Nach einigen Vorbereitungstreffen gründete sich zuletzt unter der Leitung von Klaus Breindl, Sprecher der Landkreis-Projektgruppe Carsharing, auch in Aßling ein Auto-Teiler-Verein. Somit gibt es jetzt zehn Carsharing-Vereine mit über 50 Fahrzeugen im Landkreis. Wir haben mit Klaus Breindl über die Entwicklung der Carsharing-Projekte im Landkreis Ebersberg gesprochen.
Wie kam es zu der Idee und wo wurde das erste Carsharing-Projekt im Landkreis Ebersberg umgesetzt?
Klaus Breindl: Die erste Carsharing-Initiative im Landkreis Ebersberg entstand 1992 in Vaterstetten. Fünf Familien gründeten damals die Vaterstettener Auto-Teiler. Zum Vergleich: das erste Carsharing-Angebot in Deutschland gibt es seit 1988/89 in Berlin. "Stattauto München" entstand ebenfalls 1992. Aber bereits im Jahr darauf gründete sich die "CarSharing Union" in Markt Schwaben. Auslöser der Initiative in Vaterstetten war das eigene Auto, das meist nur herumstand und trotzdem viel Geld kostete - warum nicht gemeinsam mit einem Auto fahren und die Kosten teilen? Carsharing verändert das Mobilitätsverhalten: an die Stelle einer auto-zentrierten Mobilität tritt eine Mobilität, die viele Verkehrsmittel ‒ zu Fuss gehen, Fahrrad, Busse und Bahnen und auch Auto ‒ nutzt, je nach dem jeweiligen Mobilitätsbedürfnis und den aktuellen Gegebenheiten.
Welche Gemeinden im Landkreis sind mit dabei?
Breindl: Mit dem Aßlinger Auto-Teiler Verein gibt es im Landkreis Carsharing-Vereine in 10 Gemeinden: Anzing, Aßling, Ebersberg, Glonn, Grafing, Kirchseeon, Markt Schwaben, Poing, Vaterstetten und Zorneding. Mit 10 von 21 Carsharing-Gemeinden (48 Prozent - zum Vergleich: dutschlandweit haben nur 2 bis 3 Prozent aller Gemeinden unter 50.000 Einwohner Carsharing-Angebote) liegt der Landkreis Ebersberg an der Spitze aller Landkreise Deutschlands.
Wie wurde das Angebot angenommen? Wieviele Landkreisbürger nutzen das Carsharing-Angebot?
Breindl: Die Beteiligung ist naturgemäß sehr unterschiedlich: Während in Vaterstetten bereits rund 2,5 Prozent der Bürger mit Führerschein Carsharing nutzen, ist es in kleinere Gemeinden schwieriger, Bürger für Carsharing zu begeistern. Dennoch berichten alle Ebersberger Carsharing Vereine von Zuwächsen. Aktuell zählen die zehn Vereine im Landkreis 855 Mitglieder mit rund 1.750 Fahrberechtigten, die sich 55 Fahrzeuge teilen.
Gerade im ländlichen Raum sind viele Menschen auf ein Auto angewiesen. Ist es überhaupt möglich in Gemeinden wie Aßling auf ein eigenes Auto zu verzichten?
Breindl: "Verzichten" ist vielleicht das falsche Wort: Nicht jeder sieht es als pure Freude, sich um ein Auto zu kümmern und die Kosten, insbesondere die Fixkosten zu tragen. Dennoch ist es für viele notwendig, ein (Zweit-)Auto zu unterhalten. Dabei wird aber häufig übersehen, dass nicht "das Auto" unverzichtbar ist, sondern die Möglichkeit, ein Auto bei Bedarf zu nutzen ‒ und das bietet Carsharing. Dass wirtschaftlich tragfähige Carsharing-Angebote dauerhaft auch in kleineren Gemeinden möglich sind, zeigen u.a. die Carsharing-Vereine in den Gemeinden Glonn und Amerang, die dort schon deutlich über 10 Jahre bestehen.
Kooperieren Sie auch mit anderen Projekten?
Breindl: Zum Einen arbeiten die Carsharing-Vereeine im Landkreis sehr eng zusammen. Derzeit etwa an einer einfachen Möglichkeit, auch Autos in anderen Gemeinden zu nutzen. Zum anderen sind wir für alle Initiativen offen, die eine sinnvolle mulitimodale Mobilität zum Ziel haben. Beispiel: In der Projektgruppe "Landkreis Ebersberg - Modellregion für flächendeckendes Carsharing" arbeitet auch der MVV mit.
Sind auch nach Aßling weitere Gemeinden am Carsharing-Projekt interessiert?
Breindl: Ja, als nächstes seht Forstinning in den Startlöchern. Ziel und Aufgabe der Projektgruppe ist es, bis 2030 in allen Orten und Ortsteilen mit mehr als 1.000 Einwohnern Carsharing-Angebote aufzubauen.
Haben Sie praktische Tipps zum Autoteilen? Womöglich haben viele Leute auch Berührungsängste, weil sie nicht wissen wie das Carsharing überhaupt funktioniert.
Breindl: Einerseits funktioniert Carsharing umso besser, je mehr Leute mitmachen. Andererseits sind die "Berührungsängste" enorm. Der Großteil der Bevölkerung kann sich einfach nicht vorstellen, ohne eigenes Auto auszukommen. Umgekehrt zeigen Untersuchungen, z.B. vom MVV, dass neue Carsharing-Teilnehmer am häufigsten den Rat und die Empfehlung von bestehenden Carsharing-Teilnehmern als ausschlaggebend für die Teilnahme nennen.
Das Interview führte Stefan Dohl