Betr.: Planfeststellungsverfahren zwecks Durchleitung der Nordumgehung Pasing durch den Pasinger Bahnhof.
Bezug: Planung und Beschlüsse des Stadtrates der LH München auf oberirdische Durchleitung durch den Bahnhof.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Ude,
die Pasinger Haus- und Fachärzte erheben massiven Einspruch gegen die oberirdische Durchleitung der Nordumgehung Pasing (NUP).
Begründung: Die oberirdische Durchleitung der NUP in Bahnsteigniveau bedeutet, dass das gesamte Verkehrsaufkommen der Bundesstrasse 2 mit ca.40.000 Fahrzeugen pro Tag (mit sukzessivem Ausbau von Freiham noch mehr) die 80.000 Fahrgäste und Pendler unmittelbar mit Abgasen, Lärm und Feinstaub belastet.
Gegen den höchst gesundheitsgefährdenden Feinstaub, der täglich durch die Bahn durch Abrieb von Bremsbelägen und Dieselabgasen am Verkehrsknotenpunkt Pasing entsteht, ist sicherlich auf Grund des langjährigen Standorts des Pasinger Bahnhofs nichts mehr zu machen.
Die oberirdische Durchleitung des Verkehrs durch die Nordumgehung Pasing potenziert das gesundheitliche Risiko der Bürgerinnen und Bürger Münchens, aber auch das der Durchreisenden um ein Vielfaches.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Ude, Sie verweisen auf Grund der Feinstaubbelastung den Schwerverkehr aus der Stadt München, im gleichen Zug befürworten Sie die Feinstaub potenzierende neue oberirdische Trassenführung des Landsberger Straße (NUP).
Neueste Untersuchungen der Firma Knorr Bremsen beweisen die enorme Feinstaubgefährdung durch Bremsabrieb von Schiene und Bahn. Diese vervielfacht die Gefahr der Feinstaubbelastung durch Abgase.
Die unterirdische Variante der Nordumgehung muss nicht zwingend teurer werden, weil die bisher vorgesehene Hochlage in mehrere hundert Meter langer Brückenbauweise und dazu notwendigen beidseitigen Lärmschutzwänden und die Errichtung eines ca. 70 Meter langen Terminalbaus Zusatzkosten verursachen. Bei der Tunnellösung kann durch Filteranlagen diese Feinstaubbelastung umgangen werden.
Wollen Sie, sehr verehrter Herr Oberbürgermeister Ude unseren Kindern und den Pasinger Bürgern, die Sie gewählt haben, diese Umweltrisiken zumuten?
Die Abgase sinken - weil schwerer als Luft - in den Zugangstunnel zu den Bahnsteigen, wo sie liegen bleiben und von allen Fahrgästen und Pendlern eingeatmet werden müssen. Angestellte der Service-Bereiche wie Imbiss, Backwaren, Zeitschriften etc. müssen Abgase und Feinstaub ganztägig jahraus-jahrein einatmen.
Aus meiner langjährigen Erfahrung als Hausarzt am Nordeingang zum Pasinger Bahnhof sehe ich schon jetzt mit ansteigender Frequenz auch ohne Straße einen Anstieg schwerer Atemwegserkrankungen und Allergien dieser Beschäftigten des Bahnhoftunnels.
Reisende und Pendler mit Asthma können den Bahnhof u. U. nicht mehr benützen. Der Bahnsteigtunnel liegt in Süd/Nordrichtung unter Bahnhofplatzniveau, weshalb auch kaum eine natürliche Durchlüftung erfolgt und eine Aufkonzentrierung der Abgase eintreten kann. Eine evtl. Be- und Entlüftungsanlage für diesen langen Tunnel mit den weit hereinragenden Gleiströgen und Treppenaufgängen kann mit Sicherheit keine Abhilfe schaffen.
Die nach Vorschrift zu erstellenden Lärmschutzwände an der NUP sind aerodynamische Barrieren, an denen sich der Umgebungsstaub und der Feinstaub des Rad- und Schienenverkehrs anlagern, besonders im Eckbereich zwischen Straße und Wand. Bei Windstößen werden konzentrierte Portionen des Staubes an die Umgebung abgegeben, wobei für in diesen Bereichen befindliche Personen eine erhöhte gesundheitliche Schädigung abzusehen ist.
Bei nachweislich durch längeren Aufenthalt in den belasteten Zonen eintretende Gesundheitsschäden könnten die Patienten Anzeige wegen Körperverletzung gegen die Stadt oder die Bahn erstatten. In diesem Zusammenhang erinnere ich an den offenen Brief von Dipl .Ing. Zimmermann und mir an Sie Herr Oberbürgermeister Ude im April 2004, in dem auf die gesundheitlichen Gefahren speziell durch Staub und Lärm hingewiesen wurde. Leider blieb dieser Brief unbeantwortet.
Wir Haus- und Fachärzte vom Münchner Westen ersuchen Sie, die Regierung von Oberbayern und das Eisenbahnbundesamt, die Planungen der Landeshauptstadt München in der Form der oberirdischen Durchleitung der NUP durch den Pasinger Bahnhof nicht zu genehmigen, sondern die unterirdische Durchleitung zu verlangen. Bei unterirdischer Durchführung der NUP entfallen die hässlichen Lärmschutzwände im Bahnhofsbereich, die sicherlich dem Denkmalschutz in diesem Bereich entgegenstehen.
Im Übrigen ist es den Pasinger Bürgern nicht zu vermitteln, dass der Fraktionsvorsitzende der Münchner Stadtrats-SPD, Helmut Schmid in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Scheitern des Transrapid-Projektes zum Münchner Flughafen (SZ Nr. 73, S. 45 vom 28. März 2008) für die zu bauende Express-S-Bahn (M-Express) „einen mehrere Kilometer langen Tunnel zwischen Daglfing und Johanneskirchen zur Entlastung der Anwohner“ fordert. Dazu sollen zwischen 625 und 860 Millionen Euro ausgegeben werden.
Die Pasinger Bürger fragen sich, ob ihre Gesundheit und Lebensqualität der Stadt München weniger Wert sind als z.B. die Aubinger mit ihrem Autobahntunnel oder die Bewohner Milbertshofens mit dem Petuel-Tunnel oder die Daglfinger, die ja nur den Lärm einer elektrisch betriebenen S-Bahn ohne gefährliche Feinstaubbelastung zu tragen haben.
Mit freundlichen Grüssen
Dr. Peter Hauber
Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin Vorstand des Gesundheitszentrums der Ärzte München West Delegierter der Bayerischen Landesärztekammer