Wie hören sich Münchens Straßen und Plätze an? Wie klingt die Stadt? Auf welchen Frequenzen sendet sie, welche Schwingungen sind wahrnehmbar? Neben dem sichtbaren öffentlichen Raum gibt es vielfältigste unsichtbare Räume des Hörbaren.
Acht Münchner Künstlerinnen und Künstler haben den Wettbewerb „Frequenzen“ des Kulturreferates der Landeshauptstadt München gewonnen und zeigen in ihren temporären Arbeiten die große Bandbreite der klanglichen Dimensionen im öffentlichen Raum. Ihre prämierten Kunstprojekte sind von Mai bis Oktober 2019 dem Sound der Stadt auf der Spur. Als Installation, skulpturale Intervention, Performance, Augmented Reality oder als partizipatives Konzept. Eine Einladung, München neu und unerwartet anders wahrzunehmen – sinnlich, musikalisch, verwirrend, ungewöhnlich, bombastisch – und sehr poetisch.
Die Klanginstallation „Applaus“ der Künstlerin Sofia Dona, geboren 1981 in Athen, die in München lebt und arbeitet) erinnert noch bis 11. Juni, 7 bis 23 Uhr, im Starnberger Flügelbahnhof an diesen Ort als Willkommens-Ort: 1989 für die DDR-Bürger nach dem Mauerfall und 2015 bei der Ankunft
von Flüchtlingen. Das Kunstprojekt lenkt den Fokus auf den damaligen Applaus. Vor dem Hintergrund des aktuellen politischen Klimas und Erstarkens des Rechtsradikalismus stellt Sofia Dona (geboren 1981 in Athen, lebt und arbeitet in München) mit ihrer akustischen Erinnerung die Frage: Wie können wir diesen Applaus heute wahrnehmen? Was löst er jetzt in uns aus? Die Soundinstallation lädt am historischen Ort, der nach den Umbauarbeiten verschwunden sein wird, dazu ein, das Willkommenheißen von 2015 nochmals zu erfahren – im Moment des Umbaus des Münchner Hauptbahnhofs.
Im Rahmen des Projekts wurde im Starnberger Flügel eine Tafel angebracht, die an die Geflüchteten und DDR-Bürgerinnen und -Bürger erinnert.
Das nächste Hörerlebnis gibt es in Schwabing am Forum, Münchner Freiheit, ab 5. Juli 2019. „Stack Overflow“ von der Münchner Künstlerin Barbara Herold ist eine interaktive Augmented Reality (AR) Installation für die Münchner Freiheit.
Die Realität des Forums an der Münchner Freiheit wird dabei um virtuelle Elemente erweitert. In einem ersten Schritt wird das Forum in seine akustischen und architektonischen Fragmente zerlegt, danach regelmäßig von immer wieder neu sortierten 3D-Skulpturen virtuell bombardiert. Zur Eröffnung am 4. Juli wird die Klangkünstlerin Kim Ramona Ranalter (Kim Twiddle) „Stack Overflow“ AR in einem Live-Act weiterverarbeiten.
Eine kurze Oper im öffentlichen Raum erklingt dann im Juli im Münchner Zentrum am Eingang der Kunsthalle München, Theatinerstraße 8, nur für ein paar Tage, von 8. bis 12. Juli 2019, täglich 18 und 19 Uhr: Mathis Nitschke: „Isolde“. Die Fußgängerzone vor der Kunsthalle: Dort taucht eine Obdachlose auf, inmitten lustvoll shoppender, gut gekleideter Menschen.
In der Hoffnungslosigkeit ihrer Existenz verklärt sie alles Gewöhnliche zu Kunst. Alles, was sie hört, wird zu einem romantischen Klagegesang.
Auch die Geräusche aus ihrer Erinnerung fügen sich ein in diese Orchestrierung des urbanen Klangraums. Sich selbst stilisiert sie als ein an Vollendung grenzendes Objekt, das wie Wagners Isolde Erlösung in Tod und Wiederauferstehung in der Liebe findet.