Eine alte Vitrine – zwölf zeitgenössische Künstler, so könnte man das Konzept der Ausstellungsserie „Schaukasten 4“ bezeichnen. Jeden Monat stellen in der Holzvitrine, die zum Originalinventar des über 100-jährigen Museums Starnberger See gehört, Kunstschaffende aus. Wer, das entscheiden die vier Kuratorinnen Elisabeth Carr, Annette Kienzle, Katja Sebald und Ulrike Prusseit. Das Möbelstück war jahrzehntelang im Söckinger Schwerlastdepot ausgelagert. Jetzt wird die Schreinerarbeit aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt. Über den Glastüren hängt ein Messingschild mit der Aufschrift „Schaukasten 4“. Deswegen hat Museumsleiter Benjamin Tillig die Kunstausstellung so genannt.
Bei den angefragten Künstlern kam die Idee gut an. Ihnen gefiel die Herausforderung alt und neu zu verbinden und dadurch eine spannende Symbiose zu schaffen.
Im August feierte Ina Kohlschovsky Vernissage. Die Starnbergerin hat die aktuelle Ausstellung mit Schwarz-Weiß-Fotos aus der Fotografenfamilie Wörsching kombiniert. Erst bei genauerem Hinsehen erkennt man, dass die Idylle und die Schnappschüsse von Anno Dazumal bei den fotorealistisch gemalten Bildern von Ina Kohlschovsky ins Gegenteil verkehrt sind. Da sieht man ein U-Boot im Starnberger Hafen auftauchen, von der Roseninsel erhebt sich ein Atompilz, die Votivkapelle ertrinkt in Müll und nur mit Mühe halten sich Flüchtlinge in ihren volllaufenden Schlauchbooten über Wasser, mit denen sie in Starnberg anlanden wollen.
Mit ihren Motiven möchte die 1959 geborene, in Starnberg aufgewachsene Künstlerin einen Gedankenanstoß geben. „Was wäre, wenn dies alles vor unserer Haustüre passieren würde?“, lautet ihre Frage.
„Doppelte Umkehr“ hat Kohlschovsky ihre Ausstellung genannt. Die Reihe der fotorealistischen Fotobilder an der Museumswand endet am Schaukasten. Darin stehen nach alter Art gestaltete Fotonegative aus Glas. Deren Motive sind ein Kontrast zu den Postkartenbildchen. Man sieht pittoreske Szenerien. „Das Negativ stellt inhaltlich etwas Positives dar, eine Idylle, Landschaften hier am Starnberger See in all ihrer Pracht und Schönheit“, so die Künstlerin.
Bei der Vernissage waren auch die Künstler Max Wagner und Rosemarie Zacher anwesend. Wagner wird im September ausstellen und Zacher, die vor kurzem den Kunstpreis des Landkreises Starnberg gewonnen hat, im März 2023. Wagner wird organische Formen auf den Regalbrettern platzieren. Zacher, die auch für das Haus der Bayerischen Geschichte tätig ist, betonte: „Der Schrank passt zu mir“. Kohlschovsky hat außerdem im Cafébereich Bilder ihrer Obdachlosen-Serie aufgehängt und im von ihr so bezeichneten fensterlosen „Dark Room“ zwei Gemälde, die mit ihren grellen Leuchtfarben Akzente setzen.
Der „Schaukasten Vier“ kann zu den Öffnungszeiten des Museums Starnberger See, Possenhofener Straße 5, in Starnberg besichtigt werden.