Veröffentlicht am 06.11.2020 09:28

Die Berge und wir: Von 1869 bis heute

Treten und Steigen: Berg- und Kletterschuhe von 1880 bis heute. (Foto: Alpines Museum DAV/Bettina Warnecke)
Treten und Steigen: Berg- und Kletterschuhe von 1880 bis heute. (Foto: Alpines Museum DAV/Bettina Warnecke)
Treten und Steigen: Berg- und Kletterschuhe von 1880 bis heute. (Foto: Alpines Museum DAV/Bettina Warnecke)
Treten und Steigen: Berg- und Kletterschuhe von 1880 bis heute. (Foto: Alpines Museum DAV/Bettina Warnecke)
Treten und Steigen: Berg- und Kletterschuhe von 1880 bis heute. (Foto: Alpines Museum DAV/Bettina Warnecke)

Seit über 150 Jahren lieben die Menschen die Berge, seit 150 Jahren organisieren sie sich im Deutschen Alpenverein. Die Liebe zu den Bergen bleibt bestehen, nur die Bedeutung der Berge für die Menschen verändert sich. Die Ausstellung „Die Berge und wir“, die am 11. Mai, im Alpinen Museum auf der Praterinsel eröffnet wurde, zeigen Kontinuitäten und Brüche – und machen deutlich, wie sich mit ihnen auch der Alpenverein wandelte.
Am 9. Mai 1869 gründeten 36 Bergbegeisterte den Deutschen Alpenverein, um „die Kenntnis von den Deutschen Alpen zu erweitern und zu verbreiten und ihre Bereisung zu erleichtern“. Seitdem wurden die Kenntnisse erweitert und vertieft und die Bereisung so sehr erleichtert, dass mancherorts von Massentourismus gesprochen werden kann.
Der 150. Geburtstag ist für den Alpenverein Anlass, sich mit seiner teils widersprüchlichen Geschichte auseinanderzusetzen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Menschen, die sich im Alpenverein engagieren und ihn gestalten. Sie zeigen stellvertretend, wie sich Vorlieben, Haltungen und Werte wandelten, aber auch, wer überhaupt in die Berge reiste, wie die Menschen sich dort bewegten, mit wem und wie sie unterwegs waren. Eine Reise durch anderthalb Jahrhunderte Berggeschichte, das bedeutet auch: Von der Entdeckerfreude über den Schwierigkeitsalpinismus bis hin zur Individualisierung des Bergsports – die Entwicklungen im Verein spiegeln oftmals auch gesamtgesellschaftliche Veränderungen wider.

Die umfangreiche Jubiläumsausstellung „Die Berge und wir“ löst die bisherige Dauer- und Sonderausstellung ab und ist bis 13. September 2020 zu besichtigen.
„Als die jetzige Dauerausstellung vor 25 Jahren konzipiert wurde, war sie absoluter Vorreiter“, berichtet Friederike Kaiser, Leiterin des Alpinen Museums. „Inzwischen haben wir aber noch einiges mehr über die Geschichte des Vereins herausgefunden und diese neuen Erkenntnisse wollen wir natürlich in einer modernen Ausstellung den Mitgliedern und der Öffentlichkeit präsentieren.“
Die Ausstellungsobjekte, Bilder und Dokumente stammen größtenteils aus den Sammlungen von ÖAV und DAV, ihrer Sektionen und Mitglieder. Viele von ihnen werden erstmals der Öffentlichkeit präsentiert und ermöglichen einen neuen Blick darauf, wie sich der Alpenverein entwickelte und sich das Interesse an den Bergen und dem In-die-Berge-Gehen verschob.
Zum ersten Mal wird es die Geschichte des Alpenvereins auch als digitale Variante geben. Interessierte können sie unter alpenverein.de/geschichte virtuell erleben.
Außerdem gibt es verschiedene Führungen durch die Ausstellung im Alpinen Museum – neu sind die Führungen in einfacher Sprache, Gebärdensprache und in Fremdsprachen.

Der Deutsche Alpenverein zählt inzwischen fast 1,3 Millionen Mitglieder. Ihr Blick auf die Berge und den Bergsport hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Einen scharfen Kontrast dieser Sichtweisen zeichnet das erste Kapitel der Ausstellung: Das Alpenbild verschiedener Gemälde der Sammlung des Museums gegenüber dem der Fotoplattform Instagram. Offensichtlich wird dabei auch die zunehmende Verschiebung der Berge in den urbanen Raum.
Die weiteren Kapitel beleuchten die Organisation Alpenverein, von seiner Gründung und Anfangszeit bis heute. Während zu Beginn vor allem touristische Erschließung, Wissenschaft und Bildungsarbeit zu den Aufgaben des Vereins zählten, gewann der Schwierigkeits- und Gefahrenalpinismus um die Jahrhundertwende zunehmend an Bedeutung. In der Weimarer Republik nahm der Deutsche Alpenverein den Naturschutz in seine Satzung auf und setzte sich für den Erhalt unerschlossener Gebirgslandschaften ein. Bereits 1925 fand in München eine Protestveranstaltung mit 4.000 Personen gegen die Erschließung der Zugspitze statt. Gleichzeitig wurden nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg vermehrt jüdische Mitglieder ausgegrenzt. Die Ausstellung widmet der Phase des Antisemitismus im Verband ein eigenes Kapitel. „Dass der DAV zur NS-Zeit und schon davor jüdische Mitglieder ausgeschlossen hat, ist uns heute jeden Tag eine Mahnung, dass wir offen und tolerant sein wollen und müssen gegenüber allen – egal welche Herkunft, sexuelle Orientierung, körperliche oder geistige Einschränkung sie haben“, betont DAV-Präsident Josef Klenner.
Mit seiner Neugründung 1950 distanzierte sich der Verein von seiner deutsch-nationalen Ausrichtung. Das Leitbild des heroischen Bergsteigens blieb jedoch weiter erhalten. Erst die „1968er“ setzten dem „Bergsteigen der alten Schule“ das Freiklettern und die Philosophie von persönlicher Freiheit und Genuss entgegen. In der Ausstellung vermitteln die spektakulären Aufnahmen von Reinhard Karl das neue Lebensgefühl seiner Generation.
Heute steht der Deutsche Alpenverein nicht mehr allein für Berge und Natur – auch Bergsport in der Stadt und Wettkampfsport prägen den Verein. Aktuelle Porträts illustrieren die Bedeutung des Bergsports in unserer heutigen Welt und schlagen damit den Bogen zum ersten Kapitel der Ausstellung.
Die Ausstellung „Die Berge und wir“ ist zu sehen bis 13. September 2020 zu den Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen 10 bis 18 Uhr.

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