Die (Millionen)-Frage vom Dezember: »Wie kann man Umwelt- und Klimaschutz marktwirtschaftlich und sozialverträglich gestalten?«, fragt Torsten Berge, Verlagsleiter vom Wochenkurier Lokalverlag GmbH & Co. KG, Elsterheide.
Bundesweit: Das geht uns alle an!
Annalena Baerbock: Klimaschutz ist die gesamtgesellschaftliche Aufgabe unserer Zeit. Schon jetzt brennen bei uns Wälder und Ernten verglühen. Wenn wir die Erderhitzung nicht deutlich unter zwei Grad halten, so wie im Pariser Klimaabkommen vereinbart, werden in 30 bis 50 Jahren große Teile von Ostfriesland, Hamburg und Bremen überschwemmt sein. Andernorts werden Bauern wegen extremer Hitzewellen um ihre Existenz kämpfen. Das ist nicht die Welt, die ich meinen Kindern und Enkelkindern überlassen möchte.
Die Vorschläge, wie wir der Klimakrise begegnen können, liegen längst auf dem Tisch. Klar ist: Klimaschutz, Wirtschaft und Soziales gehören zusammen. Gerade jetzt, wo wir auf ein Konjunkturtief zulaufen. Wenn wir nun in klimafreundliche Innovationen und Infrastrukturen investieren, kommt das nicht nur dem Klima, sondern vor allem auch der Wirtschaft zugute. Gelingt es uns, in unseren Schlüsseltechnologien wie Automobil, Maschinenbau und Chemie, auf eine Produktion umzusteigen, die ohne Kohle, Öl und Gas auskommt, sichern wir den Industriestandort Deutschland und unsere Arbeitsplätze. Das haben viele erkannt.
Wir müssen aber die Marktwirtschaft sozial-ökologisch ausrichten. Die Politik setzt klare Leitplanken, innerhalb derer sich die innovative Kraft des Marktes voll entfalten kann. In den Stahlwerken von Duisburg und Salzgitter fängt man etwa schon an, Wasserstoff statt Koks und Kohle einzusetzen. Die Mammutinvestition muss sich aber für die Unternehmen wirtschaftlich lohnen. Deswegen brauchen wir Quoten für klimaneutralen Stahl.
Nötig ist außerdem ein CO2-Preis von zunächst 40 Euro pro Tonne, damit er wirkt.
Die Einnahmen daraus wollen wir an die Menschen im Land zurückgeben: Jede und jeder erhält ein Energiegeld von anfänglich 100 Euro pro Jahr. Wer das Klima schont, kann dadurch sogar Geld dazuverdienen. Das kommt gerade Menschen mit niedrigerem Einkommen zugute, da sie in der Regel nicht zwei Autos besitzen oder mehrfach im Jahr mit dem Flugzeug in den Urlaub fliegen. Mit solch einer neu justierten Politik schaffen wir es, die Klimakrise einzudämmen und neue Chancen zu nutzen.
Oberbürgermeister Dieter Reiter:
Eine erfolgreiche Klimapolitik braucht nicht nur die Zustimmung der Umweltverbände, der Wissenschaft oder Klimaaktivisten sie muss eine möglichst breite Unterstützung bei den Bürgerinnen und Bürgern finden. Sonst besteht die Gefahr, dass sich viele Menschen überfordert fühlen und ganz vom Thema abwenden. Umwelt- und Klimaschutz kann aber nur dann gelingen, wenn möglichst viele Menschen einerseits ihr eigenes Verhalten ändern, weil sie das Gefühl haben, damit auch etwas zu bewirken. Und anderseits dürfen die Belastungen die soziale Ungleichheit in unserem Land nicht noch weiter verstärken, indem beispielsweise steigende Energiekosten gerade diejenigen am härtesten treffen, die schon jetzt nur schwer über die Runden kommen. Deshalb ist es dringend notwendig für mehr Umweltbewusstsein zu werben und gleichzeitig aber die Lasten so sozialverträglich wie möglich zu verteilen.
Christoph Göbel, Landrat des Landkreises München:
Der Weltgemeinschaft bleiben nur noch knapp acht Jahre die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Gelingt uns das nicht, müssen wir uns auf schwerwiegende Folgeerscheinungen gefasst machen unsere Lebensgrundlage steht auf dem Spiel! Dass Umwelt- und Klimaschutz deshalb erste Priorität haben müssen, steht für mich außer Frage.
Außer Frage steht auch, dass in die Energiewende zunächst viel investiert werden muss und unser Alltags- und Arbeitsleben sich verändern wird. Unterm Strich wird sie sich aber nicht nur im Sinne unserer Lebensqualität, sondern auch wirtschaftlich auszahlen. Dies bestätigt unter anderem eine jüngst veröffentlichte Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung. Klimaschutz wird Beschäftigung generieren, und Deutschland ist global gesehen immer noch führend im Bereich Umwelttechnologien und sollte diese Rolle auch für einen konsequenten Klimaschutz nutzen. Und dass nachhaltiges Wirtschaften oft ein sichereres Geschäftsmodell ist als ein rein auf Gewinnoptimierung ausgelegtes Handeln, das haben heute bereits zahlreiche Unternehmen erkannt. Es besteht aber kein Zweifel, dass einige Wirtschaftszweige einen grundlegenden Wandel werden vollziehen müssen; andere werden an Bedeutung verlieren oder sogar ganz verschwinden.
Auch das hat für einzelne Branchen und alle jene Menschen, die davon finanziell oder wirtschaftlich abhängig sind, schwerwiegenden Folgen. Hier steuernd und Nachteile ausgleichend einzugreifen, sehe ich deshalb ebenso als Aufgabe der Politik, wie gesetzliche Regelungen zu treffen, die den Klimaschutz sozial- und marktverträglich gestalten.
Bundespräsident Steinmeier stellte in seiner Rede anlässlich der Verleihung des Deutschen Umweltpreises auch klar, dass Klimapolitik umso wirksamer ist, je mehr Menschen wir auf den Weg mitnehmen. Bewusstsein für die Gefahren des Klimawandels zu schaffen und was jeder Einzelne zum Schutz unserer Lebensgrundlage beitragen kann, ist in meinen Augen ein entscheidender Erfolgsfaktor für das Gelingen der Energiewende.
Der Landkreis München engagiert sich deshalb mit Nachdruck auf diesem Gebiet (siehe: www.29plusplus.de - www.fairantwortung.landkreis-muenchen.de - www.gutesausdem.landkreis-muenchen.de - www.zukunftsaktie.de )
Hans Gröbmayr, Geschäftsführer der Energie Agentur Ebersberg-München:
Wir müssen gerecht und klug handeln und unsere Chancen nutzen!
Gerecht heißt: Allen Kindern, bei uns und überall auf dieser Erde, eine gesunde und lebenstaugliche Umwelt hinterlassen. Klug heißt: CO2 wirkungsvoll bepreisen, EEG-Umlage abschaffen, Energieeinsparung belohnen. Chancen nutzen heißt: Unverzüglich und konsequent alle fossilen Energieerzeuger durch kostengünstige, dezentrale regenerative Energieversorgung ersetzen, an der JEDE/R verdienen kann, die zukunftssichere Arbeitsplätze in innovativen Technologien schafft und für die Gesundung unseres Planeten unverzichtbar ist.
Alternativen: KEINE!
Die (Millionen-)Frage adressiert eine Redakteursgruppe aus dem Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter an prominente Vertreter aus Politik und Gesellschaft.
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