„Mädchen sind bevorzugt Opfer“, beginnt der Schulleiter des Pasinger Bertolt-Brecht-Gymnasiums, Helmut Satzl, seine Gedanken zu Gewalt und Gewaltprävention und nimmt „seine“ Mädels damit zuerst einmal in Schutz. Selbstbehauptung misst er den größten Stellenwert bei. Das beginne bereits in der fünften Klasse, wenn er in Zusammenarbeit mit der MVG Schulungen anbiete zum sicheren Schulweg auf dem Rad, in der Bahn und im Bus.
Die Mädchenbeauftragte Kirstin Zakrzewski, erste Ansprechpartnerin für das Wohl und Wehe der Mädchen und Organisatorin der Selbstbehauptungskurse erklärt engagiert: „Mir geht es nicht um Grifftechniken, sondern darum den Mädchen ihre Möglichkeiten zu zeigen.“
Die Mädchen brächten ihre Ängste häufig schon mit zur Schule, so Zakrzewski. „Wir können diese Bilder aufbrechen und einen angstfreien Umgang mit den Situationen üben.“ Eine reine Mädchenschule sei dafür geschützt genug, dass die Mädchen auch aus sich heraus kommen, Hemmungen ablegen und nicht scheinbar stärkere und mutigere Jungen vorschickten.
Zakrzewskis Ziel sei es vor allem, die Mädchen sensibel für ihre Umwelt zu machen. „Dazu gehört, gefährliche Situationen zu erkennen, Hilfe organisieren zu können, eigentlich Zivilcourage im weitesten Sinn.“
Doch wo viele Schüler an einem Ort sind und der Leistungsdruck sie täglich an ihre Grenzen treibt, entlädt sich der Frust ganz natürlicherweise in den zwischenmenschlichen Beziehungen. Das fängt beim allgemeinen Schimpfen über die Lehrer an, geht bei der Grüppchenbildung weiter und kann schnell in Gestänker oder Mobbing übergehen.
Zakrzewski dazu: „Als Mädchenschule haben wir weniger mit körperlicher Gewalt zu tun.“ Aber wortgewandte Mädchen wüssten auch so, wie man sein Gegenüber verletzen kann. „Die heutige Sprache birgt viel subtile Gewalt. Ausgrenzung, seelische Verletzungen und Provokationen sind die Folge.“
Kein Wunder, dass die Schule sich verstärkt um Mobbing kümmert. „Wir sind sehr aufmerksam und haben die Augen offen“, pflichtet Satzl bei. Bei Mobbingfällen würde schnell die Schulpsychologin Heike Ampers hinzugezogen. Sie hat ein Modulsystem entwickelt, um alle aus der Mädchengemeinschaft schnell wieder in ein Boot zu holen.
„Dafür stehen die Zeit-für-uns-Schulstunden zur Verfügung. Wir nutzen aber auch Klassenfahrten dazu“, meint Satzl. Auch ein fächerübergreifender Unterricht zu Themen wie Ausgrenzung oder Respektlosigkeit setze er ein.
„Doch die Theorie ist das eine, die Umsetzung in die Praxis eine ganz andere“, betont Satzl. Denn es gebe auch die eine oder andere Beschwerde aus der nahen Hauptschule über Beleidigungen auf dem Schulweg. „Die Mädchen müssen ihre Erkenntnisse eben ins Leben holen“, so Satzl. So gesehen seien sie eben doch nicht nur Opfer.