Das Verbot von Stolpersteinen wird in München bis auf Weiteres erhalten bleiben. Das Verwaltungsgericht hat am Dienstag der Klage auf eine Sondernutzungserlaubnis zur Anbringung der Mahnmale im öffentlichen Raum eine Absage erteilt.
Gedenktafeln erinnern an die Opfer des Nazi-Regimes
München gedenkt Opfern des Nazi-Terrors Themenseite gegen das Vergessen
Kurz zuvor haben Gegner dieser Form des Gedenkens an den Holocaust den Verein »Respect and Remember Europe e.V.« gegründet. Die Initiative »Stolpersteine München e.V.« zieht indes weitere gerichtliche Schritte in Erwägung, um ihr Anliegen doch noch durchzusetzen.
An den sogenannten Stolpersteinen scheiden sich die Geister. Schon seit Jahren setzt sich die Initiative Stolpersteine für München e.V. engagiert für die kleinen Metallplatten ein, die in zahlreichen deutschen Städten und auch im Ausland an Menschen erinnern, die von den Nazis ermordet wurden. Angebracht werden die von dem Künstler Gunter Demnig entworfenen Gedenksteine in der Regel im Bürgersteig in der Nähe der Wohnung des Ermordeten, der auf dem Stolperstein namentlich genannt wird. In München sind die Mahnmale im Boden allerdings verboten zumindest auf öffentlichem Grund. Dagegen haben einige Mitglieder der Initiative nun vor dem Verwaltungsgericht München geklagt und sind damit gescheitert. Das Gericht sei der Auffassung, der Stadt stehe in dieser Frage Gestaltungsfreiheit zu, erklärt Dietmar Wolff, Sprecher des Verwaltungsgerichts. Eine Selbstverwaltung könne nicht gezwungen werden, Stolpersteine im öffentlichen Raum zuzulassen.
Die vom Kläger geforderte Sondernutzungserlaubnis für die Mahnmale könne außerdem nicht erteilt werden, da weder der Verkehr noch Passanten durch die Stolpersteine beeinträchtigt würden und deshalb gar keine Sondernutzung vorliege. Das Verwaltungsgericht sei deshalb nicht für den Fall zuständig. Die Angelegenheit sei »eine privatrechtliche Sache zwischen der Stadt und den Klägern«, die vom Amtsgericht zu entscheiden sei, so Wolff.
Innerhalb der Bevölkerung gibt es neben den Befürwortern, die im vergangenen Jahr im Internet rund 80.000 Unterschriften für die Einführung des Projekts in München sammelten, aber auch vehemente Gegner. Die prominenteste von ihnen ist Charlotte Knobloch, Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern (IKG), und ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland. Mehrmals bezeichnete sie die Mahnmale am Boden als verletzend und unwürdig.
Der neu gegründete Verein Respect and Remember Europa e.V. teilt diese Ansicht. Problematisch sei vor allem auch die Erfahrung, dass Stolpersteine in anderen Städten immer wieder »bewusst von Nazis« geschändet und verunstaltet würden, sagt die Vereinsvorsitzende Gabriella Meros. Der Verein setze sich daher für andere Formen des Gedenkens ein: »Es soll um Information und Emotion gehen.« Zudem sei es unwürdig, wenn ein Stein, der dem Gedenken diene, ständig von Passanten begangen und damit sinnbildlich getreten werde. »Wir wünschen uns ein würdiges, nachhaltiges Gedenken mit Inhalten auf Augenhöhe«, betont Meros.
Der Münchner Stadtrat hat die Bedenken der IKG und anderer Gruppen bereits aufgegriffen und das Verbot von Stolpersteinen im vergangenen Sommer noch einmal bekräftigt. Alternativ dazu sollen Gedenksteine an Stelen und Hauswänden angebracht sowie ein zentrales Mahnmal errichtet werden. Für die Ausgestaltung seien bereits zwei Wettbewerbe ausgelobt worden, sagt Jennifer Becker, Sprecherin des Kulturreferats der Stadt. Einer werde für die dezentralen Tafeln durchgeführt, der andere für den zentralen Erinnerungsort.
Dem Verein Respect and Remember Europe fehlt dabei die Transparenz. Der Wettbewerb müsse sich auch an internationale Künstler richten und zu einem Verfahren zusammengeführt werden, fordert Meros: »Das zentrale Mahnmal und die dezentralen Stelen und Gedenktafeln müssen von einer Hand geschaffen werden, und zwar von einer Meisterhand, in einem Wettbewerb zusammengefasst.«
Becker zufolge kann am weiteren Vorgehen allerdings zum jetzigen Zeitpunkt nichts mehr geändert werden. Das Verfahren sei vom Stadtrat entschieden worden und werde nun gemäß dem Beschluss durchgeführt. In der Jury beider Wettbewerbe seien die IKG und alle relevanten Gruppen und Experten vertreten. Mit ersten Ergebnissen, die dem Stadtrat zur Abstimmung vorgelegt werden könnten, sei bereits Anfang kommenden Jahres zu rechnen.
Doch auch die Initiative Stolpersteine für München hat ihr Vorhaben noch nicht aufgegeben. Zunächst wolle man den offiziellen Zugang der Urteilsbegründung abwarten und dann weitere rechtliche Möglichkeiten prüfen, kündigt Terry Swartzberg, Sprecher der Initiative, an. Das Thema dürfte die Münchner also noch einige Zeit beschäftigen. Von Julia Stark
Wer den Verein Respect and Remember Europe e.V. finanziell unterstützen möchte, kann hierhin spenden: Respect & Remember Europe e.V., Hypovereinsbank, IBAN: DE45 7002 0270 0015 3745 10, BIC: HYVEDEMMXXX