Veröffentlicht am 05.12.2007 00:00

München · Vom Arbeiter bis Akademiker

»In Deutschland muss niemand verhungern oder frieren, allerdings mehr als bescheiden am Rande des Existenzminimums leben!«, sagt Katerina Christodoulidou vom Caritas-Zentrum München-Nord in der Pferggasse 6. Besonders akut wird das Problem vor so konsumbetonten Anlässen wie Weihnachten. Wir sprachen mit Caritas-Mitarbeiterin Christodoulidou über ihre Arbeit.

Hat sich die Problemlage in den letzten Jahren irgendwie verändert?

Wer in München von Arbeitslosengeld II leben muss, lebt in Armut. Sie müssen sich vorstellen, dass eine allein erziehende Mutter von zwei minderjährigen Kindern nur rund 880 Euro im Monat zur Verfügung hat. Davon muss sie bis auf die Miete alles bestreiten: Lebensmittel, Strom, Schulsachen, Kleidung, Sport, Bildung, Musikunterricht oder Freizeit. Da bleibt gar nichts übrig, um z.B. Rücklagen zu bilden. Wenn die Kinder dann noch eine Brille oder eine Zahnspange brauchen oder die Waschmaschine kaputt geht, ist natürlich kein Cent da. In solchen Fällen kann ich dann für meine Klienten eventuell noch Stiftungsgelder beantragen.

Wie wirkt sich das auf Ihre Arbeit aus?

Der Druck ist groß geworden d.h. ich habe immer mehr Anfragen nach finanziellen Unterstützungen, nach gebrauchter Kleidung, gebrauchten Möbeln und nach Lebensmitteln. Wir hatten das Glück, vor genau einem Jahr, die »Münchner Tafel« hier im Caritas-Zentrum Nord, Pferggasse 6, als neues Projekt installieren zu können. Berechtigte Personen sind Empfänger von ALG II oder Grundsicherung oder mit sehr kleinem Einkommen oder Rente. Berechtigungsscheine für die »Münchner Tafel Freimann«, gibt es direkt über die GSA, wir haben noch freie Plätze.

Darüber hinaus verweisen wir Klienten auf unsere Kleiderkammer, wobei viele sich immer noch schämen, wenn sie gebrauchte Kleidung tragen oder annehmen müssen.

Dabei ist secondhand mittlerweile eigentlich absolut gesellschaftsfähig.

Was für Menschen kommen zu Ihnen?

Alleinerziehende, Rentner, Arbeitslose, Kranke und viele Migranten. Vom ungelernten Arbeiter bis zum hoch qualifizierten Akademiker ist alles dabei. Alle Nationalitäten und alle Religionen. Bei 70 Prozent meiner Klienten geht es aber um Schulden.

Wie können Sie hier konkret helfen?

Beim persönlichen Erstgespräch verschaffe ich mir einen Überblick über die finanzielle und soziale Situation des Klienten. Meist ist die Erstellung eines Haushaltsplanes über die regelmäßigen Ein- und Ausgaben notwendig. Im Vordergrund steht die Existenzsicherung, wir sorgen dafür, dass die Wohnung, der Arbeitsplatz (so fern vorhanden) und die Energieversorgung gesichert sind. Im Laufe des Beratungsgespräches gilt es z.B. bei Schulden abzuklären, ob eine Vermittlung an die Caritas-Schuldenberatung sinnvoll ist, wenn ja, so würde derzeit eine einjährige Begleitung des Klienten beginnen. Auch gilt es abzuklären, ob verschiedene Hilfen nötig sind wie Beratung und Begleitung bei Behörden, Krankheit und in Konflikt- und Krisensituationen.

Was kann man tun, wenn man gerade Weihnachten niemanden beschenken kann oder einsam ist?

Gerade an den Feiertagen wird Armut als besonders bedrückend empfunden. Hier kann man den Familien immer wieder nur vermitteln, dass nicht wertvolle Geschenke wichtig sind, sondern der Zusammenhalt. Für besonders einsame Menschen gibt es aber im ganzen Stadtgebiet Veranstaltungen und Advents-Aktionen, z. B. bei der Bahnhofsmission. Und die Pfarreien freuen sich natürlich immer über neue Besucher an den Festtags-Gottesdiensten in der Kirche.

Caritas-Zentrum Au/Haidhausen/Giesing, Balanstraße 28, Tel. 45 87 40-32.

Veranstaltungen:

12. Dezember, 14.30 bis 16 Uhr: Weihnachtslieder-Singen, Eintritt frei.

16. Dezember, 14 bis 16 Uhr: Sonntagscafé am 2. Advent

19. Dezember, 14 Uhr: Adventscafé mit Bratäpfeln

21. Dezember, 9.45 bis 11.15 Uhr: Weihnachtsfrühstück, 3,50 Euro

4. Januar, 9.45 bis 11.15 Uhr: Neujahrsfrühstück, 3,50 Euro. €

9. Januar, 12.30 Uhr: Neujahrsempfang, 6 Euro.

Jeweils Anmeldung unter Tel. 45 87 40 29.

Weihnachtsfeier: 24. Dezember, 17 Uhr, mit Essen und Gottesdienst am Hauptbahnhof im Missionshaus Gleis 11, kostenlos, ohne Anmeldung.

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