Es war eine Zeit, in der im Krankenhaus Ebersberg Rohrpost verschickt wurde. An Faxgeräte oder E-Mail war noch kein Denken. 1974 war aber auch das Jahr, in dem die heutige Kreisklinik Ebersberg eine Intensivstation eröffnete, ein Ort, an dem Menschen mithilfe von modernen technischen Geräten behandelt werden. Xaver Plank (79) aus Ebersberg war damals unter den ersten Pflegekräften der neuen Station. Bei einem Besuch auf der heutigen Intensivstation erinnert er sich an die Anfänge.
„Mit sieben Pflegekräften für zehn Betten hat unsere Intensiv 1974 angefangen“, erzählt Xaver Plank dem Leiter der heutigen Intensivstation der Kreisklinik Ebersberg. Der drückt einen Schalter und die Eingangstür zur Intensivstation öffnet sich. Richard Haslbeck stellt Xaver Plank kurz einigen Pflegekräften vor: „Das ist der Xaver. Er war einer der ersten in der Pflege auf der Intensivstation vor 50 Jahren.“ Das Verhältnis 7:10 von Pflegekräften zu Betten von damals teilt er auch mit dem Team. „Sportlich“, ist die anerkennende Antwort einer Kollegin.
Denn heute arbeiten rund 50 Pflegekräfte im Dreischichtbetrieb auf der Intensivstation der Kreisklinik Ebersberg, die jetzt 14 Intensivbetten und sechs Betten der sogenannten Intermediate Care – einer Art Mittelding zwischen Intensiv- und Normalstation – umfasst. Mit modernster Medizintechnik und einem Team aus spezialisierten Ärzten, Pflegekräften und Therapeuten bietet „die Intensiv“, wie sie im Krankenhaus nur genannt wird, eine umfassende Betreuung für schwerstkranke Patienten, die beispielsweise beatmet werden müssen.
„Damals waren die Betten nur durch Vorhänge voneinander abgetrennt“, erinnert sich Xaver Plank, der mit Richard Haslbeck in dessen Büro alte Fotos ansieht. Heute sind es Wände und Glasscheiben, unter anderem, um vor Infektionen zu schützen. Auf einem der wenigen Bilder aus dieser Zeit sieht man Xaver Plank im weißen Kittel an einem Patientenbett. Er saugt mit einem Gerät die Atemwege eines Patienten ab. Inzwischen sei die Arbeitskleidung auf Intensiv der Kasack, stellt Richard Haslbeck fest, also ein eng geschnittenes Oberteil mit Stoffhose in Dunkelblau. Das sei hygienischer und praktischer, weil man nirgends hängenbleibe, ergänzt Xaver Plank.
Was auf einem der Fotos der jungen Ebersberger Intensivstation auch zu sehen ist: ein erhöht aufgebauter Arbeitsplatz mit Schreibtischen, die sogenannte Kanzel. Von dort aus konnten Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte den Überblick über Patientinnen und Patienten bewahren, erklärt Xaver Plank. Die Menschen, die er dort als Pfleger betreute, hatten zum Teil dieselben Erkrankungen wie heutige Intensivpatienten; einen Herzinfarkt etwa. Aber es gibt auch Fälle, die damals standardmäßig zu ihm auf Intensiv kamen, heute aber nicht mehr: Frauen, die gerade ein Baby per Kaiserschnitt entbunden hatten, zum Beispiel.
Xaver Plank war Anfang der 1970er Jahre als Mann in der Pflege ein Exot. Seine zusätzliche Ausbildung in der Intensivpflege, die er in Nürnberg gemacht hatte, gab es noch nicht lange. Unter den Ebersberger Intensiv-Pflegekräften der ersten Stunde war er der einzige Mann. Männer im Pflegeberuf sind zwar auch noch heute die Minderheit. Aber gerade auf der Intensivstation hat sich ihr Anteil erhöht: „Bei uns ist der Anteil an Männern in der Pflege bei etwa einem Viertel“, sagt Richard Haslbeck.
Bei Xaver Plank war es aber seine Frau – eine examinierte Krankenschwester –, die ursprünglich die Idee hatte, sich im Bereich der Intensivpflege weiterzubilden. Umgesetzt haben sie es gemeinsam und sind dann nach Ebersberg gekommen. Geräte zu bedienen, die Menschen benötigen, die schwer erkrankt oder verletzt sind, davor hatten beide keine Scheu. Die erste Intensivstation der Welt war da fast 20 Jahre alt. Sie war 1954 in Dänemark entstanden – als Folge einer hohen Zahl an Polio-Erkrankten. Ein großer Teil dieser Menschen musste beatmet werden, weil Polio auch die Atemtätigkeit lähmen kann.
Als die Planks in der Region östlich von München in der Intensiv-Pflege eine Stelle suchten, standen ihnen viele Krankenhaus-Türen offen. Denn auch kleine Kliniken wollten nun Intensivstationen aufbauen. Die Klinik in Ebersberg stach für Xaver Plank heraus: „Vom Geschäftsführer über den Personalleiter bis hin zum Hausmeister standen alle hinter der Idee, diese Station aufzubauen und haben das unterstützt. Das war super!“
Zunächst habe er im Lager, wo heute die Kapelle der Kreisklinik Ebersberg ist, Ausrüstungsgegenstände abgeholt und auf der Intensivstation installiert. Sie lag nicht im dritten Stock, wie heute, sondern auf Ebene zwei, wo inzwischen Verwaltungsbüros untergebracht sind. Daran erinnert sich auch Richard Haslbeck noch. Er hat seine Ausbildung in der Kreisklinik Ebersberg gemacht und kennt Xaver Plank seit dieser Zeit. Der Standort hatte ein großes Plus: Der Aufzug sei direkt in die Intensivstation gefahren. Jetzt ist der Aufzug außerhalb der Station, ein paar Schritte über den Gang.
Xaver Plank und Richard Haslbeck stehen inzwischen in einer leeren Kabine, einem Zimmer der Intensivstation, in dem gerade kein Patient liegt. Auch wenn Xaver Plank nun schon über zehn Jahre in Rente ist und er seine letzten Berufsjahre an der Kreisklinik Ebersberg nicht mehr auf der Intensivstation gearbeitet hat: Die Geräte im Raum erkennt er sofort. Beatmungsgeräte, Perfusoren – sie versorgen Patienten automatisch mit Medikamenten, die sonst gespritzt werden müssten –, Monitore, an denen unter anderem die Aktivität des Herzens abzulesen ist. Sie sehen allerdings etwas anders aus als 1974, findet Xaver Plank. Sie können auch mehr und sind vor allem digital. „Wenn damals ein Monitor Alarm geschlagen hat, hat er automatisch ausgedruckt, wie die Herzaktivität aussieht. Das waren große Mengen an Papier“, sagt Xaver Plank. Bei einem Fehlalarm landete all das im Papierkorb. Die gesamte Kommunikation im Haus lief damals natürlich nur auf Papier. Innerhalb des Hauses gab es zur Erleichterung die Möglichkeit, Dokumente mit Rohrpost zu verschicken. „Blutproben waren dafür aber zu empfindlich. Die mussten zu Fuß ins Labor gebracht werden“, erinnert sich der 79-Jährige. So ist das bis heute.