Vergangene Woche habe ich Ihnen bereits einiges über den Heimatfilm und über die hier im Freilichtmuseum eingerichtete Ausstellung Heimatfilm und Wilderergeschichten berichtet.
Hoamat Bayern Die Kolumne von Markus Wasmeier
Markus Wasmeier-Kolumne Themenseite: Markus Wasmeier, ehemals Skirennläufer, ausgezeichnet als Sportler des Jahres, stellt das Bauernhof- und Wintersportmuseum am Schliersee vor
Sie haben recht, da fehlt noch etwas, nämlich die Wilderer. Und Wilderer haben wir in Bayern einige namhafte, wie den Boarischn Hiasl, Mathias Kneißl oder den wahrscheinlich bekanntesten, Georg Jennerwein. Im Heimatfilm waren sie anfangs immer auf der Seite des Bösen angesiedelt. Sie waren die Gegenspieler der Jäger und Förster, die für Recht und Ordnung sorgen mussten.
In neueren Filmen ändert sich nun das Bild und der Wilderer wird immer mehr auch als Held dargestellt. Aber Wildern ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat! Woher kommt dann die Sympathie für den Gesetzlosen?
Wenn wir genauer hinschauen merken wir, dass die Wilderer früher oft aus Not heraus gehandelt haben, denn Kaiser Maximilian I. ließ 1495 die Jagd für das einfache Volk verbieten. Gleichzeitig ließen die adeligen Jagdherren in den folgenden Jahrhunderten ihren Wildbestand hegen und pflegen. Dass aber dieser hohe Bestand das Wild hinaus auf die Felder trieb und es dort das Getreide der Bauern fraß, interessierte sie weniger. Es gab sogar Gesetze, nach denen Zäune um die Felder verboten waren, damit das Hochwild ungestört das Revier wechseln konnte. Doch das Wild nahm den Bauern damit buchstäblich das Brot vom Teller.
Die Bauern hielten die Jagd für ihr angestammtes Recht, weshalb die Wilderer aus ihren Reihen auch stets Wert darauf legten, nicht als Wilddieb, sondern als Wildschütz bezeichnet zu werden, fühlten sie sich doch um ihr Jagdrecht betrogen.
Aus dieser gefühlten Ungerechtigkeit heraus sah die Bevölkerung es durchaus mit Genugtuung, wenn ein Wilderer sein Unwesen trieb. Außerdem war es nicht selten der Hunger, der die Wilderei
notwendig machte.
Natürlich wilderte nicht jeder aus diesem Grund. Mancher wollte mit der Wilderei seinen Mut zur Schau stellen, beweisen, dass er ein Rebell war oder sich einfach ein wenig Geld dazuverdienen.
Oft wusste das ganze Dorf, wer der Wildschütz war, deckte ihn aber und spielte vor der Obrigkeit den Ahnungslosen.
Die Jäger und Förster merkten natürlich schnell, was gespielt wurde, und so entwickelte sich eine wachsende Rivalität. Georg Jennerwein war einer der dreistesten Wilderer. So hielt er zum Beispiel im Wirtshaus den Jägern einen Gamsbart unter die Nase und rief: Da schauts her, solche Buschen wachsen in meinem Garten!, woraufhin die übrigen Besucher in schallendes Gelächter ausbrachen. Auch kündigte er manchmal provokativ an, wo er die nächste Gams erlegen würde, aber erwischt hat man ihn dabei nie. Hört man dies, so ist die Wut der Jäger verständlich, die mit großem Eifer versuchten, die Wilderer auf frischer Tat zu ertappen, was für einen der beiden oft tödlich ausging.
Dieses Drama, dass auf beiden Seiten junge Burschen in ihren besten Jahren ihr Leben lassen mussten, sollte man sich bewusst machen, bevor man den einen oder anderen zum Helden erklärt. Durch Zutun der Obrigkeit und etwas liberalerer Gesetzgebung hätte vielleicht ein großer Teil der blutigen Auseinandersetzungen vermieden werden können. War der Wilderer nun Verbrecher oder rebellischer Held, Wilddieb oder Wildschütz?
Ich lade Sie ein, sich in unserer Ausstellung im Museum selbst ein Bild zu machen und am
Ende können Sie über diese Frage sogar an einer Schautafel abstimmen. Wenn Sie
anschließend in unserm Wirtshaus Wofen auf einen gewilderten Gamsbraten hoffen, muss ich Sie allerdings enttäuschen. Aber wir verwöhnen sie gern ganz legal mit anderen bayerischen Spezialitäten und unserem selbstgebrauten Museumsbier.
Ich freu mich auf Sie!
Ihr Markus Wasmeier