Veröffentlicht am 06.11.2020 02:22

Gesammelte Gefühle hinter Glas

Gesammelte Poesie zum Thema "Corona" ist im Juni und Juli rund um die Uhr in einer Ausstellung im Spix, dem Giesinger Mini-Poesiemuseum, zu sehen. (Foto: Poesieboten)
Gesammelte Poesie zum Thema "Corona" ist im Juni und Juli rund um die Uhr in einer Ausstellung im Spix, dem Giesinger Mini-Poesiemuseum, zu sehen. (Foto: Poesieboten)
Gesammelte Poesie zum Thema "Corona" ist im Juni und Juli rund um die Uhr in einer Ausstellung im Spix, dem Giesinger Mini-Poesiemuseum, zu sehen. (Foto: Poesieboten)
Gesammelte Poesie zum Thema "Corona" ist im Juni und Juli rund um die Uhr in einer Ausstellung im Spix, dem Giesinger Mini-Poesiemuseum, zu sehen. (Foto: Poesieboten)
Gesammelte Poesie zum Thema "Corona" ist im Juni und Juli rund um die Uhr in einer Ausstellung im Spix, dem Giesinger Mini-Poesiemuseum, zu sehen. (Foto: Poesieboten)

"Ein Wisch nach rechts / und du bist mein / be my quarantine…" In ihrem Gedicht beschreibt Dea Sinic eine – als Folge der Corona-Maßnahmen – ganz aufs Digitale reduzierte Beziehung. Es ist eines der seit Beginn der Einschränkungen des sozialen Lebens an den Poesiebriefkasten (Wirtstraße 17, 81539 München) geschickten Gedichte. Die Werke kommen aus ganz Deutschland von München bis Chemnitz ‒ und zwei sogar aus der Schweiz.
Viele handeln von der Angst vor dem unbekannten Virus, der als Dämon, Schuft oder Ungetüm bezeichnet wird. „Ey, Corona hau ab!“ ist der Titel eines Songs des achtjährigen Ruben und seiner Mutter. Oft geht es auch um die persönlichen Auswirkungen der Corona-Regeln. Besonders die dichtenden Kinder langweilten sich, auch wenn sie wie Greta aus Neuhausen ein „Corona-Handy ohne (begrenzte) Bildschirmzeit“ erhalten haben. Sie vermissten ihre Freunde und sogar die Schule. Mit 77 Jahren gehört Sonja Keil aus dem fränkischen Helmbrechts zur „Risikogruppe Alter“. Auf verschmitzte Brandner-Kasper-Art schlägt sie dem Virus ein Schnippchen: Mit Hilfe von Löcherjeans und Jugendslang täuscht sie vor, eine Jugendliche zu sein. Der vielfach ausgezeichnete deutsch-iranische Lyriker SAID wiederum hat mit einem seltsam agierenden Fisch eine treffende Metapher für die Hilflosigkeit der Menschen gesetzt.

Die gesammelte Poesie, darunter auch die Werke einer 4. Klasse der Grundschule an der Südlichen Auffahrtsallee, wird im Juni und Juli rund um die Uhr in einer Ausstellung im Spix, dem Giesinger Mini-Poesiemuseum des Vereins Poesieboten, gezeigt. Dort sind sie in den beiden 50er-Jahre-Vitrinen-Schaufenstern in lässiger No-Budget-Manier drapiert, gehängt und geklebt, sodass sie mit ein bisschen Halsstrecken alle lesbar sind. Außerdem bietet der vor dem Spix stehende Bücherschrank kostenfreies Lesefutter zum Mitnehmen. Ein Spaziergang zu der Poesie-Oase an der Ecke Spixstraße/Tegernseer Landstraße 155 lohnt sich also in jedem Fall. Die Ausstellung „Poesie gegen den Corona-Blues“ soll im August im Rahmen des „HauseRaus 2020-Festivals“ des Vereins "Kulturraum München" ins Schlachthofviertel umziehen.
Manche Einsender der Gedichte haben sich auch an den, von Poesiebotin Nicole Hilbrandt ergänzend initiierten, „Glücksmomenten für Senior*innen“ beteiligt. Sie schickten Grußkärtchen mit poetischen Zeilen. Diese werden mit den Poesiekalendern des Vereins vom ASZ Harlaching und Münchenstift Ramersdorf an besonders von den Kontaktsperren betroffene ältere Menschen verteilt.

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