Veröffentlicht am 26.11.2013 00:00

Die »Melkkühe« sind häufig auf schlechten Straßen unterwegs


Von red
Viele unserer Straßen bröseln auseinander. 7,2 Milliarden Euro fehlen in Deutschland jedes Jahr, um das Verkehrsnetz instandzuhalten.	 (Foto: job)
Viele unserer Straßen bröseln auseinander. 7,2 Milliarden Euro fehlen in Deutschland jedes Jahr, um das Verkehrsnetz instandzuhalten. (Foto: job)
Viele unserer Straßen bröseln auseinander. 7,2 Milliarden Euro fehlen in Deutschland jedes Jahr, um das Verkehrsnetz instandzuhalten. (Foto: job)
Viele unserer Straßen bröseln auseinander. 7,2 Milliarden Euro fehlen in Deutschland jedes Jahr, um das Verkehrsnetz instandzuhalten. (Foto: job)
Viele unserer Straßen bröseln auseinander. 7,2 Milliarden Euro fehlen in Deutschland jedes Jahr, um das Verkehrsnetz instandzuhalten. (Foto: job)

»Wir müssen mehr in Straßen investieren«, kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel beim CSU-Parteitag in München am Wochenende an. Sie will mehr Steuermittel dafür einsetzen als bisher. Die Straßen in Deutschland haben es nötig: Sie werden immer schlechter.

Zum Thema: Mangelhafter Erhalt von Straßen

ADAC fordert mehr Mittel für die Straßeninfrastruktur Artikel vom 26.11.2013: »Knapp zwei Drittel versickern«

Zustand der Straßen in München Artikel vom 25.11.2013: So schaut’s aus

Die von der Verkehrsministerkonferenz eingesetzte »Daehre-Kommission« sieht bereits den ganzen Wirtschaftsstandort Deutschland durch die schlechte Infrastruktur gefährdet. Sie spricht von einer »gravierenden Vernachlässigung« und einem »erheblichen Rückstand« der Erhaltungsmaßnahmen bei Straßen und Brücken.

19,6 Prozent der Autobahnen und 41,4 Prozent der Bundesstraßen haben zwischenzeitlich den Warnwert 3,5 erreicht bzw. überschritten (die Skala zum Straßenzustand reicht von 1 »sehr gut« bis 5 »ungenügend«). Doch das sind nur die Straßen, die vom Bund finanziert werden. Die Straßen der Länder, vor allem aber die der Städte und Gemeinden befinden sich in einem noch schlechteren Zustand, so der Daehre-Bericht.

Auch die Bodewig-Kommission »Nachhaltige Verkehrsinfrastrukturfinanzierung« sieht »erheblichen Nachholbedarf« bei der Instandhaltung der Straßen.

Werde dieser nicht abgearbeitet, bleibe das bestehende Netz nicht erhalten, warnte die Kommission die Verkehrsminister im Oktober: »Es geht darum, die Grundlagen von Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Mobilität für Deutschland sicherzustellen sowie den Vermögensverzehr von Verkehrsinfrastruktur zu beenden!«

In den nächsten 15 Jahren fehlen für den Erhalt der deutschen Verkehrsinfrastruktur mindestens 7,2 Milliarden Euro – jährlich. Diese Zahl nannte das Bundesverkehrsministerium, um die »strukturelle Unterfinanzierung« aufzuzeigen.

Fünf Milliarden Euro vom Bund

Heuer stehen im Bundeshaushalt aber lediglich fünf Milliarden Euro für – die vom Bund finanzierten – Straßen (Autobahnen und Bundestraßen) zur Verfügung. Davon wird etwa die Hälfte für die Instandhaltung ausgegeben (1,56 Milliarden für die Sanierung von Autobahnen, 754 Millionen für die von Bundesstraßen).

Insgesamt investieren Bund, Länder und Gemeinden jährlich etwa 19 Milliarden Euro in ihre Straßen, so der ADAC. Ein Vielfaches dieser Summe fließt jedoch aus den Taschen der Autofahrer in den Bundeshaushalt hinein: Heuer werden es über 53 Milliarden Euro sein (Kfz- und Mehrwertsteuer, Lkw-Maut und vor allem Mineralölsteuer).

Für Stadtrat Michael Mattar (FDP) ist der Autofahrer daher »die Melkkuh der Nation«. Anders rechnet zum Beispiel die Landtagsabgeordnete Margarete Bause (Grüne): »Der Straßenverkehr erwirtschaftet keinen Überschuss von 34 Milliarden Euro«, betont sie.

»Im Prinzip würden die Zahlungen der Autofahrer ausreichen, um die Autobahnen und Bundesfernstraßen zu finanzieren«, weiß der Landtagsabgeordnete Markus Rinders­pacher (SPD). Doch ihre 53 Milliarden Euro fließen nicht in die zerbröselnden Verkehrswege zurück. Das nennt sich »Non-Affektationsprinzip«, erklärt Rinderspacher, und dieses Prinzip gilt für alle Steuern: Es gibt keine Zweckbindung (z.B. der Mineralölsteuer für den Straßenbau). »Obwohl die Mineralölsteuer ursprünglich aufgrund des Straßenbaufinanzierungsgesetzes aus den 60er-Jahren zu 50 Prozent für den Straßenbau verwendet werden sollte, ist man schon seit den 60er-Jahren davon abgegangen«, so Rinderspacher.

Zweckgebunden ist dagegen die Maut, deren Einführung auch für Pkw trotz des Merkel’schen Wahlversprechens (»Mit mir wird es keine Maut geben«) näher rückt: »Wir werden auf den Wunsch der CSU hin an einer Lösung für eine Mitbelastung der nicht-inländischen Kraftfahrzeughalter arbeiten«, sagte die Bundeskanzlerin am Wochenende in München.

Das sagen die Abgeordneten zur Pkw-Maut

Dr. Peter Gauweiler (CSU) zur Pkw-Maut Artikel vom 26.11.2013

Florian Hahn (CSU) zur Pkw-Maut Artikel vom 26.11.2013

Anton Hofreiter (Grüne) zur Pkw-Maut Artikel vom 26.11.2013

Dieter Janecek (Grüne) zur Pkw-Maut Artikel vom 26.11.2013

Andreas Lenz (CSU) zur Pkw-Maut Artikel vom 26.11.2013

Florian Post (SPD) zur Pkw-Maut Artikel vom 26.11.2013

Ewald Schurer (SPD) zur Pkw-Maut Artikel vom 26.11.2013

Johannes Singhammer (CSU) zur Pkw-Maut Artikel vom 26.11.2013

Wolfgang Stefinger (CSU) zur Pkw-Maut Artikel vom 26.11.2013

Claudia Tausend (SPD) zur Pkw-Maut Artikel vom 26.11.2013

Hans-Peter Uhl (CSU) zur Pkw-Maut Artikel vom 26.11.2013

Doris Wagner (Grüne) zur Pkw-Maut Artikel vom 26.11.2013

Rund 260 Millionen Euro, hat der ADAC errechnet, würden ausländische Pkw-Fahrer jährlich an Maut in deutsche Kassen bringen. Eine Verrechnung mit der Kfz-Steuer, um inländische Autofahrer nicht weiter zu belasten, sieht der ADAC skeptisch: Zehn Millionen Pkw zahlen schon jetzt keine vollständige Kfz-Steuer, Elektromobile gar keine. Ungleichbehandlungen wären die Folge. In München legt das Baureferat den Schwerpunkt seiner Investitionen in das städtische Straßennetz auf den »Substanzerhalt«. Die ihm zur Verfügung stehenden Mittel bewertet die städtische Behörde als ausreichend: »Bisher konnte mit den Mitteln ein verkehrssicherer Straßenzustand hergestellt werden«; bilanziert Sprecherin Dagmar Rüme­napf. In den Jahren 2005 bis 2012 hat das Baureferat jeweils 14 Millionen Euro für den Straßenunterhalt ausgegeben, darunter jedes Jahr Sondermittel von zwei Millionen Euro. Diese beiden Zusatzmillionen hat der Stadtrat auch für die Jahre 2013 bis 2017 bewilligt, denn nur mit diesem Geld, so das Baureferat, könne die Substanz des Münchner Straßennetzes stabil gehalten werden.

2011 wurden 11,3 % der Nebenstraßen als »sehr gut« (1992: 17,2 %) und 8,0 % als »sehr schlecht« (1992: 1,4 %) bewertet. Bei den Hauptstraßen galten 17,5 % als »sehr gut« (1992: 12,3 %) und 4,4 % als »sehr schlecht« (1992: 0,8 %). Damit sind viele Münchner Straßen zwar schlechter als vor 20 Jahren, aber bereits wieder besser als 2005 – zu verdanken ist diese Genesung 5,3 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II.

Mehr Geld für Straßenerhalt

Über alle Parteigrenzen sind sich Politiker einig, dass mehr Geld in den Erhalt von Straßen fließen muss: »Wir brauchen dringend zusätzliche Mittel – für Bundesstraßen und bayerische Staatsstraßen – zum Erhalt der Infrastruktur«, sagt der Landtagsabgeordnete Florian Ritter (SPD). Über Jahre zu niedrige Investitionen in das Verkehrswegenetz beklagt Otmar Bernhard, Abgeordneter der CSU. Das habe zu einem kostenintensiven Reparaturstau und zu völlig überlasteten Straßen geführt. »Unsere Straßeninfrastruktur ist seit Jahrzehnten chronisch unterfinanziert«, meint auch Michael Piazolo (Landtagsabgeordneter und Generalsekretär Freie Wähler Bayern). Wie er und Bernhard fordert die Bundestagsabgeordnete Doris Wagner (Grüne) »mehr Geld für ein funktionierendes Verkehrssystem«. job

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