Jesper Swoboda eine angeblich rassistische Beleidigung durch einen Zuschauer und verließen den Platz. Die Gastgeber weisen den Vorwurf energisch von sich und bestreiten den behaupteten Vorfall.
Der 1977 gegründete FC Fürstenried zählt nach eigenen Angaben auf seiner Website nur rund 80 Mitglieder. Einziger Sport im Verein ist Männerfußball. Jugendarbeit wird nicht betrieben. In ihrem Vereinswappen führen die Fürstenrieder eine goldene Krone, die vermutlich an das für den Stadtteil namensgebende Schloss erinnern soll. Mit zwei Herrenmannschaften spielen die Männer aus dem Münchner Südwesten in der B-Klasse und in der Kreisliga. Eine dritte Mannschaft ist eine Senioren-Ü40, die in einer Spielgemeinschaft mit Türkgücü München in der Senioren-Bezirksoberliga kickt. Heimat der Blau-Orangen ist die Bezirkssportanlage an der Herterichstraße 141, auf der auch der TSV München-Solln und der Munich Irish Rovers FC 1995 spielen.
Diametral zur Größe des Vereins stehen die sportlichen Ambitionen in Fürstenried. Sportlicher Leiter und Macher im Klub ist Emrah Yildizhan. Der 37-Jährige führte als Trainer den Verein von der C-Klasse bis in die Kreisliga und sorgt mit namhaften Spielerverpflichtungen außerhalb des üblichen Rahmens immer wieder für ein Raunen in der lokalen Fußballszene. So holte er beispielsweise im Sommer 2023 Vendim Sinani vom Bayernligisten TSV 1865 Dachau als Spielertrainer oder nahm türkischstämmige Ex-Profis unter Vertrag. Der Aufstieg in die nächsthöhere Bezirksliga ist seit zwei Jahren das erklärte Ziel des FC Fürstenried.
Auch in der Spielzeit 2024/2025 unterhält der FCF einen für die Verhältnisse in der Kreisliga hochkarätigen Kader, der gespickt ist mit Spielern, die bereits höherklassig im Amateurfußball aktiv waren. Doch die Hinserie verlief sportlich nicht wie geplant. Anstatt in der Spitzengruppe landete man im Tabellenkeller der Kreisliga. Yildizhan reagierte und verpflichtete in der Winterpause mal eben zehn Neuzugänge, um das Ruder herumzureißen.
Entsprechend große Bedeutung maßen die Fürstenrieder dem Rückrundenauftakt beim TSV 1860 München III bei. Mit einem Auswärtssieg in Giesing sollte die sportliche Trendwende eingeläutet werden. Doch das Vorhaben scheiterte an einem übermotivierten Auftritt. Trotz intensiver Spielweise, viel Ballbesitz und hohem Aufwand kamen die Gäste kaum zu Torgelegenheiten aus dem Spiel heraus. Lediglich zwei indirekte Freistöße im Strafraum der Amateur-Löwen sorgten in der zweiten Halbzeit für Gefahr. Anders die Weiß-Blauen, die sich mit schnellem Umschaltspiel aus einer kompakten Defensive heraus immer wieder vor das Tor des Gegners kombinierten.
Eine dieser Szenen führte zum Führungstreffer. Über die linke Seite setzte sich Leon Schleich durch und brachte eine Maßflanke in den Strafraum, die sein Bruder Julian mit einem Kopfball zur 1:0-Führung ins Netz setzte (38. Min.). Auch die Giesinger waren in der Vorrunde hinter ihren eigenen Erwartungen zurückgeblieben. Mit Daniele Reisinger wurde ein neuer Trainer verpflichtet. Er verordnete seiner Mannschaft ein kompakteres Spielsystem und steigerte sichtlich die Fitness.
Nach dem Seitenwechsel drängten die Gäste auf den Ausgleich, kamen aber nur selten in gute Abschlusspositionen. Gefährlicher blieben weiterhin die Weiß-Blauen. Ein Eckball von Andre Orbegozo Araujo landete auf Umwegen bei Ousmane Boubacar, der aus kurzer Distanz zum 2:0 einköpfte (60. Min.). Auch der dritte Treffer im Spiel ging auf das Konto der Amateur-Löwen. Wieder war eine Ecke von Orbegozo Araujo der Ausgangspunkt, die Defensive des FC Fürstenried brachte den Ball nicht weit genug aus der Gefahrenzone und Neuzugang Jannis Schloßer traf mit einem Schuss aus der Drehung zum 3:0 (78. Min.).
Drei Minuten vor Ablauf der regulären Spielzeit gelang den Gästen der Ehrentreffer. Eine scharfe Hereingabe von der Grundlinie landete am zweiten Pfosten, wo Erkut Satilmis ins leere Tor zum 3:1 einschob (87. Min.). Schon beim folgenden Anstoß war zu spüren, dass den in Signalorange spielenden Fürstenriedern nun die Sicherungen durchbrannten. Sie jagten, lautstark angetrieben von ihrer Bank, dem Ball hinterher, als ginge es um ihr Leben und führten überharte Zweikämpfe. In dieser Phase versäumte es der Unparteiische ein Zeichen zu setzen, um die Partie ruhig zu Ende zu bringen. Die Gastgeber reagierten nun ihrerseits ruppiger und es entwickelte sich eine giftige Atmosphäre.
In der Nachspielzeit eskalierte schließlich eine Situation vor der Trainerbank der Heimmannschaft. Nach einem Foul eines Giesingers revanchierte sich ein Spieler des FC Fürstenried mit einem Faustschlag. Es bildete sich ein Rudel von Akteuren, die sich Wortgefechte und Schubsereien lieferten. Der aufmarschierte Ordnungsdienst versuchte die Kontrahenten zu beschwichtigen. Als sich die Wogen wieder geglättet hatten, weigerte sich der FC Fürstenried das Spiel zu Ende zu spielen, weil einer seiner Spieler von einem Zuschauer rassistisch beleidigt worden sei. Beim TSV 1860 München III will man davon nichts wissen. Trainer Daniele Reisinger erklärt auf der vereinseigenen Website, rassistische Beschimpfungen seien nicht gefallen. Bei den Amateur-Löwen hegt man den Verdacht eines bewusst herbeigeführten Eklats und weist den Vorwurf zurück. Auch der Schiedsrichter gibt an, nichts dergleichen wahrgenommen zu haben. Ein Fall für das Sportgericht. (as)