Tausende Flüchtlinge kommen über Ungarn nach München. Was sagen die Münchner Bundestagsabgeordneten der Berliner Regierungskoalition dazu? Antworten von Florian Post (SPD, München-Nord).
Florian Post (SPD) Themenseite: Florian Post (SPD), Bundestagsabgeordneter München-Nord
Wie kann die Politik Vorbehalte, Verunsicherung und Ängste der Bürger entkräften? Wird das in ausreichender Form gemacht?
Florian Post: Zunächst einmal ist Aufklärung und Information ganz wichtig. Wir müssen den Bürgern erklären, warum so viele Menschen bei uns Schutz suchen. Und wir brauchen einen klaren Fahrplan, der den Bürgern zeigt, dass wir imstande sind, mit dieser Situation umzugehen. Das beschlossene Maßnahmenpaket im Koalitionsausschuss ist ein erster Schritt. Es wird aber über Jahre hinweg eine große Aufgabe für Politik und Zivilgesellschaft bleiben, die Flüchtlinge, die aufgrund eines Asylrechtsanspruches in unserem Land bleiben werden, in unsere Gesellschaft zu integrieren.
Um die Flüchtlingsströme zu verringern, muss die Situation in den Herkunftsländern verbessert werden. Wie kann das Ihrer Meinung nach in Syrien umgesetzt werden?
Florian Post: Es ist doch ganz klar, dass gerade die Menschen aus Syrien in erster Linie vor Krieg und Terror flüchten. Sie sind in Leib und Leben bedroht! Daher müssen Terror und Krieg gestoppt werden. So lange das nicht geschieht, werden sich die Menschen auf den Weg in ein besseres und friedliches Leben machen. Aber wie kann man Krieg und Terror beseitigen? Ob es uns gefällt oder nicht, muss man hier zugeben, dass dies alles andere als einfach ist. Ich habe auch keine eindeutige Lösung. Multinationale Handlungsoptionen müssen geprüft werden. Militärisches Eingreifen jedoch hat in dieser Region der Erde oftmals die Situation noch unüberschaubarer gemacht, ja sogar verschärft und damit für die Menschen noch schwieriger.
Auch in den Balkanländern, aus denen zurzeit zahlreiche Menschen nach Deutschland kommen und um Asyl ersuchen, herrschen zum Teil sehr schwierige Lebensumstände. Muss die deutsche Politik hier nicht auch darauf hinwirken, dass die Lebensumstände in diesen Ländern nachhaltig verbessert werden?
Florian Post: Die Bekämpfung von Fluchtursachen ist ein wichtiger Baustein, mit der aktuellen Situation umzugehen. Es gibt viele nachvollziehbare Fluchtursachen. Der mit Abstand wichtigste ist jedoch eine Bedrohung an Leib und Leben! In anderen Fällen ist auch kluge und sinnvolle Entwicklungshilfe ein gangbarer Weg, die Situation der Menschen in den Nachbarländern der EU zu verbessern. Deutschland leistet bereits Entwicklungshilfe für die Balkanländer in Form von Hilfen oder Krediten, die darauf ausgelegt sind, den Staaten und Menschen zu helfen. Dies geschieht z.B. durch die Unterstützung beim Aufbau einer Versorgungsinfrastruktur, Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung oder Reformen in der öffentlichen Verwaltung. Es sind aber auch zusätzliche Anstrengungen durch die anderen Partnerländer in der EU nötig.
Wie bewerten Sie die Vorgänge am Münchner Hauptbahnhof, wo zahlreiche freiwillige Helfer die Betreuung der ankommenden Flüchtlinge übernehmen, während der Staat sich auf seine minimalen Aufgaben zurückzieht?
Florian Post: Dass so viele Münchner Bürgerinnen und Bürger derart großen Einsatz gezeigt haben und weiterhin zeigen ist ein großartiger Akt der Solidarität und verdient höchsten Respekt. Ebenso anzuerkennen ist aber auch der unbürokratische Einsatz der Behörden und der Polizei, in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Hilfsorganisationen. Es ist eine große logistische Herausforderung, die die Stadt München, die Regierung von Oberbayern und die Polizei zusammen mit den vielen freiwilligen Helfern in den letzten Tagen gemeistert haben, um dieser enormen Anzahl von Flüchtlingen eine menschenwürdige Ankunft zu bereiten. Ich kann nicht erkennen, dass sich hier die Polizei oder eine andere Behörde auf einen »Minimaleinsatz« beschränkt. Im Gegenteil: Ich habe den Eindruck, dass alle beteiligten Behörden und die Ehrenamtlichen hier Höchsteinsatz bringen. Dafür sage ich Danke!