Veröffentlicht am 05.11.2009 13:05

Das Ende kam per E-Mail


Von SE
„Lächeln können wir jetzt aber nicht mehr”, erklärten Hannelore und Markus Händl dem Fotografen. Nach der Quelle-Insolvenz können sie vielleicht auch den Postservice nicht mehr länger erhalten. (Foto: SE)
„Lächeln können wir jetzt aber nicht mehr”, erklärten Hannelore und Markus Händl dem Fotografen. Nach der Quelle-Insolvenz können sie vielleicht auch den Postservice nicht mehr länger erhalten. (Foto: SE)
„Lächeln können wir jetzt aber nicht mehr”, erklärten Hannelore und Markus Händl dem Fotografen. Nach der Quelle-Insolvenz können sie vielleicht auch den Postservice nicht mehr länger erhalten. (Foto: SE)
„Lächeln können wir jetzt aber nicht mehr”, erklärten Hannelore und Markus Händl dem Fotografen. Nach der Quelle-Insolvenz können sie vielleicht auch den Postservice nicht mehr länger erhalten. (Foto: SE)
„Lächeln können wir jetzt aber nicht mehr”, erklärten Hannelore und Markus Händl dem Fotografen. Nach der Quelle-Insolvenz können sie vielleicht auch den Postservice nicht mehr länger erhalten. (Foto: SE)

„Zauberhafte Winterzeit” steht auf dem Quelle-Katalog, der noch auf dem Verkaufstresen liegt. Udo Köhler wird die nächsten Wochen aber voraussichtlich ganz und gar nicht als zauberhaft erleben. Seit 24 Jahren leitet er eine Quelle-Filiale in Germering, die seine Mutter schon 1974 eröffnet hat. Der Laden feierte dieses Jahr seinen 35. Geburtstag. Die große gelbe 35 klebte noch auf dem Schaufenster, als Köhler vor zweieinhalb Wochen vom offiziellen Ende erfuhr – per E-Mail.

„Am 19. Oktober um halb zwölf habe ich eine Nachricht von einem Quelle-Mitarbeiter bekommen, in der dieser mir mitgeteilt hat, dass es aus ist”, so Köhler. Vorbereitet war der 52-Jährige darauf nicht: „Wir haben noch vor einigen Wochen eine Verlängerung unserer Verträge zugesagt bekommen und es hieß, dass Quelle mit bis zu 1.000 Shops deutschlandweit vertreten bleiben will.” Angekommen sind diese Verträge nicht mehr.

Aus der Presse erfahren

Markus Händl, Inhaber der Quelle-Bestellannahme in Lochhausen, wäre dagegen schon froh gewesen, wenn überhaupt jemand mit ihm gesprochen hätte. Er hat von der Quelle-Insolvenz nur aus der Presse erfahren: „Bis heute hat mir keiner gesagt, wie es jetzt weitergeht.” Dementsprechend groß ist die Enttäuschung auf Seiten der Inhaber.

„Bei einer Insolvenzabwicklung wird eben keine Rücksicht auf Gefühle genommen”, sagt Köhler mit resigniertem Gesichtsausdruck und klingt dabei doch erstaunlich gefasst. Schlimm sei auch die Unsicherheit: „Wir sind im Moment vom Bestellsystem abgeschnitten, aber vielleicht kommen wir am Freitag und Samstag noch einmal ins Programm”, erklärt Köhler einer Kundin, die gerne einen CD-Spieler kaufen möchte. Vorrätig hat er in seinem Laden keinen mehr.

„Gestern war ein großer Andrang. Es waren über 100 Leute hier, was für das kleine Geschäft schon enorm ist”, berichtet er. So sind die Regale leer gefegt. Nur ein paar wenige Restartikel warten noch auf einen Käufer. Die Kundin zeigt Anteilnahme am Schicksal des Ladens: „Wir drücken Ihnen die Daumen!” Viele Germeringer wie zum Beispiel Jürgen Biffar vom Germeringer Gewerbeverband kennen das Geschäft schon seit ihrer Kindheit: „Ich finde es aber super, dass Herr Köhler weitermachen will. Andere jammern nur und beklagen ihr Schicksal”, so Biffar.

Warten auf die Abwicklung

Udo Köhler will seinen Laden für den Otto-Versand weiterführen. Der Konzern sei nach dem Bekanntwerden der Quelle-Insolvenz an ihn herangetreten. Darin sehe er seine Zukunft: „Die Menschen hier in Germering sind froh, wenn ein solcher Shop da ist”, meint er. Gerade viele ältere Leute wollen nicht über das Internet bestellen, schätzen dagegen aber die individuelle Beratung und den persönlichen Kontakt vor Ort. Köhler möchte sobald wie möglich mit Otto starten, vielleicht schon im November: „Doch zunächst muss ich warten, bis ich abgewickelt werde und das kann eine Weile dauern, weil die Quelle-Verwaltung im Moment sehr überlastet ist.”

Köhler und Händl sind nur zwei von mehreren Tausend Quelle-Shop-Inhabern in Deutschland, die momentan nicht wissen, wie und in welchem Zeitraum die Abwicklung vonstatten geht. Informationen von offizieller Stelle gibt es kaum: „Es ist schon komisch. Sonst ist einem immer genau vorgeschrieben worden, wie man den Laden nach außen kommunizieren soll, vor allem was die Präsentation der Waren betrifft, und nun hört man auf einmal gar nichts mehr”, erklärt Händl. In Lochhausen lief das Quelle-Geschäft schon über längere Zeit schlecht: Es gab seit fünf Monaten keine einzige Bestellung. In den letzten Tagen seien zwar vermehrt Anfragen gekommen, jedoch vor allem weil sich die Kunden um ihre Garantieleistungen sorgen.

Aus für Postservice?

Den kleinen Laden an der Hentschelstraße gibt es bereits seit sieben Jahren. Als damals die Postfiliale des Ortes schließen musste, hat sich Markus Händl, der selbst aus dem Einzelhandel kommt, dazu entschlossen, den Postservice weiterzuführen. Allein von diesem kann sich jedoch das Geschäft nicht über Wasser halten: „Wir bekommen nur eine Pauschale von 300 Euro im Monat. Dafür können wir den Laden eigentlich nur eine Stunde am Tag öffnen”, so Markus Händl. Deshalb baute er seinen Laden 2002 auch noch zum Quelle-Shop aus. Da jedoch der erforderliche Umsatz von 15.000 Euro nicht erbracht wurde, wandelte man den Laden auf Weisung des Konzerns in eine Quelle-Bestellannahme um. „Das hieß für uns weniger Sonderzahlungen und weniger Investitionen in Werbemittel”, erläutert der junge Inhaber.

Wie Köhler will auch Händl auf den Otto-Versand umsatteln und dafür den Bestellservice übernehmen. Zudem wird er seinen Reinigungs- und Schuhreparaturservice sowie die Änderungsschneiderei ausbauen. „Wir hoffen auch, dass wir die Menschen, die in das Neubaugebiet ziehen, als neue Kunden gewinnen können”, so Hannelore Händl, die Mutter des Inhabers. Spätestens Mitte des nächsten Jahres soll sich zeigen, ob sich der Laden in der veränderten Konstellation trägt. „Wenn nicht, dann müssen wir schließen und damit natürlich auch der einzige Postservice vor Ort”, erklärt Markus Händl.

Um auf diese Situation aufmerksam zu machen und gegen die „Ausbeutung ein Zeichen zu setzen”, wie es Hannelore Händl nennt, hat der Laden während der Schulferien und an Brückentagen nur noch eine Stunde geöffnet. Die Erzieherin erhofft sich davon, dass den Lochhausern bewusst wird, dass ihre Postfiliale kurz vor dem Aus steht. „Uns trifft die Quelle-Insolvenz ganz hart”, sagt Markus Händl, „außerdem hätte ich bei der Abwicklung der Filialen von Quelle schon mehr erwartet, zumindest aber, dass wir informiert werden.”

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