"Manchmal ist der tatsächliche Schaden gar nicht so groß, der immaterielle aber unermesslich", fasst Udo Wunsch, der Kontaktbeamte der PI 31 die Sachlage zusammen. Denn die Zahlen sind alarmierend: Allein im Bereich der PI 31, die für das gesamte Hachinger Tal zuständig ist, sind die Zahlen der versuchten Trickbetrügereien in der letzten Zeit deutlich gestiegen. Derzeit konzentrieren sich die organisierten Verbrecherbanden vor allem auf den Trick, sich als Polizisten auszugeben, um so die Angerufenen um ihr Hab und Gut zu bringen. In allen Fällen wurden die betrogenen Personen angerufen. Der Anrufer oder die Anruferin gaben sich dabei als Polizisten aus und erzählten verschiedene Geschichten, um an das Geld ihrer Opfer zu gelangen. „Zum Glück erkennen die meisten der Angerufenen die betrügerische Absicht und legen einfach auf“, so Udo Wunsch, einer der beiden Kontaktbeamten der PI 31. Nicht so eine Betroffene aus Taufkirchen, die aus Angst vor Einbrechern sogar den Ehering ihres verstorbenen Mannes an die vermeintlichen Polizisten aushändigte, ebenso wie eine 70-jährige Münchnerin. Sie wurde von den Tätern aufgefordert, 25.000 Euro von ihrem Konto abzuheben. Die Bankangestellten fragten richtigerweise nach der Verwendung des Geldes. Die Münchnerin gab einen anderen Verwendungszweck an, sodass die Bankangestellten keinen weiteren Verdacht schöpften. Anschließend legte sie die 25.000 Euro in einen Staubsauger und stellte diesen vor ihrem Anwesen in Kleinhadern ab. So konnten die Täter das Geld an sich nehmen. Wer glaubt, das sei ein bedauerlicher Einzelfall, der irrt.
Die AG Phänomene des Kriminalfachdezernats 3 ermittelt seit Mitte September in sechs nennenswerten Fällen, in denen zusammen über 400.000 Euro Schaden entstanden sind. Lediglich in einem Fall in Gräfelfing konnte kürzlich die Übergabe verhindert werden. Hier wiesen die Täter einen über 70-Jährigen an, per Fernzugriff auf seinen Laptop zuzugreifen. Sie bestellten daraufhin Gold im Wert von über 50.000 Euro und ließen dies an die Anschrift des Gräfelfingers liefern. Den ermittelnden Beamten wurde der Sachverhalt bekannt. Sie konnten die Auslieferung des Goldes und die Abbuchung vom Konto des Gräfelfingers stoppen, sodass glücklicherweise kein Schaden entstand.
Die Callcenter, in denen die betrügerischen Anrufer sitzen, befinden sich größtenteils in der Türkei, die Anrufer sprechen akzentfrei Deutsch und sind mit den deutschen Begebenheiten vertraut. Wie noch in den letzten Jahren häufiger vorgekommen, rufen diese Betrüger kaum noch über die Telefonnummer 110 an, sondern haben entweder die Nummer unterdrückt oder aber täuschen die Nummer einer anderen Behörde vor, informieren Helmut Biermeier und Dieter Heumann von der PI 23, in deren Bereich die Zahlen der versuchten Trickbetrügereien ebenfalls explosionsartig angestiegen sind. „Die echte Polizei würde Sie niemals auffordern, Wertgegenstände vor Ihrem Wohnanwesen oder an anderen Örtlichkeiten abzulegen oder über Fernzugriff auf Ihren Computer zugreifen. Vergewissern Sie sich bitte durch einen Rückruf bei einer Polizeidienststelle, ob es sich tatsächlich um einen Polizeibeamten handeln könnte. Lassen Sie keine unbekannten Personen in Ihre Wohnung, die sich nicht eindeutig legitimieren können“, lautet daher der dringende Apell der Polizeibeamten an die Bevölkerung. Wer sich durch einen Anruf bei seiner zuständigen Polizeibehörde über die Richtigkeit der Angaben informieren will, sollte darauf achten, den Anruf vorher aufzulegen und dann erst erneut zu wählen.
Aber nicht nur als angebliche Polizisten geben sich die Verbrecher aus, sondern auch als Mitarbeiter anderer Behörden. Deshalb gilt auch hier, Vorsicht ist besser als Nachsicht. Die Betrüger versuchen ihre Opfer massiv unter Druck zu setzen, am besten, man lasse sich erst gar nicht auf ein solches Gespräch ein, lautet deshalb der Rat der erfahrenen Polizisten. Das gleiche gilt auch, wie Udo Wunsch betont, für angebliche Mitarbeiter von Handwerksfirmen oder Wohnungsbaugesellschaften. Ohne Voranmeldungen kämen diese in der Regel nicht ins Haus. Im Zweifelsfall sollte man sich auch hier bei der jeweiligen Firma telefonisch danach erkundigen, ob diese auch tatsächlich Mitarbeiter geschickt hätten oder nicht. "Niemand wird ärgerlich sein, weil man sicher gehen möchte, ob hier nicht Betrüger am Werk sind", betont der erfahrene Kontaktbeamte. Es freut ihn, wenn ihm die Betroffenen davon berichten, sich nicht auf falsche Anrufer eingelassen, sondern den Betrug sogleich erkannt haben. "Hier sieht man, dass wir mit unserer Aufklärungsarbeit enorme Erfolge erzielen konnten", so Udo Wunsch. Und noch einen Tipp hält die Polizei für die Bürger bereit: Oftmals haben die Täter die Telefonnummern ganz einfach aus dem Telefonbuch. Hier suchen die Täter nach Vornamen, die heutzutage etwas aus der Mode geraten sind und sechsstellige Rufnummern, die auf einen langjährigen Telefonanschluss hindeuten. Diese sind für die Verbrecher ein Indiz, dass sie bei einem Anruf auf lebensältere Menschen treffen. Deshalb rät die Polizei dringend, den eigenen Eintrag im Telefonbuch löschen zu lassen, um erst gar nicht als potenzielles Opfer in Erscheinung zu treten.
Für den Fall der Fälle gilt es, sich nicht auf ein Gespräch einzulassen und aufzulegen. Dann sollte man aber unbedingt die nächste Polizeidienststelle anrufen und den Vorfall zur Anzeige bringen. Immer wieder gelingt es der Polizei die Mittelsmänner, die in Deutschland als „Abholer“ und Geldkuriere tätig sind, zu fassen. Umso mehr Vorfälle einem Täter zugeordnet werden können, umso höher ist das Strafmaß, so der engagierte Polizeibeamte. hw