„Die Zahlen sind alarmierend: Allein im Bereich der PI 23, die für Harlaching, Giesing und Teile von Ramersdorf zuständig ist, sind die Zahlen der versuchten Trickbetrügereien in der letzten Zeit um 25 Prozent gestiegen, seit dem letzten Jahr sogar verdreifacht. Gar nicht eingerechnet sind dabei die Vorfälle, die uns gar nicht gemeldet werden“, betont Erster Polizeihauptkommissar Helmut Biermeier. Derzeit konzentrieren sich die organisierten Verbrecherbanden vor allem auf den Trick, sich als Polizisten auszugeben, um so die Angerufenen um ihr Hab und Gut zu bringen. In allen Fällen wurden die betrogenen Personen angerufen. Der Anrufer oder die Anruferin gaben sich dabei als Polizisten aus und erzählten verschiedene Geschichten, um an das Geld ihrer Opfer zu gelangen. „Zum Glück erkennen die meisten der Angerufenen die betrügerische Absicht und legen einfach auf“, so Polizeihauptkommissar Dieter Heumann. Weniger Glück hatte eine 70-jährige Münchnerin am 17. September. Sie wurde von den Tätern aufgefordert, 25.000 Euro von ihrem Konto abzuheben. Die Bankangestellten fragten richtigerweise nach der Verwendung des Geldes. Die Münchnerin gab einen anderen Verwendungszweck an, so dass die Bankangestellten keinen weiteren Verdacht schöpften. Anschließend legte sie die 25.000 Euro in einen Staubsauger und stellte diesen vor ihrem Anwesen in Kleinhadern ab. So konnten die Täter das Geld an sich nehmen. Wer glaubt, das sei ein bedauerlicher Einzelfall, der irrt.
Die AG Phänomene des Kriminalfachdezernats 3 ermittelt seit Mitte September in sechs nennenswerten Fällen, in denen zusammen über 400.000 Euro Schaden entstanden sind. Lediglich in einem Fall in Gräfelfing konnte kürzlich die Übergabe verhindert werden. Hier wiesen die Täter einen über 70-Jährigen an, per Fernzugriff auf seinen Laptop zuzugreifen. Sie bestellten daraufhin Gold im Wert von über 50.000 Euro und ließen dies an die Anschrift des Gräfelfingers liefern. Den ermittelnden Beamten wurde der Sachverhalt bekannt. Sie konnten die Auslieferung des Goldes und die Abbuchung vom Konto des Gräfelfingers stoppen, so dass glücklicherweise kein Schaden entstand.
Die Callcenter, in denen die betrügerischen Anrufer sitzen, befinden sich größtenteils in der Türkei, die Anrufer sprechen akzentfrei Deutsch und sind mit den deutschen Begebenheiten vertraut. Wie noch in den letzten Jahren häufiger vorgekommen, rufen diese Betrüger kaum noch über die Telefonnummer 110 an, sondern haben entweder die Nummer unterdrückt oder aber täuschen die Nummer einer anderen Behörde vor, informieren Helmut Biermeier und Dieter Heumann weiter. „Die echte Polizei würde Sie niemals auffordern, Wertgegenstände vor Ihrem Wohnanwesen oder an anderen Örtlichkeiten abzulegen oder über Fernzugriff auf Ihren Computer zugreifen. Vergewissern Sie sich bitte durch einen Rückruf bei einer Polizeidienststelle, ob es sich tatsächlich um einen Polizeibeamten handeln könnte. Lassen Sie keine unbekannten Personen in Ihre Wohnung, die sich nicht eindeutig legitimieren können“, lautet daher der dringende Apell der Polizeibeamten an die Bevölkerung. Wer sich durch einen Anruf bei seiner zuständigen Polizeibehörde über die Richtigkeit der Angaben informieren will, sollte darauf achten, den Anruf vorher aufzulegen und dann erst erneut zu wählen.
Aber nicht nur als angebliche Polizisten geben sich die Verbrecher aus, sondern auch als Mitarbeiter anderer Behörden. Deshalb gilt auch hier, Vorsicht ist besser als Nachsicht. „Vergewissern Sie sich über einen unabhängigen Anruf bei dieser Behörde, ob der Anrufer tatsächlich in deren Auftrag bei Ihnen angerufen hat“, rät Dieter Heumann und weiter: „Machen Sie am Telefon niemals Angaben über Ihre finanziellen Verhältnisse und teilen Sie keine Bankverbindungsdaten mit.“ Die Betrüger versuchen ihre Opfer massiv unter Druck zu setzen, am besten, man lasse sich erst gar nicht auf ein solches Gespräch ein, lautet deshalb der Rat der erfahrenen Polizisten. Oftmals haben die Täter die Telefonnummern ganz einfach aus dem Telefonbuch. Hier suchen die Täter nach Vornamen, die heutzutage etwas aus der Mode geraten sind und sechsstellige Rufnummern, die auf einen langjährigen Telefonanschluss hindeuten. Diese sind für die Verbrecher ein Indiz, dass sie bei einem Anruf auf lebensältere Menschen treffen. Deshalb rät die Polizei dringend, den eigenen Eintrag im Telefonbuch löschen zu lassen, um erst gar nicht als potenzielles Opfer in Erscheinung zu treten.
Nicht ganz so häufig aber dennoch ebenso gebräuchlich bei den Verbrechern sind der Enkel- und Verwandtentrick sowie ein Gewinnversprechen. Die Anrufe erfolgen unter Vorspiegelung eines Verwandtschaftsverhältnisses, zumeist als Enkel oder Enkelin, laufen nach dem ähnlichen Muster ab. Die Opfer werden, wie schon beschrieben, aufgrund des vorhandenen Telefonbucheintrags und den etwas aus der Mode gekommenen Vornamen ausgesucht. Es wird eine finanzielle Notlage oder ein dringender Bedarf an einer höheren Bargeldsumme vorgegaukelt. Beispielsweise wird den Opfern am Telefon erzählt, dass man ganz schnell Geld für einen Autokauf oder eine Wohnungsersteigerung benötige. Die Abholung erfolgt dann natürlich nicht selbst durch den „Enkel“, sondern durch einen Freund, denn sonst würden die Betrogenen erkennen, dass es sich nicht um den richtigen Enkel handelt. Auch beliebt bei den Betrügern sind die Inaussichtstellung eines hohen Geldgewinns. Immer wieder melden sich Anzeigenerstatter bei der Polizei und berichten von einem Anruf, bei dem mitgeteilt wurde, man hätte bei einem Gewinnspiel das große Los gezogen. Die Gewinnsumme würde wunschgemäß in bar ausbezahlt werden, dafür seien jedoch vorab eine Sicherheits-/Geldtransportfirma und ein Notar zu bezahlen. Die Bezahlung habe per Guthabenkarte, zum Beispiel von Google Play, zu erfolgen. Die Geschädigten werden gebeten, die Karten bei einem Discounter zu erwerben. Wenn dies erfolgt ist, erhalten die Opfer weitere Anrufe und werden aufgefordert, die Karten frei zu rubbeln und bereits vorab zur Kontrolle die Registrierungscodes weiterzugeben. Diese Codes sind für den Empfänger wie Bargeld, mit denen zum Beispiel im Internet eingekauft werden kann. Für all‘ die beschriebenen Fälle gilt, sich nicht auf ein Gespräch einzulassen und aufzulegen. Dann sollte man aber unbedingt die nächste Polizeidienststelle anrufen und den Vorfall zur Anzeige bringen. Immer wieder gelingt es der Polizei die Mittelsmänner, die in Deutschland als „Abholer“ und Geldkuriere tätig sind, zu fassen. Umso mehr Vorfälle einem Täter zugeordnet werden können, umso höher ist das Strafmaß, so die Polizeibeamten. hw