Veröffentlicht am 11.02.2025 07:45

Verschwundene Fußballplätze im Münchner Osten: Eine Spurensuche


Von Benjamin Schuldt
An der Bezirkssportanlage Westpreußenstraße spielt der SV Helios-Daglfing. An die Sportanlage des erfolgreichen Vorgängers SpVgg Helios erinnert heute nichts mehr. (Foto: bas)
An der Bezirkssportanlage Westpreußenstraße spielt der SV Helios-Daglfing. An die Sportanlage des erfolgreichen Vorgängers SpVgg Helios erinnert heute nichts mehr. (Foto: bas)
An der Bezirkssportanlage Westpreußenstraße spielt der SV Helios-Daglfing. An die Sportanlage des erfolgreichen Vorgängers SpVgg Helios erinnert heute nichts mehr. (Foto: bas)
An der Bezirkssportanlage Westpreußenstraße spielt der SV Helios-Daglfing. An die Sportanlage des erfolgreichen Vorgängers SpVgg Helios erinnert heute nichts mehr. (Foto: bas)
An der Bezirkssportanlage Westpreußenstraße spielt der SV Helios-Daglfing. An die Sportanlage des erfolgreichen Vorgängers SpVgg Helios erinnert heute nichts mehr. (Foto: bas)

Der FC Bayern sitzt an der Säbener Straße, der TSV 1860 an der Grünwalder Straße, Türkgücü an der Heinrich-Wieland-Straße: Das Herz des Münchner Fußballs schlägt also rechts der Isar. Früher gab es noch weitere Vereine aus dem Münchner Osten, die in der dritten, zweiten oder höchsten Spielklasse antraten. Die Plätze, auf denen sie damals spielten, existieren allerdings nicht mehr. Der Münchner Wochenanzeiger hat sich auf Spurensuche begeben.

Insgesamt 17 Jahre spielte die SpVgg Helios München in der höchsten bayerischen und dritthöchsten deutschen Liga. In den 50er- und 60er-Jahren waren die Weiß-Blauen aus Bogenhausen eine feste Größe im Münchner Fußball. 1961/62 wurde Helios Herbstmeister der Bayernliga Süd und beendete die Saison als Dritter - der größte Erfolg der Vereinsgeschichte. Im Sommer 1966 durfte Helios sogar in der Sportschule Grünwald ein Testspiel gegen die deutsche Nationalmannschaft, die sich auf die WM in England vorbereitete, austragen.

Stadtduelle vor 4000 Zuschauern

Die Bayernliga-Stadtduelle gegen den FC Wacker München lockten bis zu 4000 Zuschauer auf die Anlage der SpVgg Helios. Diese lag in der Franz-Fischer-Straße (neben der Kirche St. Johann von Capistran, nördlich dem Vogelweideplatz) und war auf einer ehemaligen Kiesgrube entstanden. Gute Sicht bot ein Stehplatz auf der Brücke über die Prinzregentenstraße. Am östlichen Rand der Parkstadt Bogenhausen war der Verein ab 1962 heimisch geworden, nachdem der zuvor genutzte Platz an der Trausnitzstraße (beim Ostbahnhof) dem neuen Milchhof hatte weichen müssen.

Bis 1972 spielte Helios in der Bayernliga, dann rutschte der Verein bis in die A-Klasse ab. Die Anlage an der Franz-Fischer-Straße musste dem Erweiterungsbau der Wertpapierdruckerei Giesecke & Devrient weichen, erst 1987 der Rasenplatz, 1996 auch der Hartplatz. „Weil der Umkleidetrakt bröckelte, der Abwasserkanal undicht war”, schreibt Hans Eiberle im Buch „Die Parkstadt Bogenhausen in München” von Roland Krack. Die Firma Giesecke & Devrient entsorgte auch den Belag des Spielfelds, der mit Blei und Zink belastet war - die Spiele von Helios hatten also auf gefährlichem Terrain stattgefunden. Die SpVgg Helios fusionierte 1997 mit dem SV Daglfing zum SV Helios-Daglfing und nutzt heute die Plätze an der Westpreußenstraße. An die Anlage in der Franz-Fischer-Straße erinnert nichts mehr.

Die „Veilchen” aus Ramersdorf

Während Helios selbst in seiner besten Phase mindestens eine Liga unter dem FC Bayern und dem TSV 1860 spielte, schaffte es ein anderer Verein aus dem Münchner Osten auf Augenhöhe mit den Großen von heute (und auch schon damals). Der SC Bajuwaren München spielte als Mitglied der Gauliga Südbayern 1942/43 und Gauliga München/Oberbayern 1944/45 in der höchsten Liga. Der Spielbetrieb lief im Zweiten Weltkrieg nur mehr auf regionaler Ebene. Schon 1937 hatte der SC Bajuwaren für Aufsehen gesorgt und es nach Siegen gegen den FC Bayern (2:0) und den TSV 1860 (4:0) in die 1. Schlussrunde des Tschammerpokals (der nach dem „Reichssportführer” Hans von Tschammer und Osten benannte nationale Pokal gilt als Vorgänger des DFB-Pokals, Anm. d. Red.) geschafft, wo man dem Karlsruher FV mit 1:4 unterlag.

Gegründet wurde der SC Bajuwaren 1910 in Haidhausen von begeisterten Gehsportlern. Die Fußballer, nach ihren lila-weißen Trikots bald als „Ramersdorfer Veilchen” bekannt, spielten zunächst an der Tegernseer Landstraße. Ihren neuen Platz an der Rosenheimer Straße legten die Bajuwaren-Kicker in mühevoller Arbeit selbst an, was etwa anderthalb Jahre dauerte. Im Juni 1932 wurde der Sportplatz eingeweiht, der sich in den Ramersdorfer Ortskern zwischen Kirche, Wirtshaus und Schule einfügte, und ein beliebter Treffpunkt war - bis die Anlage 1962 der geänderten Verkehrsführung weichen musste. Heute befindet sich dort eine kleine Grünanlage mit Spielplatz. Der SC Bajuwaren zog an die Görzer Straße um, wo die Fußballer heute nach einem Zusammenschluss mit der Münchener Sport Vereinigung als MSV Bajuwaren antreten.

Die Weiß-Blauen von der Balanstraße

Die 1906 gegründete Münchener Sport Vereinigung, kurz MSV, war selbst mal eine große Nummer im Fußball der bayerischen Landeshauptstadt: Von 1919 bis 1923 traten die Weiß-Blauen in der Kreisliga Südbayern - damals die höchste Spielklasse - gegen FC Bayern, 1860, Wacker, MTV 1879 oder Jahn Regensburg an. Zeitweise wurde am Schyrenplatz gespielt. Nach einer Fusion bezog die MSV in den 20ern ihre neue Spielstätte, die an der Ecke Balanstraße/St.-Martin-Straße lag - dort, wo sich heute der V-Markt und ein Parkhaus befinden.

Auf dem Platz im Ramersdorfer Norden gab es auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch Erfolge zu verzeichnen, wie 1959 den Aufstieg in die 2. Amateurliga oder 1961 den Gewinn der Oberbayerischen Meisterschaft durch die MSV-Jugend. Doch 1962 kaufte die Firma Siemens das Gelände für Bebauungszwecke auf. „Nachdem der Platz an der Balanstraße geräumt werden mußte, wanderten viele Jugendliche zu den benachbarten Vereinen im Osten ab”, schreibt die MSV in ihrer Chronik. Eine neue Heimat fanden die MSV-Fußballer an der Görzer Straße, wo sie heute als MSV Bajuwaren in der Kreisklasse spielen.

ESV baut neu, Phönix bleibt treu

Ebenfalls ursprünglich ein Ramersdorfer Verein war der 1931 gegründete SV Schwarz-Weiß München, der zunächst auf einem ehemaligen Ziegeleigelände an der Bad-Schachener-Straße dem runden Leder nachjagte. 1958 zog man nach Berg am Laim, an die Fehwiesenstraße, seitdem die dortige Bezirkssportanlage neu gebaut wird, spielt Schwarz-Weiß in der Messestadt.

Auch in Berg am Laim gibt es Fußballplätze, die dem Wachstum Münchens zum Opfer gefallen sind. Bis Ende 2021 in Betrieb war die Anlage des ESV München-Ost in der Truderinger Straße, Ecke Schwanhildenweg. Hier wird nun ein Neubaugebiet hochgezogen. Die Fußballmannschaften der Eisenbahner trainieren und spielen aktuell, ebenso wie Schwarz-Weiß, am Sportcampus in der Messestadt Riem. An der Thomas-Hauser-Straße entsteht ein Kunstrasenplatz für die ESV-Fußballer, die dann nach Berg am Laim zurückkehren.

Seinem Viertel stets treu geblieben ist der FC Phönix München. Gegründet 1920 als SC Berg am Laim, spielte der Verein ab 1930 an der Josephsburgstraße, nahe der heutigen U-Bahn-Station. 1995 wurde der Fußballplatz für Wohnhäuser und eine Ausgleichsfläche aufgegeben. Schon im Jahr darauf konnte der FC Phönix nach großem Einsatz seines Vorstands seine neue Anlage an der Langkofelstraße beziehen, nur etwa 500 Meter südlich der ursprünglichen Spielstätte und auf den ehemaligen Äckern des Klosters der Barmherzigen Schwestern. Bis zur Fertigstellung trug der damalige Bezirksligist kurzzeitig seine Heimspiele im Grünwalder Stadion aus.

Bitte melden!

Verfügen Sie über historische Fotos aus den „guten alten Zeiten”? Kennen Sie noch weitere verschwundene Fußballplätze im Münchner Osten (oder auch in anderen Teilen der Stadt)? Schicken Sie uns unter dem Stichwort „Verschwundene Fußballplätze” eine Mail an redaktion@wochenanzeiger.de

    north