Veröffentlicht am 18.04.2018 00:00

Noemi Popp will ein anderes Bild von Afrika vermitteln


Von red
Die 19-jährige Haidhausenerin Noemi Popp geht für ein Jahr nach Kenia, um dort an einer Schule zu arbeiten. Was treibt sie an, was sind ihre Ziele? Was wird sie vermissen?	 (Foto: bs)
Die 19-jährige Haidhausenerin Noemi Popp geht für ein Jahr nach Kenia, um dort an einer Schule zu arbeiten. Was treibt sie an, was sind ihre Ziele? Was wird sie vermissen? (Foto: bs)
Die 19-jährige Haidhausenerin Noemi Popp geht für ein Jahr nach Kenia, um dort an einer Schule zu arbeiten. Was treibt sie an, was sind ihre Ziele? Was wird sie vermissen? (Foto: bs)
Die 19-jährige Haidhausenerin Noemi Popp geht für ein Jahr nach Kenia, um dort an einer Schule zu arbeiten. Was treibt sie an, was sind ihre Ziele? Was wird sie vermissen? (Foto: bs)
Die 19-jährige Haidhausenerin Noemi Popp geht für ein Jahr nach Kenia, um dort an einer Schule zu arbeiten. Was treibt sie an, was sind ihre Ziele? Was wird sie vermissen? (Foto: bs)

Ugali statt Weißwurst, Kisuaheli statt Bayrisch, Kisumu statt München: Die junge Haidhausenerin Noemi Popp geht im Sommer nach Kenia, um dort an einer Förderschule zu arbeiten.

Im Gespräch mit dem Haidhausener Anzeiger erzählt Noemi Popp, was sie dazu bewegt hat, ein Jahr in Ostafrika zu verbringen, was sie an Haidhausen besonders vermissen wird und ob ihr die brenzlige politische Lage in Kenia Sorgen bereitet.

»Ich möchte eine neue Kultur, eine neue Gesellschaft kennenlernen. Und viel über den Lehrerberuf lernen.« Angesprochen auf ihre Ziele und Erwartungen muss Noemi Popp nicht lange überlegen. Ende August oder Anfang September geht ihre Reise los. Ihr Ziel heißt Kisumu. In der drittgrößten Stadt Kenias, die am Victoriasee liegt, gibt es eine Förderschule für körperlich und geistig Eingeschränkte. »Die jüngsten Schüler sind im Grundschulalter, die ältesten 35 Jahre«, erklärt Noemi Popp. »Viele sind Waisen.«

In der katholischen Schule, die Stadt und Kirche finanzieren, wird Noemi Popp die Schüler am Nachmittag betreuen, zum Beispiel beim Sport. Am Mittag hilft sie bei der Essensausgabe, eventuell auch beim Kochen. Im Unterricht soll sie zunächst assistieren. »Am Anfang ist es wie ein Praktikum«, sagt die Haidhausenerin. »Später arbeite ich dann als Lehrerin.« Die Einblicke möchte sie für ihren weiteren Berufsweg nutzen. Noemi Popps Ziel ist es, Förderschullehrerin zu werden.

Derzeit lernt die 19-Jährige fleißig für ihr Fachabitur. Nach den Prüfungen steht Noemi noch eine weitere Herausforderung bevor: die ostafrikanische Sprache Kisuaheli zu lernen. Dies hat ihre Schule in Kisumu zur Voraussetzung gemacht, obwohl in der ehemaligen britischen Kolonie Kenia auch Englisch Amtssprache ist.

Kenia, das anderthalb mal so groß wie Deutschland ist, aber nur 47 Millionen Einwohner hat, ist keines der typischen afrikanischen Krisenländer, die das oft eher negative Bild des Kontinents in Europa prägen. Die politische Lage gilt aber als angespannt. Die Präsidentenwahl 2017 musste nach einem Gerichtsurteil wiederholt werden. Vor dem zweiten Termin rief der aussichtsreichste Kandidat der Opposition, Raila Odinga, zum Boykott auf und trat nicht an.

Nachdem der umstrittene Amtsinhaber Uhuru Kenyatta klar gesiegt hatte, ernannte sich Odinga dann Ende Januar selbst zum »Präsidenten«. Die Regierung unter Kenyatta reagierte prompt mit Verhaftungen und der Abschaltung von TV-Sendern, die über das Ereignis berichteten. »Die politische Lage beschäftigt mich schon«, meint Noemi Popp. »Ich versuche aber, mir nicht so viele Sorgen zu machen.« Von der Hauptstadt Nairobi ist Kisumu zumindest geographisch weit entfernt.

»Am Anfang war es

ein Kulturschock«

Immerhin weiß die Haidhausenerin, worauf sie sich einlässt: Vor zwei Jahren hat sie bereits einen Monat in Kenia verbracht, um freiwillig in Schulen und Kindergärten zu arbeiten. »Die interkulturelle Arbeit hat mir sehr gut gefallen«, betont die 19-Jährige. »Am Anfang war es ein Kulturschock. Ich war erst einmal geplättet, als ich nach Kenia kam. Man muss dann offen auf die Leute zugehen.«

Die Einheimischen selbst seien sehr offen gewesen, hätten Ideen angenommen. »Es ist alles lockerer als in Deutschland, wo es viele starre Strukturen gibt und der Ton oft sehr streng ist«, sagt Noemi Popp. Lockerer sei es auch in der Kirche. »Obwohl ich nicht religiös bin, habe ich in Kenia Gefallen an den Gottesdiensten gefunden«, ergänzt Popp.

»Wie ein kleines Dorf, wie eine kleine Familie« – so beschreibt die junge Frau dann aber nicht die Verhältnisse in Kenia, sondern ihr Stadtviertel: Haidhausen. Die Gemeinschaft, das Vertraute werde sie in Kenia sicher vermissen, sagt Noemi, die von Geburt an in Haidhausen lebt.

Natürlich werden ihr auch Familie und Freunde fehlen – oder ganz einfache Dinge. »Nach dem einen Monat damals habe ich mich richtig auf Käse gefreut«, erzählt Noemi Popp. Denn Milchprodukte seien in Kenia relativ teuer. Dafür gebe es aber leckere Spezialitäten wie zum Beispiel kleine fritierte Gebäcktaschen namens Mandazi oder Ugali, ein Brei aus Maismehl und Wasser, der mit Soße oder zu Fleisch und Fisch gegessen wird.

Schon ein Monat im Ausland habe viel in ihr verändert, meint Noemi Popp. »Jeder, der die Möglichkeit dazu hat, soll es machen!« Organisationen wie »weltwärts« oder »VIA« würden immer nach Freiwilligen suchen, erläutert Popp.

Sie selbst ist für »weltwärts« tätig. Der vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ins Leben gerufene Freiwilligendienst zahlt Flug, Unterkunft, Versicherung und ein Taschengeld von bis zu 400 Euro im Monat – was in Kenia sehr viel Geld ist.

»Ich will nicht helfen, sondern arbeiten«

Noemi Popp möchte sich in Ostafrika nicht nur persönlich weiterentwickeln, sondern auch der Gesellschaft ein anderes Bild vermitteln. »Viele sehen Afrika als ein einziges Land«, meint die Haidhausenerin. In der Realität gibt es auf dem riesigen Kontinent naturgemäß viele Unterschiede. Allein in Kenia werden über 50 Sprachen gesprochen. Auch das Bild von Afrika als hilfsbedürftigem Krisenherd trifft nicht für alle Staaten zu. Noemi Popp hat dazu eine klare Meinung: »Die meisten Leute denken, man geht nach Afrika, um zu helfen. Ich gehe nicht nach Kenia, um zu helfen, sondern um dort zu arbeiten.«

Benjamin Schuldt

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