Ist die Hängepartie jetzt wirklich vorbei? Nachdem der umstrittene Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München lange an der Finanzierung zu scheitern drohte, scheint diese Frage gelöst zu sein.
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Zweite S-Bahn-Stammstrecke in München Themenseite zur 2. S-Bahn-Stammstrecke (über- und unterirdisch) durch Münchens Zentrum
Bei einem Spitzengespräch in der Bayerischen Staatskanzlei wurden am Montag, 26. November, zwischen Ministerpräsident Horst Seehofer, Bayerns Verkehrsminister Martin Zeil, Staatssekretär Dr. Andreas Scheuer aus dem Bundesverkehrsministerium gemeinsam mit weiteren Kabinettsmitgliedern und den Spitzen der Regierungsfraktionen sowie Vertretern der Deutschen Bahn AG die Eckpunkte zur Finanzierung des über zwei Milliarden Euro teuren Bauprojekts geklärt.
Demnach seien sich der Freistaat Bayern und der Bund einig, dass zur Schließung der bei den Bundesmitteln noch bestehenden Finanzierungslücke in Höhe von 700 Millionen Euro das Flughafendarlehen in Höhe von 492 Millionen Euro verwendet wird. Damit würden letztlich diese für den Bau der dritten Start- und Landebahn vorgesehenen Mittel doch, wie von vielen Seiten gefordert, in das S-Bahn-Projekt investiert. Die dritte Start- und Landebahn hatten die Münchner in einem Bürgerentscheid am 17. Juni mehrheitlich abgelehnt.
Insgesamt trägt der Freistaat mit 923 Millionen Euro den größten Teil der Baukosten. Dazu kommen noch mal 251 Millionen Euro aus dem Flughafen-Darlehen; der Anteil, der dem Freistaat Bayern gehört. Der Bund hat 257 Millionen Euro grundsätzlich zugesagt, darüber hinaus seinen Anteil am Flughafen-Darlehen (128 Millionen Euro). Die Deutsche Bahn AG wird 133 Millionen tragen, die Landeshauptstadt München finanziert die Umweltröhre Laim mit 34 Millionen Euro und beteiligt sich mit ihrem Anteil aus dem Flughafen-Darlehen (113 Millionen Euro) an den Baukosten. Darüber hinaus stellen Bund (108 Millionen Euro) und Freistaat (100 Millionen Euro) zusätzliche Mittel zur Verfügung.
Sollte es nicht bei den kalkulierten zwei Milliarden Euro für die zweite Stammstrecke bleiben, haben der Freistaat Bayern, der Bund und die Deutschen Bahn AG bereits ein Risikobudget in Höhe von 500 Millionen Euro vereinbart. Davon übernehmen Freistaat und Deutsche Bahn 40 Prozent (200 Millionen Euro) und der Bund 60 Prozent (300 Millionen Euro) des Kostenrisikos.
Das Projekt soll nun zügig angegangen werden. Bei einer erwarteten Bauzeit von wenigstens sieben Jahren wollen Freistaat und Bayern möglichst schnell Baurcht erlangen. Schon 2013 soll alles unter Dach und Fach sein. In der Folge läuft das Ausschreibungsverfahren, Anfang 2015 sollen die Bauhauptmaßnahmen starten, 2020 soll die erste S-Bahn in dem neuen Tunnel fahren.
Nachdem nun die Finanzierung gesichert scheint, geht in Haidhausen wieder die Angst vor Jahre währenden Bauarbeiten um. Der Stadtteil ist besonders von der Maßnahme betroffen. Durch die geplante offene Bauweise erwarten die Haidhauser aufgerissene Straßen, Baulärm, Dreck und in der Folge ein Park- und Verkehrschaos. Unternehmer befürchten die nachhaltige Schädigung des Wirtschaftsstandorts.
Auf der Seite der Gegner der zweiten Stammstrecke melden sich auch die bayerischen Grünen zu Wort. Sie haben trotz der jetzt ausgehandelten Planung Zweifel an der Finanzierbarkeit des zweiten Tunnels. So sei abzusehen, dass die Kosten für das Projekt weiter ansteigen würden. »Während sich die Kostenangaben von offizieller Seite in den Jahren 2000 und 2001 zwischen 500 und 600 Millionen Euro bewegten, wird aktuell von deutlich über zwei Milliarden Euro ausgegangen«, so Martin Runge, Fraktionsvorsitzender der Grünen im bayerischen Landtag. »Und auch das wird mit großer Sicherheit nicht reichen.«
Mehr Vertrauen in die Planung zeigt Münchens Oberbürgermeister Christian Ude. Er hat die Nachricht von der Vereinbarung »mit großer Erleichterung« aufgenommen. »Mein Dank gilt auch Ministerpräsident Horst Seehofer, der mit dem Vorschlag, das bereits gezahlte Flughafen-Darlehen von Stadt, Land und
Bund für den S-Bahn-Ausbau zu verwenden.« Jetzt komme es darauf an, das Vorhaben schnellstmöglich in die Tat umzusetzen.
Nach Meinung von Verkehrsminister Zeil ist die zweite Stammstrecke Kernstück des Bahnknotenkonzepts der Bayerischen Staatsregierung. Sie sei notwendig, damit durch einen »leistungsfähigen Bypass die bestehende Stammstrecke entlastet und das Münchener S-Bahn-Netz schrittweise an die künftige Nachfrageentwicklung angepasst werden kann«. Mit der zweiten Stammstrecke könne die dringend erforderliche zusätzliche Kapazität im Kernbereich des Münchener S-Bahn-Systems geschaffen werden. Für die Schienenanbindung des Flughafens München leiste die zweite Stammstrecke zusammen mit dem viergleisigen Ausbau der Schienenstrecke Johanneskirchen-Daglfing einen wichtigen Beitrag.