Veröffentlicht am 27.10.2008 15:29

Kampf um Bibliotheksstandort

Die Stadtbibliothek soll möglicherweise in einen Neubau im Hinterhof der Schießstättstraße 20 umziehen. Bürger meinen, der  neue Standort liegt zu „weit ab vom Schuss”. (Foto: tg)
Die Stadtbibliothek soll möglicherweise in einen Neubau im Hinterhof der Schießstättstraße 20 umziehen. Bürger meinen, der neue Standort liegt zu „weit ab vom Schuss”. (Foto: tg)
Die Stadtbibliothek soll möglicherweise in einen Neubau im Hinterhof der Schießstättstraße 20 umziehen. Bürger meinen, der neue Standort liegt zu „weit ab vom Schuss”. (Foto: tg)
Die Stadtbibliothek soll möglicherweise in einen Neubau im Hinterhof der Schießstättstraße 20 umziehen. Bürger meinen, der neue Standort liegt zu „weit ab vom Schuss”. (Foto: tg)
Die Stadtbibliothek soll möglicherweise in einen Neubau im Hinterhof der Schießstättstraße 20 umziehen. Bürger meinen, der neue Standort liegt zu „weit ab vom Schuss”. (Foto: tg)

Die Zukunft der Stadtbibliothek und des Multikulturellen Jugendzentrums (MKJZ) in der Westendstraße ist ungewiss. Das Gebäude, in dem die bei allen Bewohnern des Viertels beliebten Treffpunkte untergebracht sind, muss mit erheblichem Aufwand saniert werden. Ein Auszug beider Einrichtungen für die gesamte Bauzeit von etwa einem Jahr wird sich nach Ansicht von Experten nicht vermeiden lassen. Die Suche nach einem Ausweichquartier verlief bisher jedoch ohne Ergebnis. Jetzt allerdings ist von einem möglicherweise dauerhaften Wechsel des Standortes der Stadtbibliothek die Rede. Die Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung (MGS) hat der Bücherei ein Grundstück in der Schießstättstraße 20 angeboten. Auf diesem Areal könnte bis zum Jahr 2013 eine neue Bibliothek erbaut werden.

Die Nutzer des Jugendzentrums müssten, sollte der Plan verwirklicht werden, auf die Sanierung ihres Treffs solange warten. „Mich ärgert, dass die Stadtbibliothek so einfach abgeschoben werden soll“, kommentierte der Vorsitzende des Bezirksausschusses Schwantahlerhöhe (BA 8), Ludwig Wörner (SPD), bei der jüngsten Sitzung des Gremiums, wie sich die Dinge neuerdings entwickeln. Nicht die Interessen des Stadtteils, sondern die Interessen Einzelner würden dadurch verfolgt, so Wörner in einem Gespräch nach der Sitzung. „Bei mir gehen massive Beschwerden von Bürgern ein, die sich dagegen wehren, die Bibliothek aus der Mitte des Quartiers an den Rand zu verlagern.“ Das multikulturelle Jugendzentrum, die Stadtbibliothek und andere soziale Institutionen wie das „Donna Mobile“ oder das Caritaszentrum Westend in der Schrenkstraße hätten sich zu einem Kristallisationspunkt für das Viertel entwickelt, der den Bürgern nicht weggenommen werden dürfe. Die Bibliothek an den östlichen Rand des Stadtteils zu verlegen, sei unsozial, weil das besonders jene treffe, die nicht viel Geld hätten: die Alten und die Jungen. Wörner will die Zukunft der Stadtbibliothek und des Jugendzentrums bei der nächsten Sitzung erneut zur Diskussion stellen. Als Argumentationshilfe sollen ihm dann die Ausleihzahlen dienen. Denn: „Die meisten Leute, die Bücher ausleihen, kommen aus dem westlichen und südlichen Quartier und nicht aus dem östlichen.“

„Zugang für Fußgänger”

Der Unterausschuss Bauen mit seinem Vorsitzenden Gerhard Mayer (SPD) hatte die Pläne für eine neue Bibliothek begrüßt. Um Wege zu verkürzen, regt er an, die MGS möge mit dem Grundstücksnachbarn in der Parkstraße verhandeln, um Fußgängern von dort aus den Zugang zur Stadtbibliothek möglich zu machen. Vom Baureferat will der Unterausschuss wissen, wie das Grundstück Westendstraße 66 bei einem Abriss des jetzt dort stehenden Gebäudes bebaut werden könnte. Der Ausschuss legt Wert darauf, dass die an diesem Ort untergebrachte Jugendfreizeitstätte in der bisherigen Größe in einen Neubau eingegliedert werden müsse. Als „tragbare Lösung“ hatte die Fraktion der Grünen bei der Sitzung einen Neubau in der Schießstättstraße befürwortet. Gleichzeitig dachten die Grünen laut darüber nach, wie das Grundstück Westendstraße 66 bebaut werden könnte, falls das Gebäude nicht saniert, sondern abgerissen werden sollte. Sybille Stöhr: „Man soll dann gleich etwas Neues ins Auge fassen: ein Bürgerzentrum für Vereine und Künstler, ähnlich dem Selbsthilfezentrum in der Westendstraße.“ Und sie spann den Gedanken weiter: „Auch Sitzungsräume für den BA könnten dort Platz finden.“ Sollte tatsächlich ein Neubau für die Stadtbibliothek entstehen, dann „nur am alten Standort und nirgendwo anders“, fordert Wörner. Das jedoch sei „bisher verweigert worden.“ Was nun geplant werde, sei nicht der Hit. Der BA-Vorsitzende: „Es hätte noch einmal nach einem Ausweichquartier gesucht werden müssen.“

Stadtrat entscheidet

Ein früherer Vorschlag des Lokalparlaments, die Stadtbibliothek übergangsweise in ein leer stehendes Haus der MGS in der Westendstraße 74 auszuquartieren, hatte sich als nicht praktikabel erwiesen. Das Gebäude vorübergehend als Bibliothek zu nutzen, hätte mehrere 100 000 Euro gekostet, ließ Kulturreferent Hans-Georg Küppers – abgestimmt mit dem Sozialreferat – den BA 8 wissen. Sie für die Dauer des Neubaus in Container auszulagern, wie erwägt worden war, sei „wegen des Platzbedarfes, der Infrastruktur und der Mediensicherung“ nicht realisierbar.

Die Attraktivität der Stadtbibliothek im Westend ist größer als je zuvor. So steigerte sich die Zahl der Ausleihen im Zeitraum von 2003 bis 2007 um 40 000 auf 145 000. Das Angebot – darunter die Leseförderung – sei gerade für die Kinder von Migranten wichtig, weiß Maria Stotz, die Leiterin. Sie sieht am Standort Schießstättstraße keine Probleme. „Wir könnten stärker auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen.“ Auch sei der Platz mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen. Sowohl im Sozial- und im Baureferat als auch im Kulturreferat will niemand einer Stadtratsentscheidung zur Bibliothek vorgreifen. Auch der Leiter der Münchner Stadtbibliotheken, Werner Schneider, erklärt: „Es müssen noch verschiedene Fakten abgeklärt und geprüft werden. Erst dann wird der Stadtrat sein Fazit ziehen.“ Bis dahin hängt die Zukunft der Stadtbibliothek und des Jugendzentrums in der Luft.

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