Veröffentlicht am 22.08.2014 00:00

München/Schliersee · Der Motor der Moderne


Von red

Waren Sie vergangene Woche dabei, beim ersten Schlierseer Preis-Ranggeln? Wenn nicht, kann ich Ihnen nur sagen, es war ein sportlicher Höhepunkt in dieser Museumssaison.

Hoamat Bayern – Die Kolumne von Markus Wasmeier

Markus Wasmeier-Kolumne Themenseite: Markus Wasmeier, ehemals Skirennläufer, ausgezeichnet als Sportler des Jahres, stellt das Bauernhof- und Wintersportmuseum am Schliersee vor

Aber ich kann Sie trösten, bei uns ist immer etwas los. Am kommenden Wochenende, zum Beispiel, ist es soweit, unser Kohlemeiler wird aufgebaut und das sollten Sie wirklich nicht verpassen. Von Freitag an, bauen wir im Freilichtmuseum in Schliersee mit den Köhlerfreunden aus Bad Kohlgrub den Meiler auf und am Sonntag wird er, im Rahmen eines großen Köhlerfestes, entzündet. Für die Kinder wird sogar ein eigener Kindermeiler errichtet!

Der Köhler war früher ein wichtiger aber dennoch etwas missachteter Berufsstand. Im Mittelalter galt die Köhlerei sogar als unehrenhaft und auch später sagte man den Köhlern gerne dunkle Machenschaften nach. Da die Köhler meist einsam im Wald lebten, kann es natürlich auch sein, dass sie die ein oder andere Marotte entwickelten und so diese Vorurteile gegen sich bekräftigten. Bei uns können Sie sich selbst einen Eindruck machen und Einblick in den beinahe ausgestorbenen Beruf des Köhlers gewinnen. Es ist gar nicht so einfach, den Verkohlungsprozess unter Kontrolle zu halten und unser Köhler erklärt Ihnen gerne, was man alles beachten und unternehmen muss. Ich bin ja generell davon überzeugt, dass ein Gespräch mit Menschen mehr bewirkt und besser in Erinnerung bleibt als eine Schautafel. Deshalb kann ich Sie nur ermutigen, unseren Handwerkern Ihre Fragen zu stellen. Und wie es eben so ist, man kommt vom Hundertsten ins Tausendste und erfährt Dinge, die einem sonst verborgen geblieben wären.

Nur die Holzkohle machte es möglich Eisen zu schmieden

So ging es mir auch mit der Kohle. Erst wenn man sich näher damit befasst, erkennt man, was alles daran hängt. Denn nur mit Holzkohle war es den Menschen überhaupt möglich geworden Eisen zu schmieden. Die Temperaturen, die dazu benötigt werden, sind mit einem normalen Feuer nicht zu erreichen. So war die Holzkohle der erste hochkonzentrierte Energieträger der Menschheit und man konnte haltbare Werkzeuge aus Metall fertigen. Erst im 18. Jahrhundert wurde die Holzkohle von der Steinkohle nach und nach abgelöst. Damit war ebenfalls ein großer Wandel verbunden, denn die Industrialisierung setzte ein. Das wiederum änderte auch das Erscheinungsbild der Landwirtschaft. War bisher alles in Handarbeit zu verrichten oder mit Pferde- beziehungsweise Ochsenkraft, hielten nun Maschinen Einzug. Brauchte man früher eine Unmenge an Dienstboten und Erntehelfern, war das mit technischem Gerät schnell und mit weit weniger helfenden Händen zu schaffen. Es gab beispielsweise Unternehmer, die mit dampfbetriebenen Dreschmaschinen von Hof zu Hof gefahren sind und in Lohnarbeit ihre Dienste anboten. Der Dreschflegel wurde somit überflüssig, ebenso die Arbeiter dazu. Größere Bauern schafften sich selbst Maschinen an und es dauerte nicht mehr lange, bis auch die Rösser ausgedient hatten und die ersten Traktoren auf den Feldern zu sehen waren.

Ebenfalls kohlebetrieben rauschten Dampflokomotiven durch das Land. Fahrpläne machten eine einheitliche Zeit notwendig, die in Deutschland 1893 eingeführt wurde und es begann das Zeitalter von Terminen und Zeitdruck. Der Blick auf die Uhr wurde immer wichtiger. Orientierte man sich früher am Sonnenstand und vielleicht dem Schlagen der Kirchenuhr, so war nun minutengenaues Ablesen der Zeit mithilfe der Taschenuhr wichtig geworden. Sie merken, mit der Modernisierung kam auch die Hektik in unsere Welt.

Doch wir drehen das Rad der Zeit für Sie, zumindest für ein paar Stunden, zurück. Bei uns im Freilichtmuseum tauchen Sie ein in das Landleben um 1700, als nur reiche Bürger eine Taschenuhr besaßen und die Dampfmaschine noch in den Kinderschuhen steckte. Aber wir verstehen uns nicht als klassisches Museum, bei uns wird Geschichte lebendig und erlebbar. So möchte ich Sie einladen unser altbayerisches Dorf, zum Beispiel während der Köhlerwochen, zu besuchen, denn erleben muss man mit allen Sinnen. Und wenn der Duft des Kohlemeilers über das Museumsgelände zieht, kommt auch der Geruchssinn zur Geltung. Wenn der leichte Grillgeruch dann appetitanregend auf Sie wirkt, haben Sie keine Angst. Im Wirtshaus »Beim Wofen« werden Sie traditionell und umfassend mit bayerischen Schmankerln verwöhnt. Ebenso erwartet Sie dort unser selbstgebrautes Museumsbier, das Sie auf ein anderes, ebenso interessantes, Handwerk aufmerksam machen wird. Erleben Sie es selbst, ich freue mich auf Sie.

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