Für das geplante Gymnasium München-Nord müssen 500 Bäume weg und 30.000 Quadratmeter Boden fein säuberlich umgegraben werden. Unter der Kronprinz-Rupprecht-Kaserne könnte so eine gefährliche Kriegsbombe wie in Altschwabing liegen. Wenn der Blindgänger unentdeckt bliebe, säßen die mehr als 1.000 Schüler auf einem Pulverfass.
Gymnasium München-Nord
Geplantes Gymnasium München-Nord Themenseite zum Gymnasium München-Nord, Am Hart, an der Ecke Knorr-Rathenaustraße, das 2016 fertiggestellt sein soll
Aber so weit wird es nicht kommen. Wegen dieser sensiblen Nutzung des Grundstücks »wird die Kampfmittelfreiheit auf dem Kasernengelände hergestellt«, betonte Rudolf Deser von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) am vergangenen Freitag. Bereits Ende Februar werden vorab auf dem Areal an der Ecke Knorr-/Rathenaustraße 500 Bäume gefällt, davon 285 geschützte. Die Räumung des Geländes, die sogenannte Baufeldfreimachung, beginnt am 1. Juni 2013 und dauert bis April 2014. Dies werde Baulärm verursachen, bittet der Projektverantwortliche die Anwohner in der Siedlung Am Hart um Verständnis.
Aber es geht nicht anders: Zur Sicherheit der Schüler, die einmal Münchens modernstes Gymnasium besuchen, muss das ganze rund 30.000 Quadratmeter große Areal Stück für Stück umgegraben werden, zum Teil bis zu acht Meter tief. Riesengroße Löcher entstehen, »es wird wie eine Mondlandschaft aussehen«, sagte Deser an Ort und Stelle.
Man habe zwar nur den Verdacht, dass sich im Erdreich Altlasten und Kampfmittel befinden. Aber es sei nicht auszuschließen, dass Blindgänger, Munitionsreste, Granaten und Waffenteile im Boden vorhanden sind. Eine so gefährliche Kriegsbombe mit Langzeitzünder wie in Alt-Schwabing vermute man hier aber nicht. Das Areal werde per Kampfmittelsonde sorgfältig untersucht denn sicher ist sicher.
Zudem gab es bis kurz vor dem Zweiten Weltkrieg auf dem Gelände eine große Kiesgrube, die dann zugeschüttet wurde womit, weiß niemand. Außerdem wurde das Areal viele Jahrzehnte lang als Kaserne genutzt, etwa ab 1870. Da könnte Öl und Benzin versickert sein und das Grundwasser gefährden, vermutet Deser. Es kann also lediglich spekuliert werden, was im Untergrund alles verborgen ist. Fest steht nur, dass unterirdische Kanäle und Benzinabscheider vorhanden sind. Das muss alles weggerissen werden, ebenso die alten Kasernenanlagen über der Erde: die riesige Werkhalle, die Panzerwaschrampe und die Kasernenmauer entlang der Knorrstraße.
Für Abriss und Aushub rechnet man bei der BIMA mit rund 60 Lkw-Fahrten am Tag. Das meiste werde über das Kasernengelände selbst und nicht etwa durch die Knorrstraße abtransportiert, so Deser, und dann zum Virginia-Depot jenseits der Schleißheimer Straße gefahren. Dort will man den Aushub zwischenlagern und genau untersuchen. Je nach Art der Kontamination und Grad der Verunreinigung werde der Aushub auf verschiedenen Deponien entsorgt, erläuterte Deser. Was nicht belastet ist, werde später wieder auf das Gelände zurückgefahren und eingebaut.
»100.000 Kubikmeter Erdreich aller Art« werden bewegt, resümierte Antonie Thomsen (SPD), die Vorsitzende des Bezirksausschusses Milbertshofen-Am Hart. Adolf Jackermayer (CSU) befürchtet, dass im Boden »ein Sprengsatz sein könnte, der irgendwann explodiert.«
Auch für Leo Meyer-Giesow (ÖDP) »ist es nicht vertretbar, die Altlasten im Boden zu belassen.« Denn es handele sich um ein »ausgesprochen problematisches Gebiet«. Schweren Herzens müsse man auch die Fällung der vielen Bäume in Kauf nehmen, die den Baggern im Weg sind. Der Bezirksausschuss stimmte parteiübergreifend der geplanten Baufeldfreimachung sowie den Baumfällungen zu.
Die Räumung des Areals erfolgt durch die BIMA. Das Gelände an der Nordostecke der ehemaligen Kronprinz-Rupprecht-Kaserne an der Knorrstraße gehört derzeit noch dem Bund. Er muss auf seine Kosten Altlasten und Kampfmittel entfernen. Die Baufeldfreimachung soll im Frühjahr 2014 beendet sein. Die BIMA will am 1. April 2014 die 30.000 Quadratmeter große Teilfläche der Kronprinz-Rupprecht-Kaserne an die Landeshauptstadt übergeben, die das Grundstück zum Bau des Gymnasiums München-Nord samt einer »Eliteschule des Sports« vom Bund kaufen wird.
Die Stadt hat den ehrgeizigen Plan, das neue Schulhaus im September 2016 zu eröffnen.
In unmittelbarer Nachbarschaft des künftigen Gymnasiums ist im Süden und Westen derzeit noch Kasernengelände. Das gesamte Bundeswehrgelände mitAusnahme der Gymnasiumsfläche wurde der BIMA zufolge inzwischen sukzessive von BMW gekauft. Der Münchner Autokonzern habe nun auch die Restflächen ganz im Norden der Kaserne vom Bund erworben, so Deser. Derzeit erstreckt sich das BMW-Forschungs- und Innovationszentrum, kurz FIZ, von der Knorrstraße bis zur Schleißheimer Straße. Der Komplex wird momentan nach Norden erweitert. Nördlich davon soll ein weiterer Forschungskomplex für das FIZ entstehen.
ws