Schönes Wetter ist unabdingbar für eine funktionierende Sonnenuhr: Sowohl für die Zeitanzeige als auch für die Bauphase. Dank der sonnigen Tage Anfang September zählt nun auch in Neuaubing eine Sonnenuhr die Stunden. Dieses nicht alltägliche Geschenk erhielt Dr. Peter Riedner im März von seiner Frau zum 75. Geburtstag. Durch Corona musste die Fassade des Wohnhauses in Neuaubing bis jetzt auf die Realisierung der Idee warten. Nach vorläufigen Recherchen ist das die erste Sonnenuhr in diesem Münchner Stadtviertel.
„Den Miteigentümern haben wir den Entwurf des Bauingenieurs, Dr. Dieter Birmann, geschickt, damit sie sich ein Bild von unserem Vorhaben machen konnten. Schließlich sollten sie alle dem Projekt zustimmen, denn als das Haus 2014 gebaut wurde, war ein solches Attribut an der Fassade nicht vorgesehen“, erläutert Carmen Kühnl, die die Idee zu diesem Geschenk hatte. „Wir haben uns sehr gefreut, dass die Hausgemeinschaft mit dem Projekt einverstanden war.“
Eine Sonnenuhr verschenkt man nicht alle Tage. Aber bei den Neuaubingern sind einige günstige Faktoren zusammengekommen: „Mein Mann ist seit Kindesbeinen ein passionierter Gartler. Aus seinem Garten hat er zeitlebens Freude und Entspannung geschöpft. Besonders in der stressigen Zeit, als er noch Direktor am Gymnasium München-Moosach war, wurde sein Garten für ihn zur Kraftquelle. Ich wollte ihm etwas schenken, was zur Entschleunigung im Ruhestand beiträgt und was er in seinem Garten genießen kann”, erzählt Carmen Kühnl. „Für so ein Projekt braucht man den richtigen Fachmann. Unser Freund Dr. Dieter Birmann aus Lochhausen beschäftigt sich seit Jahrzehnten autodidaktisch mit Sonnenuhren. Bei einigen seiner Vorträge haben wir mitbekommen, wie spannend das Thema sein kann. Seither fotografieren wir für ihn in jedem Zipfel der Welt Sonnenuhren und freuen uns, wenn er sie nicht schon in seiner Sammlung hat.“
Peter Riedner ist sehr stolz auf sein Geschenk: „Meiner Frau und Dieter Birmann ist mit dieser Sonnenuhr eine Riesenüberraschung gelungen. Ich freue mich auf jeden Tag, an dem ich nun im Garten die heiteren Stunden ablesen kann.“
Jede Sonnenuhr von Dr. Birmann ist ein maßgeschneidertes Unikat, in dem nicht nur viel Expertenwissen und Rechenarbeit, sondern ebenso viel Handarbeit stecken. „Bei dieser Neukonstruktion an der Südseite eines Wohnhauses lag mir sehr daran, die Gestaltung der klaren Architektur aus den 2010er Jahren anzupassen. Deshalb wählte ich zu den linearen blauen Stundenlinien passende schnörkellose Ziffern und Buchstaben aus“, so der Gnomoniker – wie man diese Fachleute auch nennt. Den schattenwerfenden Polstab positionierte ich erdachsparallel.“
Eine Besonderheit der Sonnenuhr ist eine orange Linie – eine Hommage an Dr. Riedner. „Dem Anlass entsprechend habe ich eine Geburtstagslinie *22.3. konstruiert, auf der an diesem Tag der Lichtpunkt der Lochscheibe am Ende des Polstabs über das Zifferblatt wandert. Gerne erläutere ich der Hausgemeinschaft bei der Einweihung die weiteren Funktionen.“
Im Münchner Westen hat der Sonnenuhrexperte sein Fachwissen auch an anderen Stellen eingesetzt. So konnte er Münchens älteste Sonnenuhr der Spätgotik in der Blutenburg zeichnerisch rekonstruieren und die von St. Wolfgang in Pipping sowie die von St. Peter und Paul in Allach restaurieren. Auch das Landesamt für Maß und Gewicht in Nymphenburg ziert ein farbig expressives, von ihm behutsam restauriertes Exemplar der 1920er Jahre. Beim Auftrag für historische und neue Sonnenuhren liegt es ihm vor allem am Herzen, die Gestaltung der Bauzeit und Architektur des Gebäudes anzupassen. Auf seiner Website beschreibt der Experte einige seiner nun 20 Exemplare und gibt Einblick in sein faszinierendes Fachgebiet ( www.sonnenuhren-manufaktur.de ).