Kennen Sie das, wenn man nach langer Zeit einmal wieder ein Fotoalbum in die Hand nimmt und behutsam darin blättert? Erinnerungen werden wach, Fragen tauchen auf, denn die ein oder andere Person auf den Bildern kennt man vielleicht nicht und muss die Großeltern um Rat fragen.
Hoamat Bayern Die Kolumne von Markus Wasmeier
Markus Wasmeier-Kolumne Themenseite: Markus Wasmeier, ehemals Skirennläufer, ausgezeichnet als Sportler des Jahres, stellt das Bauernhof- und Wintersportmuseum am Schliersee vor
Diese Art des Erinnerns, für uns selbstverständlich, ist erst etwa 150 Jahre alt. Zuvor hatten die Menschen keine Möglichkeit, ein reales Abbild von sich oder einer Situation zu machen.
Man musste einen Maler beauftragen und je nach dessen Talent konnte man sich dann auf dem Bild wiedererkennen, oder auch nicht. Oft war es aber so, dass der Maler sein Modell absichtlich entfremdete und schöner wirken ließ. Denn nur, wenn das Bild dem Auftraggeber gefiel, gab es eventuell die Aussicht auf einen Folgeauftrag.
Mitte des 19. Jahrhunderts hielt dann die Fotografie in Bayern Einzug aber noch lange nicht so, wie wir sie heute kennen. Es erforderte viele technische Kenntnisse, um die Kameras zu bedienen und Fotografien zu entwickeln. Die Negative wurden nicht auf Film, sondern auf Glasplatten belichtet und es waren allerhand Chemikalien und Apparate nötig, um davon einen Abzug zu erhalten. Der Beruf des Fotografen entwickelte sich und der Fotograf gehörte bald auch in jeder kleineren Stadt dazu.
Die Bilder waren selbstverständlich in Schwarzweiß und die Qualität schwankte stark. Genau wie der Maler hatte auch der Fotograf das Problem, den Auftraggeber wortwörtlich im rechten Licht erscheinen zu lassen. Hatte der Maler die Möglichkeit der mangelnden Schönheit ein wenig nachzuhelfen, waren dem Fotografen die Hände gebunden und man musste durch trickreiche Inszenierung oder Beleuchtung versuchen das Bestmögliche aus dem Motiv zu machen.
Zum Kundenkreis des Fotografen gehörten bald auch die Touristen und die Sommerfrischler hatten schnell auch den Wunsch, einen bleibenden Eindruck vom Urlaub mit nach Hause zu nehmen oder Freunden und Verwandten zu schicken. Viele Fotografen erweiterten ihre Arbeit deshalb um die Ansichtskartenherstellung. Es ist interessant, welche Motive sie gewählt haben und wie sie inszeniert wurden. Schon vor über 100 Jahren versuchte man eine beschauliche Landidylle und ein geselliges Dorfleben darzustellen. Die harte Arbeit der Bauern dagegen spiegelt sich nur selten in den Motiven wider.
Doch damit war es den Touristen nicht genug: Sie wollten auch selbst auf das Bild, am besten in landestypischer Kleidung. So legten sich viele Fotoateliers ein Sortiment
an Lederhosen, Hüten und Dirndln zu, um auch die Gäste aus dem hohen Norden typisch bayerisch erscheinen zu lassen. Ich kann mir schon vorstellen wie das ausgesehen haben mag denn sicher war nicht immer für jeden die richtige Größe vorhanden und es wurde bestimmt wild kombiniert.
Ich glaube es ist kein Zufall, dass man zu dieser Zeit die ersten Vereine zum Erhalt der alten Trachten gründete, die Vorläufer der heutigen Trachtenvereine.
Heute freilich verfügt jedes Mobiltelefon über eine Kamerafunktion und es wird überall fotografiert, was das Zeug hält. Auch bei uns im Freilichtmuseum gibt es einzigartige Fotomotive und ich kann Ihnen einen Besuch nur empfehlen. Halten Sie Ihre Eindrücke ruhig mit dem Fotoapparat fest. Es sind ja auch außergewöhnliche Motive, die Sie einfangen können egal ob unsere Gebäude oder die malerische Natur.
Aber ich gebe Ihnen den Tipp: Legen Sie die Kamera auch einmal zur Seite und genießen Sie die Berge, die Luft und die Ruhe in unserem altbayerischen Dorf. Es wäre doch schade, wenn Sie Ihren Enkeln davon in einigen Jahren beim Durchblättern des Albums nichts erzählen könnten.
Sollte dann bei einem Bild einmal die Frage auftauchen, wer denn der Mann neben der Oma oder dem Opa war ja das war dann wahrscheinlich ich.