Ungewöhnliche Töne aus Untergiesing-Harlaching. Während andernorts bei Bürgerversammlungen die Politik das zeitliche Gros bestimmt, durften bei der jüngsten Ausgabe in Untergiesing-Harlaching vor allem die Bürger ran.
auf das offizielle Eingangs-Statement der Stadt verzichtet hatte, um ausdrücklich nicht den sensiblen Faktor Zeit über zu strapazieren, hielt sich auch Bezirksausschuss-Chef und Parteikollege Clemens Baumgärtner in seinen informativen Ausführungen zu wichtigen Nahtstellen der Quartiers-Politik zeitlich höchst überschaubar. Kurz noch ein Sicherheitsbericht des neuen Leiters der Polizeiinspektion Giesing, Polizeioberrat Alfred Hauck Schon war der Souverän an der Reihe. Und die Bürger machten eifrig Gebrauch von ihrem wie immer per Mehrheitsbeschlusss auf je 5 Minuten beschränkten Rede- und Beitragsrecht. Fast 50 Anträge und Anfragen aus den Reihen der rund 250 Besucher hallten durch die Städtische Turnhalle an der Säbener Straße. Darunter auch einer, der gerade die »Menges-Praxis« vom Verzicht auf eigenen Beitrag kritisierte. Man kann es wohl nicht jedem recht machen. Hier ein Überblick über die wichtigsten Themenfelder.
Knapper Wohnraum und Strukturwandel in gewachsenen Regionen auch auf der Bürgerversammlung im 18. Stadtbezirk ein wesentliches Thema. Vor allem bei den über 200 Mietern der Heimag-Siedlung nahe des Perlacher Forstes kehrt keine Ruhe ein. Nach Abriss-Drohgebärden der städtischen Wohnbaugesellschafter hatte noch 2014 Oberbrügermeister Dieter Reiter höchstselbst den Bestandsschutz für die Traditionsanlage mit vielen älteren Langzeitmietern ausgerufen. Doch die Anlage muss saniert werden. Ein entsprechendes Gutachten aus dem Jahr 2015 wurde bislang nicht in Sanierungsleistung umgesetzt. Mieter-Sprecher Hermann Gilbhard forderte nach »18 Monaten Stillstand« auf der Bürgerversammlung erneut entschiedene Maßnahmen für eine umfangreiche Renovierung. »Trotz wiederholter dringlicher Anfragen ist bislang nichts passiert«, ärgerte sich der Mietervertreter. Er forderte die Stadt auf, den notwendigen Druck auf die Gewofag auszuüben.
Außerdem, so Gilbhard, solle die Gewofag mitteilen, wieviele der Wohnungen inzwischen von Schimmel befallen seien. Für beide Anliegen gab es einstimmige Unterstützung. Altharlaching im Blickt hatte Andreas Dorsch. Der dortigen Initiative machen die zunehmenden Bauverdichtungen in der Gartenstadt und in Altharlaching seit Jahren große Sorge, weil die Stadt einem bisweilen exzessiv ausgenutzten Baurecht wenig entgegen zu setzen hat. Das soll sich auch Dorschs Sicht ändern. Er forderte die Kommune auf, mit einer weitreichenden Gestaltungssatzung wenigstens den verbliebenen Charakter der Siedlungsstrukturen dort zu erhalten. Der zu liberal ausgelegte § 34 Baugesetzbuch laufe dagegen oftmals ins Leere. Dorschs Antrag wurde mit breiter Mehrheit angenommen. Daneben müsse auch der Baumschutz wieder größeren Stellenwert genießen und dürfe nicht hinter dem Baurecht angesiedelt werden. »Räumliche Nöte« gibt es gleich mehrfach auch an der Rotbuchenstraße. Der dortige Traditionsverein FC Alemannia klagt nicht nur über zu wenige und vor allem für den umfangreichen Fußballbetrieb zu schlecht ausgeleuchtete Trainingsareale auf dem dortigen Sportplatz.
Vor allem hat der Verein nach Aussage seines Funktionärs Patrick Ziegler auch ein großes Finanzproblem vor der Brust. Seit 2011 habe man einerseits für die neuen Geschäftsstellen-Räumlichkeiten im Keller des Hortneubaus keinen regulären Mietvertrag sah sich aber jüngst mit einer auf rund 50.000 Euro bezifferten, rückwirkenden Mietforderung der Stadt konfrontiert. »Für den Verein nicht machbar und nicht nachvollziehbar«, so Ziegler. Seine Forderung, die Mietforderung im realistischen Rahmen zu betreiben und die Miete anzupassen, unterstützte die übergroße Mehrheit der Anwesenden. Auch die Rotbuchenschule platzt aus allen Nähten. Containerbauten »Am Hollerbusch« treffen bei den Menschen vor Ort nicht auf Zustimmung. Laut Sozialreferat soll dort aber eine Einrichtung für geflüchtete Familien und Frauen entstehen. Für die Schulerweiterung steht nachwievor auch ein Vorschlag des Bezirksausschusses zur Disposition, ein früheres Probengelände der Philharmonie an der Harthauser Straße für Schulzwecke umzuplanen. Mehr Raum brauchen die Schüler, da waren sich alle einig. Manche Unterrichts- und Pausengestaltungen an der Rotbuchenstraße könnten nur noch im »Schichtbetrieb« der Klassenstufen realisiert werden.
Wichtiges Anliegen dort auch: der Schulbus-Zubringer soll erhalten bleiben. Dieser wurde kürzlich gestrichen. Für Kerstin Zimmermann keine ernsthaft durchdachte Maßnahme. Zu gefährlich und kompliziert
gestalteten sich die Umsteigebeziehungen für die Kleinen im Netz des öffentlichen Personennahverkehrs vor Ort. Es gelte, derlei Gefahren auszuschließen. Die Versammlung sah das ebenso. Auch am St.-Quirin-Platz soll die aus Bürgersicht mitunter »lebensgefährliche« Situation am Bushalt von 147er und 220er Linie verbessert werden. Ungewöhnlich: Ein Bürger forderte Tempo 30 im sensiblen Streckenbereich Wettersteinplatz und Grünwalder Straße. Stefan Bauer, Verkehrsplaner im Kreisverwaltungsreferat, mochte dem Postulat einiges abgewinnen. »Das hätte schon was«. Hatte es allerdings bei der Mehrheit nicht. Die stimmte gegen die beschilderte Entschleunigung. Dagegen soll ein Bereich rund um die Kurzstraße entlang der Grünwalder Straße laut Mehrheitsvotum nur noch für PKW-Parken zulässig sein und die Brummis dort verschwinden. Ebenso befürwortet wurde auch ein Antrag, die Peißenbergstraße auf voller Länge für den Fahrradverkehr auch entgegen der Einbahnrichtung zu öffnen.
Apropos Geschwindigkeiten: Abseits der motorisierten Verkehrspfade wünschen sich die Untergiesinger und Harlachinger entlang ihrer »Daten-Highways« belastbarere und schnellere Leitungen. Kilian Unterguggenberger wurde von einer breiten Mehrheit in seinem Antrag unterstützt, die Stadt möge den Glasfaser-Breitband-Ausbau auch im 18. Stadtbezirk bis 2020 flächendeckend anbieten. Auch ein weiterer Versorgungsantrag fand viel Gegenliebe. So soll, um der durchaus ausbaufähigen Versorgungslage in Harlaching wenigstens im Teilbereich zu trotzen, ein fester Verkaufsstand für Obst und Gemüse etabliert werden. Als Standorte soll neben der Tram-Wendeschleife Großhesselohe auch das Areal am Sanatoriumsplatz geprüft werden. Am nahen Klinikum soll zudem ein integriertes, medizinisches Versorgungsnetz für Senioren etabliert werden.
Auch eine wichtige Versorgungsleistung im Zuge des demographischen Wandels. Die von Gisela Horn bereits mehrfach geforderte Sanierung der zeitweiligen »Schlammwüste« Am hohen Weg wurde von der Versammlung mitgetragen. Problem nur: Das letzte Wort hat wie bei den übrigen Anträgen auch die Stadt. Sie hatte die Sanierung mehrfach abgelehnt und hat nun wie bei den übrigen Anliegen drei Monate Zeit, ein Votum abzugeben. Darunter auch Wünsche nach sanierten Tischtennisplatten oder mehr Sitzplätzen für Menschen mit Beeinträchtigung in den städtischen Bussen. Einige Arbeit haben die Untergiesing-Harlachinger den Stadtverantwortlichen jedenfalls mitgegeben einiges aber auch abgelehnt. Das von einem Bürger geforderte Hupverbot am Candidplatz fand keine Mehrheiten. HH