Veröffentlicht am 20.11.2014 10:25

Wers glaubt ...


Von Christian Eckl / job
Armin Cossmann leitet als „Regional Director DE Operations” die deutschen Amazon-Logistikzentren. (Foto: amazon)
Armin Cossmann leitet als „Regional Director DE Operations” die deutschen Amazon-Logistikzentren. (Foto: amazon)
Armin Cossmann leitet als „Regional Director DE Operations” die deutschen Amazon-Logistikzentren. (Foto: amazon)
Armin Cossmann leitet als „Regional Director DE Operations” die deutschen Amazon-Logistikzentren. (Foto: amazon)
Armin Cossmann leitet als „Regional Director DE Operations” die deutschen Amazon-Logistikzentren. (Foto: amazon)

„Wir stehen dafür ein, dass Sie die bestellten Artikel an dem von uns angegebenen Lieferdatum oder zu einem früheren Zeitpunkt erhalten.”

Das verspricht Amazon auf seiner Bestell-Seite.

Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Nicht alles, was Online-Giganten versprechen, erfüllen sie. Manches lässt sich nicht durchsetzen, manchmal verändern sich Umstände - und mitunter wird gelogen, dass sich die stärksten Balken biegen. Kann man glauben, was Amazon & Co. sagen? Unser Pinocchio-Test verrät es!

Was wurde versprochen?

Amazon gibt auf seiner Homepage an, wie lange das Unternehmen braucht, um einen Artikel zu liefern. Schön für die Kunden - wenn es denn wahr wäre. Offenbar stimmen die Amazon-Angaben nicht immer.

Die Handelskammer am Landgericht Regensburg hat dem Handels-Internetriesen Amazon eine volle Breitseite mitgegeben. In einem Urteil (AZ 2 HK O 134/14) machten die Richter klar, dass auch ein Online-Händler zur Wahrheit verpflichtet ist. Längst ist Amazon ein globales Kaufhaus geworden. Vom Küchenmesser bis zum Fernseher gibt es online fast alles zu bestellen, was man sich vorstellen kann. Für regionale Händler wird der Internet-Riese damit zum Problem. Einerseits wird beklagt, wenn vor Ort nur noch Ketten die Innenstädte füllen. Amazons Vorteil indes ist zum einen die Vergleichbarkeit in der Datenbank – zum anderen aber das Gefühl, dass man das Bestellte ja eh meist schon am nächsten Werktag geliefert bekommt. Oder doch nicht?

Und was wurde gemacht?

Im Juli jedenfalls klagte ein Online-Händler gegen Amazon. Hintergrund war die Erfahrung, dass Amazon die Lieferzeiten, die auf der Homepage sind, oft gar nicht einhält. Die Frage, die sich stellte: Ist das dann ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht?

Thomas Polnik vom Landgericht Regensburg erklärt das Verfahren so: „Klägerin und Beklagte sind im Online-Versandhandel tätig und führen Haushaltsartikel derselben Marke in ihrem Sortiment. Die Klägerin verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit Lieferzeiten zu werben, wenn die beworbenen Produkte zum angekündigten oder nach den Umständen zu erwartenden Zeitpunkt nicht verfügbar sind“, so Polnik.

Die Regensburger Richter fällten ein bemerkenswertes Urteil und boten so dem Internet-Riesen Amazon die Stirn: „Die zweite Kammer für Handelssachen am Landgericht Regensburg hat der Klage stattgegeben“, so Polnik. Doch der Rechtsstreit ist noch nicht ausgestanden: Amazon legte natürlich Berufung ein. „Die Akten sind derzeit zur Entscheidung über die Berufung der Beklagten an das Oberlandesgericht Nürnberg versand“, so Polnik (Aktenzeichen 3 U 1857/14). „Ob das Endurteil des Landgerichts Regensburg Bestand hat, hängt vom Ausgang des Rechtsmittelverfahrens ab”, so Polnik.

Wie auch immer das Verfahren ausgeht: Das Grundproblem bleibt natürlich. Gerade der Online-Handel bedroht nicht nur die Einzelhandels-Strukturen vor Ort massiv. Durch immer mehr Händler verstopfen täglich unterschiedlichste Paketdienste die Straßen und Gassen in den Städten Bayerns. Und auch da scheint einiges im Argen zu liegen: So müssen Regensburger Richter kommende Woche über Sozialbetrug bei einem Paketdienst entscheiden. Die oftmals Scheinselbständigen stehen unter enormem Druck. Der Schaden für die Sozialkassen: Angeblich, so die Anklage, 250.000 Euro. Aber das ist wieder eine andere Geschichte ...

Unsere Pinocchio-Wertung für Amazon: 10 (Kundenverarsche).

„Schwupps! wuchs die Nase so lang, dass Pinocchio sich nicht mehr im Zimmer umdrehen konnte. Die Fee aber setzte sich in einen goldenen Sessel und lachte laut und lustig. 'Warum lachst du?' fragte Pinocchio ängstlich. 'Über deine vielen Lügen!' 'Woher weißt du, dass ich gelogen haben?' 'Deine lange Nase hat es mir angezeigt.' Pinocchio wollte davonlaufen, aber seine Lügennase versperrte ihm den Weg. Da fing er bitterlich zu weinen an.” (Carlo Collodi, Die Abenteuer des Pinocchio, 1883)

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