Veröffentlicht am 28.03.2018 11:01

„Zweifel gehört dazu”


Von Tanja Beetz
Wir sind vergänglich - unsere Gräber auch. Alte Grabsteine am Sollner Waldfriedhof ergeben sich dem Lauf der Zeit. (Foto: job)
Wir sind vergänglich - unsere Gräber auch. Alte Grabsteine am Sollner Waldfriedhof ergeben sich dem Lauf der Zeit. (Foto: job)
Wir sind vergänglich - unsere Gräber auch. Alte Grabsteine am Sollner Waldfriedhof ergeben sich dem Lauf der Zeit. (Foto: job)
Wir sind vergänglich - unsere Gräber auch. Alte Grabsteine am Sollner Waldfriedhof ergeben sich dem Lauf der Zeit. (Foto: job)
Wir sind vergänglich - unsere Gräber auch. Alte Grabsteine am Sollner Waldfriedhof ergeben sich dem Lauf der Zeit. (Foto: job)

Mit dem Osterfest feiern die Christen das höchste Fest im Kirchenjahr: Jesus ist auferstanden. Darum hoffen die Christen auf das ewige Leben. Es ist die Zeit des Innehaltens, des sich Bewusstwerdens um die eigene Endlichkeit. Doch wer denkt im Alltag schon gerne über das Sterben nach? Viel zu sehr ist er doch geprägt von Terminen, Leistungsdruck und dem Streben nach ewiger Jugend. Stellt sich die Frage: „Ist das Bewusstsein in der heutigen hektischen Zeit dafür verloren gegangen, dass Leben und Tod untrennbar miteinander verknüpft sind?” Ulrike Fries-Wagner, Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Weilheim, meint dazu: „Der Tod gehört zum Leben. Wir denken nur selten daran. Sterben geschieht heute in dafür vorgesehenen Einrichtungen und kaum noch zuhause.” Wir haben Geistliche zum Thema Leben und Tod befragt.

„Trauer darf einen Platz haben”

Georg Rieger, Leiter des katholischen Pfarrverbands Laim:

Das zentrale Wort christlicher Botschaft: „Jesus ist gestorben und auferstanden” findet immer weniger Zeitgenossen, die damit etwas anfangen können. An Ostern werden wir allerdings, wie übrigens an jedem Grab mit christlicher Symbolik, daran erinnert, dass die irdische Existenz nicht die einzige für den oder die ist, welche an Gott, den Erschaffer von Himmel und Erde glauben. „Es ist noch keiner zurückgekommen!” – so lautet der Entschuldigungssatz derer, die hadern und zweifeln. Zweifel gehört dazu und es wäre vermessen zu behaupten, wer glaubt, der hadert nicht. Klein und bedürftig stehen wir da vor dieser großen Zusage der Heiligen Schrift, die bei jeder katholischen Beerdigung rezitiert wird: „Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben.” (Johannesevangelium im 11. Kapitel, Vers 25). Christus selber nimmt also jeden Christen und damit Hoffenden auf ewiges Leben, hinein in seine Auferstehungszusage. Tod – braucht nicht weggeschoben zu werden und Trauer darf einen Platz haben, weil sie nicht grund- und hoffnungslos ist.

„Der Glaube nimmt den Schrecken”

Ralf Honig, Pfarrer evangelische Gethsemanekirche Sendling-Westpark:

Der Tod wird heute weithin verdrängt. Der Focus liegt auf der Optimierung des Lebens. Viele denken: Ich muss das Maximale herausholen. Der Wert meines Daseins bemisst sich daran, was ich daraus mache. Die Folge davon ist großer Leistungsdruck, selbst in der Freizeit. Ein gnadenloser Umgang mit den eigenen Ressourcen. Umso schlimmer, wenn der Tod mitten ins Leben tritt. Er ist dann ein Störfall. Wo es keine Hoffnung über den Tod hinaus gibt, wird er als totale Katastrophe empfunden. Der Glaube an die Auferstehung nimmt dem Tod den Schrecken. Weil er nicht das Ende ist, muss ich im Leben nichts erzwingen. Für Gott bin ich wertvoll, unabhängig von meiner Leistung. Er wird mein Leben in seiner neuen Welt vollenden.

„Ein erster Trost”

Engelbert Birkle, Pfarrer katholische Pfarreiengemeinschaft Weilheim:

Da ist jemand gerade verstorben. Manchmal werde ich dazugerufen. Der Tod, selbst dann wenn er erwartet wurde, hat eine Wucht. Die Angehörigen stehen am Bett des Verstorbenen und spüren die Endgültigkeit des Todes. Sie erfahren, wie eng Tod und Leben verbunden sind. Da ist das Bewusstsein für Leben und Tod in aller Klarheit (wieder) da. Bei allem Schmerz, der dann im Raum ist, gehört zu diesen Momenten am Totenbett oft auch ein großer Frieden, tiefe Dankbarkeit und ein erster Trost. Natürlich wird versucht, den Tod zu beherrschen, ihn irgendwie wegzuhalten, sich der Nähe von Tod und Leben nicht zu stellen. Die Möglichkeiten dazu sind heute vielfältig. Aus meiner Erfahrung sind alle zu ermutigen, diesen Angeboten nicht nachzugeben. Tod und Leben gehören zusammen. Schmerz und Trost auch. Wer sich dem Schmerz öffnet, der wird auch Trost finden. Es zeigt sich, was Jesus in der Seligpreisung sagt: „Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden.”

„Auf Gottes Zusage vertrauen”

Katharina Storch, Diakonin evangelische Reformations-Gedächtnis-Kirche und Simeonskirche Hadern:

Leben und Tod – so unterschiedlich und doch so nah miteinander verknüpft. In der Osterzeit wird uns das als Christen wieder bewusst. Der Tod Jesu am Kreuz und die Auferstehung in das Leben. Schwarz und Weiß. Endlich und unendlich. Also ich muss mir immer wieder bewusst vergegenwärtigen, dass beides so untrennbar miteinander verknüpft ist. Ein tröstender und hoffnungsvoller Gedanke hilft mir: Für mich als Diakonin sind diese beiden Worte Gegenstand meines Glaubens. Die Begleitung Gottes im Leben und im Tod sind für mich wesentliche Grundpfeiler in meinem Leben. Da spüre ich ein Bewusstsein und das Gefühl, dass Gott mich in beidem trägt. Mit dem Glauben meine ich, dass ich auf Gottes Zusage vertrauen kann und in dieser Zusage leben kann. Damit wird es für mich einfacher, diese wichtige Lebensthemen, Tod und Leben, in eine Verknüpfung zu setzen, die zu meinem und zu jedem anderen Leben gehört. Dann traue ich mich auch, beides zu denken.

„Viele kleine Tode mitten im Leben”

Hans-Martin Köbler, Pfarrer evangelische Himmelfahrtskirche Pasing:

Leben und Tod gehören zusammen: Kein Leben ohne Tod. Kein Tod ohne vorangegangenes Leben. Fragt sich nur: Was haben wir im Blick? Und wann? Was prägt meinen Alltag, meine Gedanken und Gefühle? Mag sein, dass die moderne Hektik dem Nachdenken über die Zusammenhänge oft in die Quere kommt. Doch auch Betriebsamkeit hat Grenzen: Im Stau, im Bus oder beim Warten auf die nächste Bahn. Es gibt sie, mitten im Leben: Die vielen kleinen Tode. Stillstand und stockender Verkehr. Abschiede von dem, was einem lieb ist und vertraut. Beziehungen zerbrechen. Am Ende zerstört der Tod das Leben. Die Ostergeschichte dreht den Spieß um. Wir Christen sagen: Jesus ist auferstanden. Das Leben besiegt den Tod. Jedes Lächeln, jede Wohltat, jeder gute Witz erzählt davon. Das uralte Osterlachen hat das immer schon gewusst: Halleluja-haha!

„Weniger Teilnahme als früher”

Martin Bickl, Pfarrer, Leiter des katholischen Pfarrverbandes Eichenau-Alling:

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