"Die Ayinger Gmoa Kultur hat sich auch dieses Mal an ein schwieriges Thema gewagt. Wie schon in der Vergangenheit, sei es mit den Stücken zum Brudermord in Aying im 19. Jahrhundert oder der Sendlinger Mordweihnacht, handelt es sich bei „Abschuss“ wahrlich nicht um leichte Kost. Die Zuschauerreaktionen in den letzten Jahren haben uns allerdings gezeigt, dass es einen Bedarf an der theatralischen Aufarbeitung solcher Stoffe gibt", erklärt der Autor des neuen und der bisherigen Stücke, der bekannte Regisseur Marcus Everding. Und weiter:
"Als mir der Verein den Auftrag erteilte ein Stück über Wilderei in der NS – Zeit zu schreiben, wusste ich, dass wir diesmal über noch dünneres Eis wandern. Lange Recherchen – bei so einem Stoff muss alles stimmen – waren die Folge.
Mir war wichtig ein Stück zu schreiben, das die Nöte der Menschen in solchen Zeiten aufgreift. Natürlich geht es bei so einem Stoff auch um Schuld, politische wie individuelle. Doch gilt es nicht mit dem Finger des Besserwissenden auf das Publikum zu zeigen oder billige Anklagen oder gar Provokationen auf die Bühne zu bringen. Es heißt am Ende des Stückes: „Richtet nicht, auf dass Ihr nicht gerichtet werdet.“ „Doch wenn das nicht geht?“
Und so wird am 15. Oktober wieder zu einer Uraufführung der Ayinger Gmoa Kultur, wie immer im Sixthof in Aying, eingeladen. Und darum geht es:
Juni 1940, unmittelbar nach dem Frankreich Feldzug. Eine Dorfwirtschaft mit angeschlossenem Hof in Bayern. Der Wirtssohn ist gerade eben verhaftet worden – wegen Wilderei. Jemand muss ihn verraten haben, da ist er sich sicher. Zu 3 Jahren Gefängnis, der Höchststrafe verurteilt, hinterlässt er verzweifelte Eltern, deren einziger Sohn er ist. Seine Braut arbeitet in der Wirtschaft und steht ebenfalls alleine da. Denn nun ist ihr Bräutigam ein Vorbestrafter, ein Krimineller. Dies bedeutet nach dem Reichserbhofgesetz von 1933, dass er nicht mehr erbwürdig ist.
Bald darauf trifft ein Gast in der Wirtschaft ein, der sich auf dem Lande von seinen Geschäften in Berlin erholen will. Als er mitbekommt, wie es im Hause steht, schlägt er den Eltern eine sonderbare Lösung ihres Problems vor: In Berlin wurde gerade eine Sondereinheit der Waffen-SS eigens für Wilderer gegründet. Dort könne sich der Sohn bewähren und quasi wieder ehrbar werden. Alles sieht nach einer guten Lösung aus, vorausgesetzt der Sohn überlebt den Einsatz bei der Waffen-SS.
Bei einer Feier der Partei im Gasthaus geraten der Gast und der Pfarrer heftig aneinander. Die neue Zeit gegen die bewährte Welt des Glaubens. Auf seine Art ist jeder gezwungen Partei zu beziehen, in dieser Zeit der Parteilichkeit. Im Hintergrund immer dabei: Der Dachauer. Ein ehemaliger Häftling des KZ Dachau, den niemand fragt und der nichts sagt. Und stumm die Arbeit verrichtend eine Zwangsarbeiterin aus Polen. Doch welche Rolle spielen diese beiden in der ganzen Geschichte? „AbschuSS“ wird die zehnte Uraufführung der Ayinger Gmoa Kultur sein. Wieder wird der Versuch unternommen Geschichten aus der Geschichte lebendig werden zu lassen. Die Erfahrungen mit den harten und schweren Stoffen wie Haberfeldtreiben, Sendlinger Mordweihnacht oder Brudermord haben allerdings eindrucksvoll gezeigt, dass diese Stücke gut und intensiv angenommen werden und Volkstheater eben alles andere als nur billiger Schwank ist. 15 Darsteller werden „AbschuSS“ auf die Bühne bringen.
Stolz ist Marcus Everding auf die Mitstreiter der Gmoa-Kultur: "Themen wie dieses verlangen nicht nur das Erlernen der Rollen und das Erfahren des Zusammenspiels im professionellen Kontext. Es gilt auch den Schauspielern ihre Figuren nahezubringen. Naturgemäß stellen die Schauspieler nicht nur Publikumslieblinge dar. Wie kann man solche problematischen Figuren verstehen? Sich ihnen auch mit Verständnis nähern? In den Proben war es daher auch bedeutsam den Hintergrund, die Motive von Zeit und Personen zu beleuchten. Die Schauspieler sind diesem Prozess mit Offenheit begegnet, haben schnell begriffen, dass es hier bestimmt nicht um Textaufsagen geht. Dass die Begegnung mit dem Publikum eine andere sein wird. Dass Theater eben Dialog mit dem Publikum verlangt, man sich stellen muss. Leicht war es nicht. Leicht wird es nicht. Das war allerdings auch das Großartige an den Proben für einen Profi: Niemand hat es sich leicht gemacht. Für mich sind die Zeiten mit der Ayinger Gmoa Kultur stets ein Ausflug in die Ursprünge des Theaters. Und auch diesmal bin ich wieder erstaunt, überrascht, was alles in diesen Menschen steckt. Und, dass sie den Mut aufbringen sich zu öffnen und sich dem strengen Urteil eines Profis zu beugen. Es ist etwas Besonderes. Jeder Tag war es wert."
Karten zu diesem neuen Stück gibt es im Vorverkauf unter der E-Mail: karten@ayinger-gmoa-kultur.de oder vor Ort: Brauereigasthof Aying; Hairshop Arnold in Großhelfendorf Die Aufführungstermine sind: 16./17.18.23./24./25./28./29./30. und 31. Oktober jeweils um 20 Uhr. Der Eintritt kostet 20 Euro.