Veröffentlicht am 24.04.2012 00:00

München/Au · Geläut in der Au


Von red
Pfarrer Markus Gottswinter lädt dazu ein, sich eine Glocke aus der Nähe zu betrachten. Ihre 65 »Schwestern« hängen schon im Turm.	 (Foto: Julia Stark)
Pfarrer Markus Gottswinter lädt dazu ein, sich eine Glocke aus der Nähe zu betrachten. Ihre 65 »Schwestern« hängen schon im Turm. (Foto: Julia Stark)
Pfarrer Markus Gottswinter lädt dazu ein, sich eine Glocke aus der Nähe zu betrachten. Ihre 65 »Schwestern« hängen schon im Turm. (Foto: Julia Stark)
Pfarrer Markus Gottswinter lädt dazu ein, sich eine Glocke aus der Nähe zu betrachten. Ihre 65 »Schwestern« hängen schon im Turm. (Foto: Julia Stark)
Pfarrer Markus Gottswinter lädt dazu ein, sich eine Glocke aus der Nähe zu betrachten. Ihre 65 »Schwestern« hängen schon im Turm. (Foto: Julia Stark)

Dorfkirchen haben eine oder zwei davon, größere Stadtkirchen fünf oder sechs, der Münchner Dom zu Unserer Lieben Frau besitzt zehn davon. Aber der Turm der Auer Kirche Mariahilf beherbergt seit einigen Monaten 65 Glocken – Rekord in Bayern.

München hat wieder ein Carillon

Au/München · Carillon in der Mariahilfhilfkirche Themenseite zu Bayerns größtem Glockenspiel und dem drittgrößten Deutschlands

Zu den fünf großen Läuteglocken in der oberen Glockenstube gesellen sich in der zweiten Stube darunter 60 kleinere, die kleinste nur um die 15 Zentimeter hoch und zwei Kilo leicht, die größte, die von der Paulaner-Brauerei gestiftete »Paulanerin« ist über einen Meter hoch und wiegt zwei Tonnen. Alle zusammen bilden das interessanteste Musikinstrument, das München seit neuestem zu bieten hat: ein »Carillon« oder Glockenspiel, das zweitgrößte Deutschlands nach dem im Berliner Tiergarten. In der Rekordzeit von nur zwei Jahren war die erforderliche halbe Million Euro für das Instrument beisammen, obwohl man sich ursprünglich als Ziel das 175. Kirchenjubiläum von Mariahilf im Jahr 2014 gesetzt hatte. Am Dienstag, 1. Mai, wird das Carillon der Münchner Öffentlichkeit offiziell vorgestellt; am Abend wird es ein erstes Konzert geben.

Anwohner in der Au haben es vielleicht schon erklingen hören, im Februar etwa beim Einbau des Spieltisches, einer Art Klaviatur, oder bei der Montage der Traktur, also der Züge, die die Holzstäbe, die der Carillonneur mit den Fäusten schlägt, mit den Glocken verbinden. Da war es eher »unkontrolliertes Gebimmel«, vor dem der Pfarrer von Mariahilf Markus Gottswinter damals etwaige Zuhörer warnte. Am 4. April aber war es so weit. Anlässlich des Richtfestes konnte Gottswinter, ein passionierter Organist und jetzt Carillon-Schüler, zum ersten Mal eine Melodie spielen. Nichts Sakrales, nein, das alte Volkslied »Drunt in der greana Au« sollte es sein. »Ich hab’s halt probiert, und für einen Organisten ist es nicht allzu schwierig. Aber natürlich bedarf es schon einer gewissen Fertigkeit und genügend Konzentration.« Da es nur weiße Stäbe am Spieltisch gibt, verfiel man auf die Idee, manche zu markieren. Gottswinter: »Wir haben alle Cs und Gs mit farbigen Gummiringen versehen.« Fünf Oktaven umfasst das Instrument.

Überrascht war Gottswinter, wie wenig Kraft aufgewandt werden muss beim Spiel. »Die Klöppel sind mit Federn versehen. Die Übersetzung ist genial. Im Grunde reicht zum Anschlagen der Zeigefinger«, schwärmt er. Nur die größte, die Paulanerin, mit dem tiefsten C erfordert mehr Kraftaufwand, ähnlich wie drei der großen Läuteglocken in der oberen Glockenstube. Die beiden größten Läuteglocken, die »Maria« und die »Salvator« können dagegen nur mehr mit den äußersten Pedalen angeschlagen werden. Gottswinter erklärt, warum es bei den großen Glocken etwas mehr Schmalz braucht: »Bei der ›Salvator‹ wiegt ja der Klöppel 120 Kilo.«

Stefan Duschl, einer der Carillonneure, die das Instrument künftig spielen dürfen, gab anlässlich des Richtfestes ein erstes kleines Konzert. »Lobet den Herren«, »Jesu meine Freude«, das »Ave Maria« und ein Präludium von Bach waren zu hören. Duschl: »Normalerweise spiele ich nur auf vier Oktaven, deshalb habe ich leichte Sachen gespielt.« Er freut sich auf den Übungsspieltisch, der noch kommen soll, und für den auch noch Spenden gesammelt werden. Dieser ist elektronisch, die Klänge sind nur für den Übenden zu hören, erholsam für das Gehör der Auer Passanten.

Anlässlich der offiziellen Einweihung am 1. Mai wird aber nicht Duschl spielen, sondern ein professioneller Spieler aus Holland anreisen: Boudewijn Zwart, Stadtcarillonneur in Amsterdam und Inhaber einer Carillon-Professur. Das Konzert beginnt um 17.30 Uhr vor der ersten festlichen Maiandacht, die um 19 Uhr gefeiert wird. Was Zwart spielen wird, steht noch nicht ganz fest, aber es sollen auch leichtere Volkslieder dabei sein. Pfarrer Gottswinter: »Herr Zwart improvisiert sehr gut. Wer weiß, vielleicht nimmt er sich auch ›Drunt in der greana Au‹ vor?«

Schon vorher haben am 1. Mai Besucher der Auer Maidult, die von 28. April bis 6. Mai rund um die Kirche am Mariahilfplatz stattfinden wird, Gelegenheit, das ungewöhnliche Instrument kennenzulernen. Um 11 Uhr wird es am Haupteingang der Kirche offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt. Gabriele Weishäupl, die ehemalige Chefin des Münchner Fremdenverkehrsamtes, lässt es sich nicht nehmen, zusammen mit Pfarrer Gottswinter bei der »Übergabe« dabei zu sein. Die stündlichen Führungen, die es am 1. Mai dann hinauf zum Instrument geben wird, sind an diesem Tag in erster Linie für die Spender des Glockenspiels gedacht. Mehr Möglichkeiten hat man an den folgenden Tagen bis zum Ende der Dult. Karten dafür gibt es in der Kirche. Kinder sind erst ab zwölf Jahren zugelassen. Die Besichtigung ist kostenfrei. Gabriele Heigl

Auer Dult: Maidult, Jakobidult und Kirchweihdult an der Mariahilfskirche

Tradition: Auer Dult 2012 am Mariahilfsplatz Themenseite zur Frühjahrs-Dult, Jakobi-Dult im Sommer, Kirchweih-Dult im Herbst

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