Wir sind im Endspurt. Weihnachten kommt! Coming Home for Christmas. Das mit der staaden Zeit hat wieder mal nicht geklappt. Und schon sind wir am Jammern. Wenn nur der Stress nicht wäre, wenn die ganzen Plätzchen nicht wären, die dann auch gleich auf die Hüfte schlagen, ja wenn‘s einfach mal staad wäre. Manchmal wird beklagt, dass wir Weihnachten nur aus Sentimentalität feiern. Kann auch sein! Trotzdem übt Weihnachten einen Zauber aus. Sicher, dass der Christbaum heidnischen Ursprungs ist, wissen wir. Dass mit dem Weihnachtsfest ein massives geschäftliches Interesse verbunden ist, ist auch nicht neu. Es macht nachdenklich, dass der weihnachtliche Friede oft nur von kurzer Dauer ist - in der Welt und in vielen Familien. Trotzdem, über allen Widersprüchlichkeiten steht etwas, das kaum in Worte zu fassen ist: Die Erinnerung, dass es wirklich staad sein kann. Dass es duftet in der Küche, weil sich irgendjemand für mich Zeit genommen hat. Dass die Glocken wirklich süß klingen und es friedlich um uns wird.
Oft sind das Kindheitserinnerungen. Und die sind in uns so tief vergraben, dass wir uns jedes Jahr wieder aufmachen, um diese alte Geschichte zu sehen, zu hören und sie in uns zum Klingen bringen wollen. Weihnachten hat mit der Sehnsucht zu tun, geborgen und zu Hause zu sein. Der Stall von Bethlehem gehört dazu. Niemand soll ausgeschlossen sein. Und doch, wenn ich Sie nach Weihnachten fragen würde, ob Sie das glauben, vielleicht würde ich nur ein Schulterzucken ernten. Es gibt unter uns immer Ausgeschlossene, wir schließen andere aus oder gehören selbst zu Ausgeschlossenen.
Das aber ist Weihnachten: Gott schließt nicht aus. Egal, was war und ist. Über dem Stall von Bethlehem stand kein Schild: "Zutritt verboten". Weihnachten hat natürlich mit dem Kinderglauben zu tun, mit leuchtenden Augen, weil nur Kinder so ausschließlich und ohne Zweifel glauben können. Weil nur Kinder so ausschließlich erwarten können und voller Spannung sind: Das Christkind kommt. "Fest der Liebe" sagen wir. Das ist unsere Sehnsucht.
Vielleicht gehen Sie am Heiligen Abend in einen Weihnachtsgottesdienst, um die Geschichte zu hören, die da passiert ist. Die Geschichte von dem Jesuskind in der Krippe. Kann sein, dass der eine aus Neugierde geht, ein anderer, weil ihn der Engel beeindruckt hat und wieder andere, weil sie hoffen, dass alles anders wird.
Weihnachten, das ist plötzlich und überraschend, unerwartet und widersprüchlich. Und dann ist Szenenwechsel. Der geschmückte Baum, das Funkeln des Weihnachtszimmers, Ruhe. Die Worte des Engels haben die Hirten in Bewegung gesetzt. Und sie kamen eilend. Ich befürchte, dass wir mit den Hirten nicht Schritt halten. Die Hirten hatten nicht viel Gepäck, sie sind losgezogen, wie sie waren.
Für uns ist es die Reise mit mehr Gepäck. Eilend stellt sich Weihnachten längst nicht mehr ein. Weil wir nicht das Zutrauen zu den Gestalten dieser Geschichte haben: Zu den Hirten, den Königen, den Engeln. Weil wir so viel zu tragen, aber so wenig zu bringen haben. Trotzdem, lasst uns nach Bethlehem gehen, die Geschichte sehen. Auch, wenn wir länger brauchen als die Hirten.
An Weihnachten werden die Menschen gefühlsduselig, sagen manche. Sogar Kriege werden deshalb manchmal unterbrochen. Mag sein, dass Weihnachten einen Zauber ausübt. Mag sein, dass wir gefühlsduselig werden. Warum nicht? Coming Home for Christmas!

Pfarrer Bernhard Götz,
Evang.-Luth. Kirchengem. Heilig-Geist/Olympiakirche