Veröffentlicht am 06.06.2012 00:00

München · So seh ich das! Zum Thema: „Selbst ist die Frau“

Wer wie ich Handarbeitsunterricht in einer Klosterschule genießen durfte, wird verstehen, dass ich jahrelang (eigentlich bis heute) jedwede Handarbeit strikt abgelehnt habe. Bei jeder fallen gelassenen Masche, jeder schiefen Naht mussten ich und meine Leidensgenossinnen ein kleines Gebet sprechen, nicht im stillen Kämmerlein, sondern laut im Unterricht: „Jeder Stich, Herr für dich, liebster Jesus segne mich“.

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So viel Segen habe ich da in vielen Unterrichtsstunden erfleht, das reicht sicher für mehrere Leben.

Aus schierer Notwehr habe ich irgendwann beschlossen, den Werkunterricht zu wählen und damit dem Nadelspiel endgültig zu entsagen. Derart traumatisiert muss bis heute meine Mutter jeden Knopf an meinen Sachen annähen, jede Naht schließen, die aufgegangen ist und jede meiner Hosen kürzen. Allerdings, sieht man die neuen Handarbeitstrends von heute an allen Ecken und Enden aus der Erde sprießen, juckt es auch mich wieder in den Fingern. Hier wird mit so viel Spaß an der Sache losgelegt, dass ich mir überlege, auf „Konfrontationstherapie“ zu setzen und mal wieder Nadel und Faden in die Hand zu nehmen. Überhaupt gehört man mit Selbstgemachtem heute zu den Trendsettern, denn nach dem so beliebten „Cocooning“ setzt man heute auf „Homing“. Dabei gilt es sein Heim mit Selbstgemachtem zu verschönern. Wenn alle Laubsägearbeiten abgeschlossen sind, könnte ich ja mal wieder nähen. Amen.

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