Schnell steigende Infektionszahlen mitten im nasskalten Herbstwetter ließen bereits erahnen, dass weitere Kontakteinschränkungen unumgänglich sein würden. Doch ein erneutes Veranstaltungsverbot? Obwohl keine Infektionsherde nachweislich von einem Zuschauersaal ausgegangen sind? Der „Light-Lockdown“ trifft die Veranstaltungs- und Kulturbranche – wie auch die Gastronomie - zum zweiten Mal bis ins Mark.
Abstandsmarkierungen, leere Stühle, Datenerfassung, ausgefeilte Hygienekonzepte - schnell hatte man sich nach dem Ende des ersten Lockdowns der Herausforderung gestellt und trotz strengsten Auflagen und stark eingeschränkter Wirtschaftlichkeit wieder ein Angebot aus Kultur, Tagungen, Messen und Ausstellungen entwickelt. Dabei stand stets im Mittelpunkt, dass der Gast sich nicht nur sicher, sondern auch wohl fühlt. Mit neuen Bestuhlungsvarianten sollte eine entspanntes Live- Erlebnis möglich bleiben trotz der Einschränkungen wie fehlender Pausen, verkürzter Vorstellungen oder eventuell längerer Wartezeiten. Es wurde viel investiert in Beschilderung, Lüftung, Bestuhlung, Desinfektion, Ausbildung eines Hygienebeauftragten, uvm. Kreative Ideen waren gefragt: So wurde eine ausverkaufte Vorstellung auf vier Vorstellungen aufwendig umplatziert. Der Terminka- lender füllte sich trotz vieler Absagen so langsam wieder. Ob Stefan Zinner, zahlreiche IT-Fortbildungen oder zuletzt die Patchwork-Quiltausstellung – Künstler und Veranstalter zogen an einem Strang. Auch Gäste wie Tagungsveranstalter bescheinigten der Stadthalle eine beeindruckende Organisation und vorbildlich gelöste Sicherheitsmaßnahmen.
Und nun das: Alle Anstrengungen der letzten Monate erwiesen sich obsolet. Der Spielbetrieb muss im November erneut eingestellt werden. Gerade als so langsam das Vertrauen der Gäste in den Veranstaltungsbesuch wiederkehrte. Gerade als erstmals mehr Tickets neu gebucht als storniert wurden. Gerade als wieder mehr Kulturevents durchgeführt als verlegt wurden. Während in anderen Bundesländern „nur“ die Kultur betroffen ist, gilt das Veranstaltungsverbot in Bayern auch für Tagungen, Kongresse und Messen. So werden die Buchungen vom TÜV bis zur Erbschaftssteuerfortbildung abgesagt oder wandern in andere Regionen ab. Eingemietete Kulturveranstaltungen sind bereits bis ins Frühjahr 2022 verschoben. Die Stadthalle versucht derzeit, für die eigenen Kulturveranstaltungen Nachholtermine im Jahr 2021 zu organisieren.
Das Vorgehen der Politik stoße auf Unverständnis – im Team, den Medien wie dem Publikum, so beschreibt die Geschäftsführerin Jutta Kistner die Rückmeldungen. „Gerade weil man so freizügige Lockerungen für private Zusammentreffen zugelassen hat, während die öffentlichen Veranstaltungen streng reglementiert wurden, ist uns nicht klar, warum abermals die Kultur, Tagungen und Messen als vermeintlicher Infektionsherd und Kontaktumschlagspunkt bestraft werden. Unser kleines Team hat sich enorm reingehängt – und das trotz Kurzarbeit.“ Ob man mit einem blauen Auge davonkommt, hängt davon ab, wie lange das Verbot noch ausgedehnt wird und ob Förderpro- gramme greifen. „Wir hoffen vor allem für unsere Partner, für die freiberuflichen Künstler, Agentu- ren, Gastspieldirektionen und Technikdienstleister. Für viele ist es nun das endgültige Aus. Die Überbrückungshilfen sind oft nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Es ist eine Frage der Perspektive. Einige Kollegen im beruflichen Umfeld haben sich bereits in krisensichere Branchen umorientiert und der Kultur den Rücken zugekehrt. Sie sind auch für die Zeit nach der Pandemie unwiederbringlich verloren. Das Angebot auf Knopfdruck wieder hochzufahren – das wird nicht klappen. Der Veranstaltungswirtschaft fehlt scheinbar die Lobby.“, so Kistners Einschätzung. Doch nur abzuwarten und Tee zu trinken, sei für die Stadthalle keine Option. Man werde die Zeit nutzen, um alles, was in der hektischen Hochphase der ersten Verlegungswelle seit März liegen geblieben ist, aufzu- arbeiten, die Saison 2021/22 zu planen und das Unternehmen für die Zukunft fit zu machen, ins- besondere in Digitalisierung und künftiger Vermarktung noch besser aufzustellen. Gerade hybride Events, eine Mischung aus Präsenz- und Onlineelementen, sind durch die Krise im Tagungsseg- ment gefragter denn je. „Wir fahren weiter auf Sicht und hoffen, dass uns das Publikum nicht vergisst.“.
In den kommenden Tagen werden alle Einzelheiten zu den Terminen im November bekannt gege- ben werden. Trotz Verlegung gilt, wie bisher, bereits gekaufte Tickets behalten Ihre Gültigkeit für den genannten Ersatztermin. Kartenbesitzer müssen also nichts weiter unternehmen – nur den Termin in ihrem Kalender notieren. Über die Homepage www.stadthalle-erding.de können sich In- teressierte über den aktuellen Stand informieren.