Der Juli in Neuhausen-Nymphenburg ist ein einziger Reigen von Festen und Veranstaltungen – Magdalenenfest, Stadtteilwoche, Trachtentag und als Abschluss und einer der Höhepunkt des Monats, am Sonntag, 26. Juli, das zweite Wasservogelfest.
2007 feierte der alte Brauch rund um den Wasservogel nach 179-jähriger Pause eine fröhliche Wiedergeburt. Anlass war das 100. Jubiläum der FT Gern, zu dem der Fußballverein, die Geschichtswerkstatt Neuhausen und der Bezirksausschuss etwas Besonderes auf die Beine stellen wollten. Die Geschichtswerkstatt grub den historisch verankerten, einst recht deftigen Spaß der Dorfburschen aus, die alljährlich einen aus ihrer Mitte als Wasservogel oder Pfingstl kürten. Mit diesem mit Schilf und Grünpflanzen geschmückten Anführer hoch zu Pferde ging es am Pfingstmontag von Haus zu Haus. Es wurden Spottreime und alte Volkslieder zum Besten gegeben und Eier, Mehl und Schmalz eingesammelt. Als Höhepunkt des Festes wurde der Wasservogel schließlich ins Wasser geworfen - am Rotkreuzplatz gab es damals einen Dorfteich, die „Schwabenlacke” - und aus den Gaben wurden beim Großwirt Kücheln gebacken und dabei ziemlich viel getrunken. 1828 kam es zu einer wilden Schlägerei der Neuhauser Wasservögel mit den Moosachern direkt vor Schloss Nymphenburg, worauf König Ludwig I. das Fest verbot.
Den Dorfteich gibt es schon lange nicht mehr, und auch das Pfingstwochenende empfanden die jetzigen Veranstalter als ungeeignet. So wurde das Wasservogelfest in den Juli verlegt und die „Wassertaufe” findet im Schlosskanal statt. Ansonsten aber hält man sich an den alten Brauch mit Pferd, Sprüchen, Umzug und einem geselligen Ausklang.
Beim ersten Wasservogelfest der Neuzeit konnte SKH Herzog Franz von Bayern begrüßt werden, und auch diesmal hat der Urururenkel Ludwig I. und Chef des Hauses Wittelsbach seine Teilnahme zugesagt. Bereits ab 11 Uhr versammeln sich die Teilnehmer des Festumzuges am Rotkreuzplatz, wo Musik spielt und Augustiner-Freibier ausgeschenkt wird. Um 13 Uhr begrüßt Stadtteil-Chefin Ingeborg Staudenmeyer die Teilnehmer – und die Wasservogelgruppe, die wieder aus Mitgliedern der A-Jugend der FT Gern besteht, sagt ihren ersten Spruch vor dem Herzog auf. Der zweite gilt dem Männergesangsverein Concordia, der heuer sein 125-jähriges Jubiläum feiert.
Anschließend gegen 13.30 Uhr setzt sich der Festzug in Bewegung. Mit dabei sind der Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg, verschiedene Schützengesellschaften aus Neuhausen und den angrenzenden Stadtteilen, der Männergesangsverein Concordia, die FT Gern, die Rotkreuzgruppe Neuhausen, der Volkschor Neuhausen, der Faschingsclub Neuhausen mit Garde, TSV Neuhausen-Nymphenburg, ESV München, die Polizeiinspektion 42, die Freiwillige Feuerwehr Neuhausen, die Studienverbindung „Rupprechtia” sowie die Blaskapellen Schlehdorf und Aubing.
Der Weg führt über die Winthirstraße, die Gerner Brücke, von der der Wasservogel in den Schlosskanal springt, die Nördliche Auffahrtsallee, St. Galler-Straße, Dom-Pedro-Platz und Taxisstraße in den Taxisgarten, wo alle Teilnehmer und die Neuhauser Bevölkerung ein gemütlicher Nachmittag und Freibier von Löwenbräu erwartet. Stopps werden am Postamt in der Winthirstraße eingelegt, wo früher der größte Bauernhof Neuhausens stand, am Großwirt und vor der Blindeninstitutsstiftung, auf deren Gelände ebenfalls einst zwei Neuhauser Bauernhöfe standen. Hier werden jeweils gereimte Verse, die wohl wieder vom Geschichtswerkstatt-Vorsitzenden Franz Schröther stammen, zum Besten gegeben.
Anders als vor zwei Jahren wird die Gerner Brücke diesmal von der Polzei freigehalten. Damals konnte der Zug kaum durchkommen, weil sich schon viele Neuhauser Bürger auf der Brücke versammelt hatten. Die Zuschauer werden diesmal gebeten, sich entlang der beiden Seiten des Schlosskanals einzufinden. Von dort kann das „Versenken” des Wasservogels am besten beobachten.
BA-Vorsitzende Ingeborg Staudenmeyer wies einmal mehr auf den großen Zusammenhalt im Stadtbezirk hin. Viele Institutionen beteiligen sich, um zum Gelingen des Festes beizutragen. So spendet der Botanische Garten große Blätter für das Wasservogelkostüm, das Hotel Rotkreuzplatz stellt ein Zimmer zum Ankleiden zur Verfügung, Renate Landherr vom FCN hilft beim Anlegen des Kostüms und die Gläser für das Freibier am Rotkreuzplatz kommen vom Jagdschlössl.
Vor zwei Jahren war das Wasservogelfest ein großer Erfolg. Rund 4000 erfreuten sich an dem Spektakel. Heuer markiert das Fest das Ende der Stadtteilwoche Neuhausen-Nymphenburg und wieder sind alle Neuhauser und Nymphenburger Bürger herzlich dazu eingeladen. Und auch für 2011 laufen schon Überlegungen, denn schließlich soll die alte Tradition in zweijährigem Abstand wieder einen festen Platz im örtlichen Kulturgeschehen erhalten.