Rund 35.000 Menschen verletzen sich jährlich in Deutschland so schwer, dass sie aus medizinischer Sicht zu den Schwerstverletzten zählen. Patienten mit einem solchen „Polytrauma“ sind auf besonders schnelle medizinische Hilfe und höchste ärztliche und pflegerische Expertise angewiesen. Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie hat zur Behandlung solcher Patienten Richtlinien ausgewiesen ‒ und der Klinik Bogenhausen die höchste Versorgungsstufe bestätigt.
Überregionalen Traumazentren fällt innerhalb eines Notfallversorgungsnetzwerks gerade die Versorgung von außergewöhnlich komplexen Verletzungen zu. Die München Klinik Bogenhausen hat im Rahmen eines Audits erfolgreich nachgewiesen, dass sie für solche Patienten lückenlos aufnahmebereit ist und wurde als eines von fünf „überregionalen Traumazentren“ im Raum München zertifiziert. Die Klinik übernimmt damit Verantwortung in der regionalen und überregionalen Notfallversorgung, da schwerstverletzte Patienten aus dem Umland in ein solches Zentrum überwiesen werden. Sie hält dafür durchgehend Intensiv- und Operationskapazitäten sowie hochqualifizierte Experten aus allen Fachbereichen der Notfallversorgung vor und erfüllt damit die strengen Vorgaben des Zertifikats. Darüber hinaus beteiligen sich die Ärzte als Notärzte an der präklinischen Notfallrettung.
Herzstillstand am Hubschrauberlandeplatz, Herzdruckmassage auf der rollenden Trage: Der Notfall folgt keinen Regeln, nichts ist dann wie im Lehrbuch. Um genau diesen Ernstfall zu üben und auf alle Eventualitäten vorzubereiten, gibt es in der Klinik ein besonders realistisches Notfalltraining. Ins Leben gerufen hat das Florian Lemmink, stellvertretender Gruppenleiter der Pflege im Notfallzentrum Bogenhausen.
Von seinem ersten Megacodetraining, wie die Schulung des strukturierten Vorgehens bei einer Herz-Lungen-Wiederbelebung offiziell heißt, war Lemmink enttäuscht. Er sollte bei einem Fortbildungsinstitut auf dem Stuhl sitzend theoretische Fragen beantworten. „Der Kreislauf ist kollabiert, der Herzrhythmus beträgt 30/min – was machen Sie bei dieser Herzrhythmusstörung?“ Nicht lebensnah, nicht hilfreich.
Wenn Lemmink heute zusammen mit Elisabeth Roßbach-Wilk, Oberärztin im Notfallzentrum Bogenhausen, sein Megacodetraining macht, sitzt kein Teilnehmer gemütlich auf dem Stuhl. Wahlweise in der Parkgarage oder auch am Hubschrauberlandeplatz üben die Mitarbeitenden die Reanimation, müssen auf dem Parkhausboden den Patienten bei Dämmerlicht intubieren. Sechs Stunden lang ist durchgehend höchste Konzentration gefordert. Die Teilnehmer üben jeden Handgriff und die im Ernstfall extrem wichtige Teamarbeit mit klar definierten Aufgaben und Abläufen.
Auch die Dozenten sorgen dafür, dass das Training sehr lebensnah ist. Der Patient lässt sich nicht intubieren, im engen Labor der klinischen Chemie muss reanimiert werden, aber wie? Diese Situationen haben sich Lemmink und Roßbach-Wilk nicht ausgedacht: Sie nehmen sie aus dem Arbeitsalltag in der Notaufnahme, die Ereignisse sind also sehr lebensnah. Mittlerweile schult Florian Lemmink regelmäßig Mitarbeitende aus allen Standorten der München Klinik. Die Nachfrage ist groß ‒ denn am Ende haben alle Teilnehmenden mehr Routine und Sicherheit gewonnen.